
(New York) Fast einstimmig wurde gestern von der Weltgesundheitsorganisation WHO beschlossen, eine „unabhängige Untersuchung“ zur Herkunft und Ursprung des Coronavirus zu fördern. Die Resolution wurde auch mit der Stimme der Volksrepublik China beschlossen, obwohl sich das kommunistische Großreich bisher mit Händen und Füßen gegen eine solche gewehrt hatte. Was brachte den Umschwung?
122 WHO-Mitgliedsstaaten stimmten gestern für die Resolution. Das Ergebnis war unter den Anwesenden fast einstimmig. Besondere Aufmerksamkeit verdient die Zustimmung der Volksrepublik China, wo das Coronavirus erstmals auftrat. Der Name der Stadt Wuhan ist seither untrennbar mit der Corona-Krise verbunden. Das gilt auch für die Vertuschungsversuche und das Katz-und-Maus-Spiel der kommunistischen Bonzen sowie ein umstrittenes Verhalten der WHO selbst. Einige Fakten dazu sind bekannt. Taiwan hatte bereits Ende Dezember die WHO vor einem neuen Virus in Wuhan gewarnt, nachdem taiwanesische Wissenschaftler sich dort umgesehen hatten. Die WHO ignorierte die Warnung einen Monat lang. Weil sie aus Taiwan kam? Weil die Staatsführung in Peking keine Öffentlichkeit wollte?
Taiwan wurde vor einem halben Jahrhundert von der WHO vor die Tür gesetzt, weil das kommunistische China das so wollte. Der Rauswurf ist emblematisch für das WHO-Verhalten in der Corona-Krise. So wie die Weltgesundheitsorganisation das kleinere Nationalchina (Taiwan) auf Wunsch des großen Rotchinas (Peking) fallenließ, so stehen derzeit Zweifel im Raum, ob die WHO beim Coronavirus nicht gleichen Präferenzen folgt. In den vergangenen Jahren stieß sich Peking sogar daran, daß Taiwan an Weltgesundheitskonferenzen als Beobachter teilnehmen durfte. Die Gesundheit von 23 Millionen Nationalchinesen zählt offenbar nichts.
Als Australiens Regierung die Verantwortung Pekings an der weltweiten Ausbreitung des Coronavirus beim Namen nannte, drohte die Volksrepublik China sofort mit Wirtschaftssanktionen. Nun stimmte es selbst dafür, Ursprung und Herkunft des Coronavirus zu untersuchen. Der Umschwung kam durch eine von der EU vermittelte Resolution zustande. Nach langen Verhandlungen war diese mit Hilfe des EU-Außenbeauftragten, des spanischen Sozialisten Josep Borrell (PSOE) so weichgespült, daß wir die ganze Wahrheit sehr wahrscheinlich wohl nie erfahren werden.
Im Vorfeld hatte der Sprecher des volkschinesischen Gesundheitsministeriums, Geng Shuang, in der South China Morning Post erklärt, daß der Ursprung des Virus ein „ernstes wissenschaftliches Problem“ sei, weshalb die Angelegenheit in die Hand von Wissenschaftlern und Experten gehöre und „nicht politisiert“ werden sollte. Die chinesischen Kommunisten, die zuerst vertuschten, daß sich die Balken bogen, und damit den anderen Staaten kostbare Informationen vorenthielten und wertvolle Zeit kosteten, behaupten nun, seit Wuhan als Ausgangspunkt des Virus feststeht, Opfer einer Verschwörungstheorie zu sein, hinter der die USA stünden. Dabei handelt es sich natürlich um einen ganz anderen Verschwörungsvorwurf, als ihn derzeit in Europa Kritiker staatlicher Radikalmaßnahmen sich anhören müssen. Das Instrument ist vielseitig und letztlich beliebig einsetzbar.
Was bisher zum Coronavirus bekannt ist, bestätigt allerdings zumindest einige grundlegende Punkt der US-Vorwürfe: Die Epidemie nahm ihren Ausgang im chinesischen Wuhan, das chinesische Regime vertuschte die Ausbreitung auch dann noch, als sich Peking der Gefahr sicher bewußt war. Je nach Lesart geht es dabei um mindestens sechs Tage, wahrscheinlich sogar um ganze drei Wochen. Diese Zeitspanne führte zu einer weltweiten Ausbreitung des Virus. Dabei wird auch zu klären sein, ob Peking tatsächlich den innerchinesischen Flugverkehr nach und von Wuhan einstellte, aber Auslandsflüge weiterhin zuließ. Es geht also um eine enorme Verantwortung des kommunistischen Regimes, auch angesichts der Radikalmaßnahmen, die von vielen Regierungen zur Corona-Eindämmung ergriffen wurden und damit das gesamte öffentliche und wirtschaftliche Leben abwürgten.
Weniger gesichert ist, da nicht bewiesen, daß das Virus aus einem Labor in Wuhan entwichen ist. Eine unabhängige Untersuchung hat die Aufgabe auch das zu klären – oder auszuschließen. Bisher gibt es nur eine Reihe von Indizien, daß das Virus künstlich erzeugt wurde, also tatsächlich aus einem Labor stammen könnte. Dafür spricht seine Stabilität (es mutiert nicht) und eine Auslese-Gefährdung, die sich auf genetischer Basis offenbar gegen bestimmte Personengruppen richtet. Wenn es sich um ein synthetisches Virus handelt, in welchem Labor wurde es hergestellt? Und zu welchem Zweck? Diese Fragen und viele mehr verlangen nach Antworten.
Die australische Kritik erfolgte auf der Grundlage eines Dossiers der sogenannten „Five Eyes“. Die Geheimdienste der fünf angelsächsischen Staaten USA, Kanada, Großbritannien, Australien, Neuseeland hatten darin Aktivitäten des kommunistischen Regimes in China erwähnt, Beweise über den Ursprung des Coronavirus zu vernichten oder zu verstecken.
Die WHO-Resolution geht auf eine Initiative der australischen Regierung zurück. Australiens Außenminister Marise Payne schloß sich als Erste der US-Kritik an. Ende April drohte Peking mit Zöllen von bis zu 80 Prozent auf australische Produkte wie Wein, Gerste und Rindfleisch. Faktisch ein Embargo. Am 12. Mai stellte die Volksrepublik China die Einfuhr von Produkten mehrerer australischer Fleischverarbeiter ein. Am 18. Mai führte Peking hohe Zölle auf australische Gerste ein. Der Handelskrieg ist eröffnet, und zwar einseitig. Die australische Regierung reagierte mit einer Erklärung, keine Gegensanktionen ergreifen zu wollen, obwohl tausende Arbeitsplätze in Australien gefährdet sind.
Australien hat es geschafft, die Initiative einer unabhängigen Untersuchung bei der WHO auf die Tagesordnung zu setzen, nicht aber, das kommunistische Regime auf die Anklagebank zu bringen. Im australischen Entwurf wurde die Volksrepublik China namentlich genannt. In der durch EU-Vermittlung entschärften Fassung findet sich kein Hinweis mehr auf das „Reich der Mitte“. Die EU-Diplomaten waren von Brüssel offensichtlich angewiesen worden, die guten Beziehungen mit der kommunistischen Nomenklatur nicht aufs Spiel zu setzen.
Vergangene Woche kam von Liu Xiaoming, Pekings Botschafter in London, das erste Signal, daß man der überarbeiteten Fassung der Resolution zustimmen könnte. Zur Bedingung wurde gemacht, daß die Untersuchung von der WHO durchgeführt wird.
Die guten Kontakte des Regimes zum WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus sind bekannt, man versteht sich auch auf der ideologischen Ebene, entstammt er doch der marxistisch-leninistischen Volksbefreiungsfront von Tigray. Seit dem Zusammenbruch des Ostblocks nennt sich diese „revolutionär demokratisch“ oder „demokratisch sozialistisch“.
Der gestern beschlossene Untersuchungsauftrag bleibt ziemlich vage: Es sollen alle notwendigen Erkenntnisse gewonnen werden, um „die Umstände“ zu verstehen, „unter denen sich diese Pandemie entwickelt hat“. Das heißt, daß natürlich auch über die Volksrepublik China und ihre Rolle gesprochen werden kann, genauso wie über jedes andere Land. Mehr auch nicht. Damit wurde der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) trotz wohlklingender Resolution der nötige Handlungsspielraum verschafft, sich möglichen Anklagen zu entziehen. Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping deponierte gleich, die Untersuchung bis zum Ende der Pandemie aufzuschieben. Nach den bisherigen fünf Monaten soll das Regime in Peking also weitere Monate Zeit bekommen, um sich ausreichend vorbereiten zu können. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Offiziell war die Reaktion der USA auf die Resolution positiv: Die Untersuchung gewährleiste, „vollständig und transparent die Entstehung des Virus, die Chronologie der Ereignisse und der Entscheidungsprozesse zu verstehen, die zur Reaktion der WHO auf die Covid-19-Pandemie geführt haben“.
In der Tat ist die Offenlegung dieser Prozesse auch für die Nationalstaaten von größtem Interesse, um ebenso die Entscheidungsprozesse der nationalen Regierungen verstehen zu können, die in zahlreichen Staaten zu Radikalmaßnahmen führten.
Inoffiziell machte US-Präsident Donald Trump in den vergangenen Tagen hingegen kein Hehl daraus, daß seine Geduld mit der WHO an die Grenzen gestoßen ist. Er beschuldigte die WHO-Führung, „eine Marionette in den Händen Chinas“ zu sein. Der WHO-Generaldirektor darf sich damit persönlich angesprochen fühlen.
Allerdings sind die Kommunisten in Peking nicht die einzigen Strippenzieher bei der WHO, die zum Großteil aus privaten Mitteln finanziert ist und damit direkter Einflußnahme und vielfachem Druck ihrer Geldgeber ausgesetzt ist. US-Präsident Trump war es, der diese Zusammenhänge ins öffentliche Bewußtsein brachte. Und private Geldgeber verschenken kein Geld an die Weltgesundheitsorganisation, so sehr bestimmte Medien das auch weismachen wollen, sondern sie investieren in die WHO, weil sie sich ein Vielfaches an Rendite davon versprechen. Der Bill-Gates-Traum, „sieben Milliarden Menschen“ gegen Corona zu impfen, wäre der größte Impf-Coup des Big Busineß der gesamten Weltgeschichte: Sozialisierung der Entwicklungs- und Produktionskosten (durch die Geberkonferenz mit Hilfe von Angela Merkel und Ursula von der Leyen bereits umgesetzt), Privatisierung der Einnahmen aus dem Impf-Geschäft und wiederum Sozialisierung möglicher Folgekosten (etwa der 700.000 von Bill Gates bezifferten „Kollateralschäden“), um die sich die öffentliche Hand kümmern solle.
Auch eine Kooperation zwischen einzelnen Regierungen und einzelnen privaten Geldgebern, etwa der Volksrepublik China und der Bill and Melinda Gates Foundation, ist nicht ausgeschlossen und verlangt nach Aufklärung. Rund um Corona ist neben dem Virus selbst ein sehr ungesunder Einfluß von Privatpersonen auf das gesamte Weltgeschehen sichtbar geworden.
Die USA reduzieren ihre Zahlungen an die WHO auf nur mehr zehn Prozent der Vorjahressumme. Das ist ein Minus von rund 360 Millionen Dollar. Sollte die WHO „in den nächsten dreißig Tagen“ sich nicht zu substantiellen Verbesserungen verpflichten, so Trump, werde er seine provisorische Entscheidung definitiv machen und die Mitgliedschaft der USA in der Weltgesundheitsorganisation überdenken.
Von mancher Seite ist vom amerikanischen „Säbelrasseln“ die Rede. Berechtigte Kritik am US-Vorgehen zur Festigung oder Aufrechterhaltung ihrer Stellung als Weltmacht darf dabei nicht die eigentliche Frage aus den Augen verlieren lassen:
Woher stammt das Virus?
Text: Andreas Becker
Bild: NBQ