
(Innsbruck) Kirchen werden heute für allerlei verwendet. In Spanien denkt man über „gemeinschaftliche“ Nutzungen nach, etwa zugleich Ausstellungsraum und Kirche oder Veranstaltungshalle und Kirche. Auch für andere Konfessionen und fremde Religionen werden die Kirchentore immer bereitwilliger geöffnet. Wenn es sich jedoch um die Piusbruderschaft handelt, hört sich bei manchen Kirchenvertretern noch immer der „Spaß“ auf.
Bistum Linz
Dennoch war es möglich, daß zwei Neupriester der 1970 von Erzbischof Marcel Lefebvre gegründeten Priesterbruderschaft St. Pius X. vor kurzem in ihren österreichischen Heimatdiözesen in Pfarrkirchen ihre Heimatprimiz zelebrieren konnten. In der Bundesrepublik Deutschland gilt dergleichen nach wie vor als Ding der Unmöglichkeit.
Der Priesterbruderschaft war 1975 die kanonische Anerkennung entzogen worden, weil sie die Liturgiereform von 1969 ablehnt und an der überlieferten Tradition festhält, die manche Kirchenteile unter Verweis auf das Zweite Vatikanische Konzil bereitwillig über Bord warfen. Seither befindet sich die Kirche im Westen in einem starken Auflösungsprozeß. Ensicht zeigt sich dennoch kaum.
Pater Johannes Regele aus Steyr durfte am 14. Juli mit Erlaubnis des Bistums Linz in seiner Heimatpfarrei St. Michael in Steyr die Heimatprimiz feiern. Der Molekularbiologe, der dem Opus Dei angehörte, empfand seit seiner Jugend die Berufung zum Priestertum. In ein modernes Priesterseminar wollte er aber nicht eintreten. 2014 entschloß er sich schließlich der Piusbruderschaft anzuschleßen, um seine Priesterberufung zu verwirklichen.
Die Heimatpfarrkirche konnte die vielen Gläubigen kaum fassen, die zu dem freudigen Ereignis herbeigeströmt waren.
Bistum Innsbruck
Bereits eine Woche zuvor fand in Tirol die Heimatprimiz von Pater Lukas Lipp statt. Im Bistum Innsbruck ging es weniger freundlich zu als in Oberösterreich. In seiner Heimatgemeinde Reutte wurde ihm vom zuständigen Dekan „aus kirchenrechtlichen Gründen“ die Primiz in der Heimatpfarrei verweigert.
In der Pfarrkirche Imsterberg, ein gutes Stück von Reutte entfernt, aber in derselben Diözese, hatte der zuständige Ortspfarrer, mit Lipp seit vielen Jahren bekannt, diese „kirchenrechtlichen“ Bedenken nicht. Dort konnte Pater Lipp seine Heimatprimiz zelebrieren – allerdings fern der Heimat.
Die Tiroler Tageszeitung schrieb dazu: „Stell dir vor, es ist Primiz – also die erste heilige Messe als Hauptzelebrant nach der Priesterweihe – und keiner geht hin, weil es niemand weiß.“ Die Redakteure waren ganz im Novus Ordo gefangen, wenn einen „Hauptzelebranten“ gibt nur in diesem, aber nicht im überlieferten Ritus.
Auf am Imsterberg war die Pfarrkirche vollbesetzt, allerdings wußte im Ort kaum jemand von dem Ereignis. Die Gläubigen kamen von auswärts. Im Pfarrbrief war „nichts erwähnt“. Der Bürgermeister habe es nur „zufällig erfragt“ und wandte sich sofort an Innsbrucks Bischof Hermann Gettler. Dieser antwortete:
„Der Piusbruderschaft fehlt seit ihrer Gründung im Jahre 1970 die Anerkennung der römisch-katholischen Kirche. Sie lehnt bis heute wichtige Errungenschaften des Zweiten Vatikanums ab wie Ökumene, Religionsfreiheit, Kollegialität der Bischöfe und die gemeinschaftliche Liturgiefeier. Die Piusbrüder können deshalb kein offizielles Amt in der römisch-katholischen Kirche ausüben. Der Bischof der Diözese Innsbruck hat für die Erlaubnis zur Benützung der Pfarrkirche von Imsterberg für die Feier der Primiz die Auflage erteilt, dass beim Hochgebet für Papst Franziskus und für den Diözesanbischof gebetet werden muss. Außerdem muss die Pfarrgemeinde informiert werden, dass es sich bei der Piusbruderschaft um eine von der röm.-kath. Kirche abgespaltene Kirche handelt, die das Zweite Vatikanische Konzil nicht anerkennt.“
Die vom Pfarrer gegebene Zusage wurde vom Bischof nicht zurückgenommen, wenn auch mit Auflagen belegt, die mehr eine Rechtfertigung in Richtung Öffentlichkeit schienen. Dem Bischof von Innsbruck dürfte nämlich bekannt sein, daß bei der Piusbruderschaft in jeder Messe für den regierenden Papst gebetet wird. In dieselbe Richtung weist die bischöfliche Betonung der „Errungenschaften“ des Zweiten Vatikanischen Konzils. Immerhin sprach der Bischof nicht von den sonst gerne erwähnten „Früchten“ des Konzils, denn sie suchten bereits viele vergeblich.
Pater Lipp, der zunächst Medizin studiert hatte, entdeckte durch den Kontakt mit der Katholischen Jugendbewegung (KJB) der Piusbruderschaft die 2000jährge katholische Tradition. Auf ihrer Internetseite schreibt die Piusbruderschaft:
„Er fühlte sich wie betrogen, weil all das den Katholiken heute vorenthalten wird“.
2009 trat er in das Priesterseminar in Zaitzkofen ein und unterrichtete nach Abschluß des Studiums an einer Schule der Bruderschaft in den USA.
Die Tiroler Tageszeitung schloß mit dem Hinweis „Prinzipiell gilt: Lipps Priesterweihe vor einer Woche war aus römisch-katholischer Sicht nicht erlaubt, ist aber gültig.“
Text: Isolde Hölzl
Bild: TT (Screenshot)