
(Berlin/Wien) Einiges läuft schief in der Kirche, wo die Bischöfe sich im Ausnahmezustand mehr als willfährige Gehilfen des Staates sehen anstatt als Verteidiger der Rechte der Kirche. Kaiser Joseph II. hätte wohl seine Freude damit gehabt. Ein streitbarer Priester in Berlin gibt aber nicht auf, während Österreichs Bischöfe während der heiligen Tage die Kirchen verriegeln.
Ein streitbarer Priester kämpft einsam vor der Berliner Verwaltungsgerichtsbarkeit gegen die Aussperrung der Gläubigen von der heiligen Liturgie. Propst Gerald Goesche vom Institut St. Philipp Neri in Berlin ist mit seiner einstweiligen Verfügung vor dem Verwaltungsgericht gescheitert. Der zuständige Richter wagte kein Aufbegehren. Damit schuf das Berliner Verwaltungsgericht einen bedenklichen Präzedenzfall für die Aussperrung der Gläubigen aus den Kirchen.
Die Situation ist deshalb verfahren, weil staatliche und kirchliche Gewalt einträchtig zusammenwirken.
Propst Goesche will nicht aufgeben, sondern Berufung einlegen. Die Zeit wird allerdings knapp, dennoch bemüht er sich bis zuletzt, den Gläubigen den Zugang zur Liturgie des Triduums, der drei heiligen Tage, zu ermöglichen.
Mit einer Presseerklärung nahm der Freundeskreis St. Philipp Neri e. V., der vor Gericht zog, zur Entscheidung Stellung:
Der Freundeskreis St. Philipp Neri e.V. legt gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin zum Verbot öffentlicher Gottesdienste wegen der Corona-Pandemie Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg ein.
Die zuständige Kammer des Verwaltungsgerichts hatte am Dienstagmittag entschieden, daß es in Berlin zum Schutz vor Corona weiterhin keine öffentlichen Gottesdienste geben darf.
Der Vorsteher des Instituts St. Philipp Neri, Propst Dr. Gerald Goesche, zeigte sich enttäuscht von der Verwaltungsgerichtsentscheidung und erklärte: „Der Beschluß des Verwaltungsgerichts stellt nicht nur einen Eingriff in die grundgesetzlich garantierte Religionsfreiheit dar, sondern verletzt diese nachhaltig. Das Recht auf freie Religionsausübung wird vom Grundgesetz schrankenlos gewährt. Das Verwaltungsgericht billigt demgegenüber lediglich Kirchenbesuche zur stillen Einkehr zu. Damit bestimmt der Staat de facto die Art und Weise der Religionsausübung. Dies steht ihm aber nicht zu. Gottesdienste sind mehr als stilles Gebet, gerade auch zu Ostern, dem höchsten Fest der Christenheit. Das generelle Verbot von öffentlichen Gottesdiensten stellt einen übermäßigen Eingriff dar, der nicht verhältnismäßig ist. Auch kirchliche Internetangebote ersetzen Gottesdienste nicht. Glaube ist letztlich immer analog. Auch wir wollen unsere Gläubigen und auch uns vor dem Coronavirus schützen und können den nötigen Abstand zwischen Personen in unserer Kirche besser gewährleisten als etwa in einem Baumarkt oder in den öffentlichen Verkehrsmitteln. Deshalb werden wir gegen die jetzt ergangene Entscheidung Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg einlegen.“
Österreichs Bischöfe verriegeln die Kirchen
Gegenteiliges geschieht in Österreich. In der Karwoche herrscht Grabesstille, dabei folgt morgen erst der Gründonnerstag mit der Einsetzung von Weihesakrament und Priestertum und des Altarsakraments.
Die Österreichische Bischofskonferenz ordnete an, daß die Kirchen während der Liturgie „verschlossen zu halten“ sind, damit „für diese Zeit kein Zutritt“ möglich ist“.
Hintergrund der „Skandalanordnung“ (Kath.net) ist die „Sorge“ der Bischöfe, es könnten sich Gläubige in die Kirchen einschleichen, um doch an der Liturgie teilzunehmen.
Die betreffenden Anweisungen finden sich in den Richtlinien der Bischofskonferenz: „Osterfeiern 2020 unter den Pandemie-Bedingungen (Covid-19)“. Dazu der euphemistische Untertitel: „Besondere Zeiten erfordern besondere Lösungen“. Die „besonderen Lösungen“ sehen im Kapitel „Die nicht öffentliche Feier des Palmsonntags und der Drei Österlichen Tage in einer kleinen Gemeinschaft“ unter Punkt 2 wie folgt aus:
2. Der Priester (Pfarrer) einer bzw. mehrerer Gemeinden, dessen Kirchenraum sich für die nötige Distanz und gemeinsame Feier eignet, soll zur liturgiegerechten Feier an einem Ort 4 Gläubige bitten, die erklärterweise gesund sind und nicht einer Risikogruppe angehören, mit ihm den Palmsonntag und Die Drei Österlichen Tage zu feiern. Idealerweise, wenn nichts dagegen spricht, soll diese Gemeinschaft für alle Feiern dieselbe bleiben. Gegenüber der Gesamtgemeinde ist es sicherlich notwendig, klar zu kommunizieren, dass die kleine Gemeinschaft einen Dienst leistet, indem sie die große Gemeinde (auch die anderen (Pfarr-)Gemeinden in Pfarrverbänden oder Seelsorgeräumen) repräsentiert, da diese nicht anwesend sein kann. Die Mitglieder der Feiergruppe sind keine „Auserwählten“ und auch kein „heiliger Rest“. Diese kleine Gemeinschaft feiert die Liturgie dieser Tage möglichst liturgiegerecht, d.h. den liturgischen Büchern entsprechend. Als kleine Gemeinschaft mit dem vorgeschriebenen Abstand von zumindest einem Meter zueinander wird sie sich sinnvollerweise des Altarraumes und der liturgischen Orte bedienen, soweit dies machbar ist. Die Zugänge zur Kirche sind während der Liturgie verschlossen zu halten, sodass für diese Zeit kein Zutritt für einen nicht von vornherein bestimmten Personenkreis besteht. Die Vorbereitung der Plätze und Handlungsabläufe soll auch der Sicherheit aller dienen.
Man könnte Zweifel bekommen, was die wichtigste „Sorge“ der Bischöfe ist. Jede weitere Kommentierung der bischöflichen „Sorge“ erübrigt sich.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: anticattocomunismo (überarbeitet)