(Rom) Papst Franziskus hat zwei weitere chilenische Bischöfe emeritiert. Ihre Zahl steigt damit auf fünf. Die Reinigung nach dem Fall Barros wird fortgesetzt.
Offiziell lautet die Sprachregelung in der Kirche, daß der Papst ein Rücktrittsgesuch annimmt. In der Tat haben faktisch alle Bischöfe Chiles im vergangenen Mai ihren Rücktritt angeboten. Ein beispielloser Akt in der Kirchengeschichte. Das Rücktrittsangebot kann auch als Rücktrittsdrohung gelesen werden, um Franziskus im Fall Barros nach dreieinhalb Jahren endlich zum Handeln zu zwingen. Und tatsächlich hat Franziskus schließlich gehandelt.
Bereits am 11. Juni emeritierte er drei Bischöfe. Zwei von ihnen hatten die im Kirchenrecht vorgesehene Altersgrenze bereits überschritten. Der dritte war Bischof Juan Barros Madrid von Osorno, in dem sich in den vergangenen Jahren ein weit größerer Konflikt in Chile quasi personifiziert hatte. Bei ihm handelte es sich um eine regelrechte Absetzung, allerdings nicht unbedingt gegen den Willen des Betroffenen. Barros hatte im Zuge des Konfliktes bereits zweimal um die Entbindung gebeten, was von Franziskus abgelehnt wurde, weil das „einem Schuldeingeständnis“ gleichgekommen wäre.
Noch am 11. Juni berichteten Medien, daß Franziskus insgesamt acht chilenische Bischöfe absetzen, also eine regelrechte Massenemeritierung vornehmen werde. Vier klassische Emeritierungen aus Altersgründen und vier Absetzungen. Letztere betreffen jüngere Bischöfe, allesamt Zöglinge des von der Kirche wegen sexuellen Mißbrauchs verurteilten Ex-Priesters Fernando Karadima.
Nach demselben „Misch“-Verfahren ging Franziskus auch gestern bei der zweiten Emeritierungsrunde vor. Von den beiden betroffenen Bischöfen wurde einer, Bischof Alejandro Goic von Rancagua (78), aus Altersgründen emeritiert, der zweite, Bischof Horacio Valenzuela von Talca (65), ein Karadima-Zögling, wurde abgesetzt.
Am 13. Juni waren von der Staatsanwaltschaft Teile des Archivs der Diözese Rancagua beschlagnahmt worden. Dabei geht es um Unterlagen im Zusammenhang mit Priestern, die im Verdacht stehen, sich des sexuellen Mißbrauchs schuldig gemacht zu haben. Bischof Goic stand bereits vor diesem aufsehenerregenden Schritt des zuständigen Staatsanwaltes auf der Liste der Bischöfe, die Franziskus emeritieren wollte. Die Ermittlungen der Justizbehörden waren bereits bekannt. Franziskus versucht einen reinigenden Befreiungsschlag für die Kirche in Chile.
Im Amt bleiben vorerst noch drei von acht Bischöfen der Liste, die Medien unter Verweis auf vatikanische Quellen herumreichten. Darunter noch ein Karadima-Zögling und ein weiterer Bischof, der Karadima gedeckt haben soll.
Dazu kommt noch Kardinal Ezzati, der Erzbischof von Santiago de Chile und Primas des Landes. Er hat mit mehr als 76 Jahren bereits die Altersgrenze überschritten und scheint den Preis dafür bezahlen zu müssen, im April lautstark den Rücktritt von Bischof Barros verlangt und damit Franziskus öffentlich unter Druck gesetzt zu haben. Seine Emeritierung, die offiziell noch nicht erfolgt ist, bietet dem Papst zudem die Möglichkeit, der Kirche in Chile durch einen neuen, vom ganzen Konflikt unbelasteten Primas ein neues Gesicht zu geben und für die Kirche Vertrauen zurückzugewinnen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: CopCh (Screenshot)