Corona-Krise und heilige Messe

Überlegungen zu Feier, Teilnahme und Übertragung


Gedanken und Bedenken zur Übertragung der heiligen Messe in Radio, Fernsehen und Internet.
Gedanken und Bedenken in Zeiten der Coronavirus-Pandemie zur Übertragung der heiligen Messe in Radio, Fernsehen und Internet.

Von Cle­mens Vic­tor Oldendorf

Anzei­ge

Allent­hal­ben regen sich unter dem Ein­druck der Coro­na-Kri­se und als Ant­wort dar­auf der Wunsch, trotz Aus­gangs­be­schrän­kun­gen und Ver­samm­lungs­ver­bot medi­al ver­mit­telt an der hei­li­gen Mes­se teil­neh­men zu kön­nen, sowie Initia­ti­ven, die die­sem Bedürf­nis, das emp­fun­den wird, ent­ge­gen­kom­men möchten.

Wäh­rend die drei deut­schen Lit­ur­gie­wis­sen­schaft­ler Albert Ger­hards, Bene­dikt Kra­ne­mann und Ste­phan Win­ter dar­über eine Debat­te anstie­ßen, wel­che Berech­ti­gung in der gegen­wär­ti­gen Situa­ti­on Mes­sen hät­ten, die Prie­ster ganz allein, das heißt ohne die phy­si­sche Anwe­sen­heit von Gläu­bi­gen, fei­ern, habe ich auf kath­news die Fra­ge­stel­lung dahin gelenkt, ob eine Erfor­der­lich­keit die­ser media­len Ver­mitt­lung bestehe.

Übertragung und Aufzeichnung der heiligen Messe 

Die Fra­ge stellt sich nicht nur ob der momen­ta­nen Dring­lich­keit, son­dern ganz grund­sätz­lich. Was Auf­zeich­nun­gen der hei­li­gen Mes­se angeht, ver­nei­ne ich es rund­weg, dass sie eine Teil­nah­me an der Lit­ur­gie ermög­li­chen. Auch für Aus­strah­lun­gen in Echt­zeit mache ich erheb­li­che Ein­schrän­kun­gen geltend.

Nun soll nicht in Abre­de gestellt wer­den, dass Got­tes­dien­ste in Funk und Fern­se­hen und heut­zu­ta­ge im Inter­net auf alte und kran­ke Gläu­bi­ge, die zu Hau­se blei­ben müs­sen oder kei­ne Gele­gen­heit haben, zur Kir­che zu gelan­gen, eine erbau­li­che Wir­kung haben kön­nen. Hier fra­ge ich aber auch, ob sie in allen Fäl­len stets die Devo­ti­on oder doch nicht oft­mals eher die Emo­ti­on stüt­zen. Jeden­falls unter­liegt jemand, der aus wel­chen Grün­den auch immer kei­ne Gele­gen­heit hat, sonn- oder fei­er­tags phy­sisch bei einer Mess­fei­er anwe­send zu sein, nicht der Ver­pflich­tung zum Mess­be­such. Indem er oder sie eine live gesen­de­te hei­li­ge Mes­se anhört oder anschaut, kann die soge­nann­te Sonn­tags­pflicht nicht erfüllt wer­den, muss es indes aber auch nicht.

Bestehen und Unterschied von Sonntagspflicht und Sonntagsheiligung

Die Sonn­tags­pflicht als Pflicht zur phy­si­schen Teil­nah­me am hei­li­gen Mess­op­fer, die ein Kir­chen­ge­bot ist, ist zu unter­schei­den vom  gött­li­chen Gebot der Sonn­tags­hei­li­gung, von dem es kei­ne Aus­nah­me gibt, das aber auf viel­fäl­ti­ge Wei­sen erfüllt wer­den kann, etwa dadurch, dass jemand, der werk­tags einen Rosen­kranz betet, am Tag des Herrn alle Gesät­ze des Psal­ters absol­viert. Frei­lich kann man zur Sonn­tags­hei­li­gung aus Andacht auch eine Mess­über­tra­gung in den Medi­en ver­fol­gen, ver­pflich­tet dazu ist man nicht.

In mei­nem Bei­trag auf kath­news habe ich es favo­ri­siert, unter­stützt von einem Lai­en­mess­buch sich im Gei­ste in eine zeit­gleich zele­brier­te hei­li­ge Mes­se zu ver­set­zen, und dort näher begrün­det, war­um ich es selbst bevor­zu­ge und ande­ren gera­de­zu emp­feh­le, sich dabei nicht von einem tech­ni­schen Medi­um, Radio, Fern­se­hen, Com­pu­ter oder gar Smart­phone, abhän­gig zu machen. 

Kann man über­zeugt sein, dank sol­cher Hilfs­mit­tel in eine geist­li­che Com­mu­nio ein­be­zo­gen zu wer­den? Füh­ren sie nicht viel­mehr zu Ablen­kung als zu Kon­zen­tra­ti­on und Kon­tem­pla­ti­on, son­dern ver­lei­ten zumin­dest die mei­sten Men­schen zur unwill­kür­li­chen Fehl­hal­tung eines Kon­su­men­ten oder Zuschauers?

Liturgisches, kulturelles oder historisches Interesse – per se kein Akt der Gottesverehrung

Eine auf­ge­zeich­ne­te und zu einem spä­te­ren Zeit­punkt aus­ge­strahl­te Mes­se kann erst recht nur von sehr limi­tier­ter Berech­ti­gung sein. Viel­leicht ist sie von kir­chen­mu­si­ka­li­schem Inter­es­se oder das Got­tes­haus, wo sie gefei­ert wur­de, ein archi­tek­to­ni­sches Klein­od. Auch mag es sein, dass die Pre­digt, die gehal­ten wur­de, über den aktu­el­len, aber jetzt ver­gan­ge­nen Anlass hin­aus rhe­to­risch gelun­gen oder inhalt­lich weg­wei­send und inspi­rie­rend bleibt. Die Lit­ur­gie mag vor­bild­lich gewe­sen sein und auch in Retro­spek­ti­ve und Wie­der­ho­lung einen ästhe­ti­schen Genuss ver­mit­teln, schließ­lich kann sie anläss­lich eines histo­ri­schen Ereig­nis­ses gefei­ert und auf­ge­zeich­net wor­den sein und des­we­gen den Cha­rak­ter eines archi­va­ri­schen Zeit­do­ku­ments anneh­men: In all die­sen und ähn­li­chen Fäl­len tritt der Gläu­bi­ge, indem er sol­ches anhört oder ansieht, nicht in ein leben­di­ges Kult­ge­sche­hen ein, wirkt als Glied des mysti­schen Lei­bes Chri­sti nicht dar­an mit, selbst wenn wäh­rend­des­sen from­me Anmu­tun­gen in ihm auf­stei­gen soll­ten. Sind wir ehr­lich, muss man hin­zu­fü­gen, dass auf die­se Art und Wei­se jeder­mann eine sol­che Aus­strah­lung der hei­li­gen Lit­ur­gie kon­su­mie­ren kann, zum Bei­spiel aus geschicht­li­chem oder kul­tu­rel­lem Inter­es­se. Dazu braucht man nicht gläu­big, per­sön­lich nicht ein­mal getauft zu sein.

Auch in Echtzeit keine technische Verbindung nötig, um in den göttlichen Kult einzutreten

Damit berüh­ren wir einen heik­len Punkt, der inson­der­heit für Live­über­tra­gun­gen der eucha­ri­sti­schen Lit­ur­gie Gül­tig­keit hat. Zur Zeit der frü­hen Kir­che muss­ten die Tauf­be­wer­ber nach dem ersten Teil der hei­li­gen Mes­se mit sei­nem mehr lehr­haf­ten Cha­rak­ter, ehe die eigent­li­che Fei­er der Eucha­ri­stie begann, den got­tes­dienst­li­chen Raum ver­las­sen. Ohne nun die­se alt­kirch­li­che Arkan­dis­zi­plin [Geheim­hal­tungs­dis­zi­plin] in vol­lem Umfang wie­der­her­stel­len zu wol­len, kann man doch ein­mal selbst­kri­tisch die Gewis­sens­fra­ge auf­wer­fen, ob nicht die gegen­wär­ti­ge, dem deut­lich ent­ge­gen­ge­setz­te Pra­xis der Über­tra­gung und Aus­strah­lung zu Pie­tät­lo­sig­keit füh­ren kann, eine Form der Desa­kra­li­sie­rung dar­stellt.

Es bleibt also bei mei­ner Prä­fe­renz, sich ohne media­le Unter­stüt­zung gei­stig und geist­lich mit der hei­li­gen Mes­se zu ver­ei­ni­gen. Die Prie­ster wer­den sogar von den deut­schen Diö­ze­sen dazu auf­ge­for­dert, wäh­rend der Coro­na-Kri­se auch ohne Gläu­bi­ge die Mes­se zu fei­ern. Dies, obwohl ja heut­zu­ta­ge alle For­men, die nach Pri­vat­ze­le­bra­tio­nen aus­se­hen, wenig ver­däch­tig sind, von­sei­ten der Bischö­fe geför­dert zu werden. 

Quarantäne als Gunst der Stunde: Überlieferten Ritus einüben, überlieferte heilige Messe feiern!

Unter nor­ma­len Umstän­den bin ich kein Freund davon, wenn Zele­bran­ten sich anhand von Lehr-DVDs den Ritus der hei­li­gen Mes­se gemäß der über­lie­fer­ten Lit­ur­gie auto­di­dak­tisch bei­brin­gen; jetzt bie­tet sich in der Coro­na-Kri­se viel­leicht doch eine berech­tig­te Gele­gen­heit, dies zu tun. 

Und wer den über­lie­fer­ten römi­schen Ritus zwar schon beherrscht, aber nor­ma­ler­wei­se nicht immer in ihm zele­brie­ren kann, der kann jetzt Kri­se und Qua­ran­tä­ne als Chan­ce ergrei­fen, dies zumin­dest solan­ge zu tun, wie die gegen­wär­ti­ge Aus­nah­me­si­tua­ti­on anhält. Dabei gestat­tet es sogar die in Deutsch­land gel­ten­de Rege­lung, zu die­sen hei­li­gen Mes­sen eine Per­son zuzu­las­sen, die die Ant­wor­ten gibt und das Altar­glöck­chen läu­tet. Zur Wah­rung des momen­tan gefor­der­ten Sicher­heits­ab­stands emp­fiehlt es sich even­tu­ell sogar, es dabei vor­zu­zie­hen, die Ant­wor­ten von fer­ne geben zu las­sen. Unter die­ser Vor­aus­set­zung muss die­ser Dienst übri­gens nicht ein­mal unbe­dingt von einer männ­li­chen Per­son über­nom­men wer­den, um sich an die für den alten Ritus ver­pflich­ten­den lit­ur­gi­schen Vor­schrif­ten zu halten.

Bild: ZDF (Screen­shot)

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2 Kommentare

  1. Ich hal­te die­sen Bei­trag für wenig hilfreich.
    War­um kann man beim Segen „Urbi et Orbi“ sogar einen Ablaß gewinnen?
    Ich woll­te am Sonn­tag per Inter­net an einer Mes­se teil­neh­men, aber alle drei waren so gestört, daß ich auf­ge­ben musste.
    Jeder kann sich gei­stig über bild­lich über­tra­ge­ne Meß­fei­ern leich­ter mit dem Gesche­hen ver­bin­den und so „prak­tisch“ anwe­send sein.

    Im übri­gen sehe ich die drin­gend­ste Auf­ga­be der Kir­che nicht in der Her­an­züch­tung von Super­hei­li­gen, son­dern die Mas­se soweit zu brin­gen, daß alle im Stand der Hei­lig­ma­chen­den Gna­de ste­hen, wenn sie abge­ru­fen werden.

    • Wie­so sogar? Der Segen Urbi et Orbi ist bloß ein Sakra­men­ta­le, den Ablass kön­nen Sie auch nur live gewinnen. 

      Der Autor sagt ja auch nur, dass nie­mand eine Mes­se im Fern­se­hen anse­hen muss.

      Den Schluss Ihres Kom­men­tars kapie­re ich nicht, wenn er einen (kri­ti­schen?) Bezug zum Arti­kel haben soll. Viel­leicht er erklä­ren Sie ihn mir bitte?

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