Italien erwacht aus der Corona-Starre – und droht nun erst richtig zu taumeln

Die Bischöfe werden das Land am 1. Mai der Gottesmutter Maria anvertrauen


Das Marienheiligtum Santa Maria del fonte bei Caravaggio
Das Marienheiligtum Santa Maria del Fonte bei Caravaggio

(Rom) Die Ita­lie­ni­sche Bischofs­kon­fe­renz wird die Anre­gung vie­ler Gläu­bi­ger auf­grei­fen und Ita­li­en am kom­men­den 1. Mai dem Schutz der Got­tes­mut­ter anvertrauen. 

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Die Bischö­fe spre­chen von einem „Moment des Gebets“, mit dem Ita­li­en Maria an jenem Frei­tag um 21 Uhr in der Basi­li­ka San­ta Maria del Fon­te in der Stadt Cara­vag­gio anver­traut wer­den soll. Die Basi­li­ka liegt in der lom­bar­di­schen Pro­vinz Ber­ga­mo, gehört jedoch zum Bis­tum Cremona.

Die im gläu­bi­gen Volk ver­an­ker­te Mari­en­fröm­mig­keit wol­len die Bischö­fe auf­grei­fen und die Got­tes­mut­ter in der Coro­na-Kri­se als Für­spre­che­rin für das Land anrufen.

Die Basi­li­ka von Cara­vag­gio wur­de aus­ge­wählt, weil sie sich in der Pro­vinz Ber­ga­mo befin­det, wo sich das Gesund­heits­we­sen als beson­ders unzu­rei­chend erwies für die Ver­sor­gung der gro­ßen Zahl von Pati­en­ten mit Atem­not. Die Pro­vinz Ber­ga­mo ver­kör­pe­re „das Leid und die Schmer­zen“ des Lan­des, so die Bischöfe.

Kar­di­nal Gual­tie­ro Bas­set­ti, der Vor­sit­zen­de der Bischofs­kon­fe­renz, sag­te dazu:

„Die Hir­ten haben die Auf­ga­be, ihre Her­de, das christ­li­che Volk, zu füh­ren, aber häu­fig ist es das christ­li­che Volk, das die Hir­ten drängt, wie es in die­sem Fall gesche­hen ist.“

Die Bischö­fe rufen zu einem „Moment des Gebets“ auf, um ein „Zei­chen der Erlö­sung und der Hoff­nung“ zu set­zen. Anders als von eini­gen Medi­en berich­tet, wird es sich nicht um eine Wei­he handeln.

Corona-Maßnahmen und dunkle Wolken

In Ita­li­en sind aktu­ell 108.000 Men­schen Coro­na­vi­rus-posi­tiv. 50.000 Ita­lie­ner gel­ten als gene­sen und 24.000 sind „mit oder an“ dem Virus gestor­ben. Die Todes­zah­len gel­ten vor­be­halt­lich der Bestä­ti­gung durch das Natio­na­le Gesund­heits­in­sti­tut (ISS), die noch aus­steht. Das Durch­schnitts­al­ter der Toten ent­spricht der sta­ti­sti­schen Lebens­er­war­tung in der EU.

Der Hoch­al­tar mit dem Zugang zum Erscheinungsort

Der 1. Mai wur­de von den Bischö­fen gewählt, weil er „extrem sym­bo­lisch“ ist, so Roma Set­te. Mit die­sem Tag beginnt der Mari­en­mo­nat Mai und ist zugleich auch ein Fest des hei­li­gen Joseph. Die Bischö­fe wer­den die Kran­ken und Ster­ben­den, aber auch die Ärz­te und das Gesund­heits­per­so­nal „in beson­de­rer Wei­se“ der Got­tes­mut­ter anvertrauen.

Wäh­rend in Ita­li­en Bischofs­kon­fe­renz und Regie­rung noch ver­han­deln, gab Öster­reich heu­te bekannt, daß ab dem 15. Mai die Kir­chen wie­der für Meß­fei­ern zugäng­lich sein wer­den. Im Frei­staat Sach­sen sind bereits seit gestern Locke­run­gen für Got­tes­dien­ste in Kraft.

Wäh­rend sich die Regie­rung in Rom wei­ter ziert, die Maß­nah­men zu lockern, wächst der Unmut der Ita­lie­ner. Er betrifft längst nicht mehr das Coro­na­vi­rus und nicht ein­mal mehr die umstrit­te­nen Coro­na-Maß­nah­men, son­dern die Angst vor dem Danach. 

Offi­zi­el­le Arbeits­lo­sen­zah­len wer­den nicht ver­öf­fent­licht, nicht in Ita­li­en und nicht in Deutsch­land. Nur Öster­reich hat sie aktua­li­siert: Es herrscht Rekord­ar­beits­lo­sig­keit wie seit Kriegs­en­de nicht mehr. Die Zunah­me der Arbeits­lo­sen vari­iert von Bun­des­land zu Bun­des­land. In Wien, wo die Arbeits­lo­sig­keit bereits vor Coro­na um 50 Pro­zent über dem Bun­des­durch­schnitt lag, wur­de durch die Coro­na-Maß­nah­men ein wei­te­rer Zuwachs von 40 Pro­zent ver­zeich­net. Im Bun­des­land Salz­burg, wo die Arbeits­lo­sig­keit um die Hälf­te gerin­ger als öster­reich­weit war, beträgt die Zunah­me fast 140 Pro­zent. Das Land an der Salz­ach ist beson­ders stark von der Total­schlie­ßung des Gastro­no­mie- und Tou­ris­mus­sek­tors betroffen. 

Der Ver­lauf der neu gete­ste­ten Coro­na­vi­rus-Posi­ti­ven: mehr Gene­se­ne als neue Fälle

Im Febru­ar, noch vor Beginn der Coro­na-Maß­nah­men der Regie­run­gen, hat­te Öster­reich eine Arbeits­lo­sen­ra­te von 4,4 Pro­zent, Ita­li­en hin­ge­gen von 9,7 Pro­zent. Die Ita­lie­ner sehen, daß die dunk­len Wol­ken längst auf­ge­zo­gen sind. Das erklärt die lau­ter wer­den­de Kri­tik, daß nicht das Virus, son­dern die Regie­rung mit ihren Maß­nah­men das Land in eine düste­re Zukunft gesto­ßen habe, die vie­len Men­schen Sor­ge berei­tet. Dar­in ist auch der Haupt­grund zu suchen, wes­halb in Ita­li­en der­zeit ein­fluß­rei­che Kräf­te ver­su­chen, den Volks­zorn Rich­tung Ber­lin umzu­len­ken (Stich­wort Corona-Bonds).

Die Bischö­fe ver­su­chen beru­hi­gend zu wir­ken. Ihre Ankün­di­gung, das Land der Got­tes­mut­ter anver­trau­en zu wol­len, erfolgt spät, als hät­ten auch sie bereits mehr die nun auf das Land zukom­men­den Fol­gen der Maß­nah­men zur Coro­na­vi­rus-Ein­däm­mung im Blick.

Die Marienerscheinung

Die Errich­tung der Basi­li­ka San­ta Maria del Fon­te geht auf eine Mari­en­er­schei­nung im Jahr 1432 zurück. Die um 1400 gebo­re­ne Gian­net­ta de‘ Vac­chi, die mit einem Bau­ern, Ex-Sol­da­ten und Trin­ker ver­hei­ra­tet war, begab sich am 26. Mai 1432 nach Mez­zo­len­go, zwei Kilo­me­ter vom Wohn­ort ent­fernt, um Gras zu mähen. Am Abend knie­te sie auf dem Feld nie­der, um den Engel des Herrn zu beten. In die­sem Augen­blick erschien ihr, so ihre Dar­stel­lung, eine jun­ge Frau vom Aus­se­hen einer Köni­gin, die sich ihr als „Maria, die Mut­ter Got­tes“ vor­stell­te. Umge­ben war sie von zahl­rei­chen Engeln. Gian­net­ta berich­te­te, daß ihr Maria eine Bot­schaft mit­teil­te. Es han­delt sich um eine all­ge­mei­ne Ermah­nung zur Buße, die sich an alle rich­te­te, und um Tro­stes­wor­te an die jun­ge Frau wegen ihres Man­nes, der sie miß­han­del­te. Wegen ihrer Sün­den soll­ten die Bewoh­ner von Cara­vag­gio Buße tun. Sie soll­ten am kom­men­den Frei­tag fasten und sich am Sams­tag­nach­mit­tag zum Gebet ver­sam­meln. Zum Dank für die Erret­tung, daß die Gött­li­che Gerech­tig­keit nicht über den Ort kommt, bat die Got­tes­mut­ter dar­um, daß am Erschei­nungs­ort eine Kapel­le errich­tet wird. Zum Zei­chen der Echt­heit ließ die Erschei­nung am Ort eine Quel­le aus dem Boden her­vor­tre­ten und teil­te der jun­ge Frau mit, daß an die­ser Stel­le vie­le Wun­der gesche­hen wer­den, sodaß nie­mand an ihren Wor­ten zwei­feln würde.

Dar­stel­lung der Erscheinungsszene

Zahl­rei­che Kran­ke und Hil­fe­su­chen­de dräng­ten sich bald an der Quel­le. Laut den Tra­di­ti­ons­bü­chern wur­den vie­le geheilt. Um sie auf­zu­neh­men, wur­de noch im sel­ben Jahr mit dem Bau einer Kapel­le und eines Hos­pi­zes begon­nen. Über die wei­te­re Bau­ge­schich­te ist wenig bekannt. 1516 ist bereits von einer „wirk­lich berühm­ten Kir­che“ die Rede. Im sel­ben Jahr gewähr­te Papst Leo X. der Kir­che beson­de­re Vor­rech­te. Das heu­ti­ge Erschei­nungs­bild erhielt das Mari­en­hei­lig­tum ab 1575. Die trei­ben­de Kraft hin­ter dem Neu­bau war der hei­li­ge Karl Bor­ro­mä­us, damals Erz­bi­schof von Mai­land, zu des­sen Kir­chen­pro­vinz das Bis­tum Cre­mo­na gehört. 1906 erhob Papst Pius X. die Kir­che zur Basi­li­ca minor.

Den auch künst­le­risch wert­voll­sten Teil bil­det der Hoch­al­tar, der sich genau unter der 65 Meter hohen Kup­pel befin­det. Unter dem Hoch­al­tar befin­det sich die Dar­stel­lung der Erschei­nungs­sze­ne, die vom Tiro­ler Holz­schnit­zer Leo­pold Moro­der aus St. Ulrich in Grö­den stammt. Der Bene­dik­ti­ner und Kar­di­nal Ilde­fons Schu­ster, von 1929 bis 1954 Erz­bi­schof von Mai­land, krön­te als päpst­li­cher Dele­gat im Auf­trag von Papst Pius XI. Unse­re Lie­be Frau von Cara­vag­gio, wie die Got­tes­mut­ter des Mari­en­hei­lig­tums genannt wird.

Unter­halb der Unter­kir­che spru­delt noch heu­te die Quel­le, die sich im Mai 1432 auf­tat. Der Zugang zur Quel­le erfolgt vom Äuße­ren der Basi­li­ka über einen drei­ßig Meter lan­gen Gang.

Unse­re Lie­be Frau von Cara­vag­gio ist seit 1962 Co-Patro­nin des Bis­tums Cremona.

Eine Kano­ni­sie­rung der Sehe­rin erfolg­te nie, doch die ört­li­che Volks­tra­di­ti­on spricht sie als „seli­ge Gian­net­ta“ an.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Wikicommons/​Santuario di Cara­vag­gio (Screen­shots)

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