
(Rom) Nicht Erzbischof Charles Scicluna, der päpstliche Sondergesandte im Fall Barros (Chile), soll neuer Substitut des Kardinalstaatssekretärs werden, sondern der Vatikandiplomat, Kurienerzbischof Bernardito Auza. So lauten jüngste Hinweise aus dem Vatikan.
Papst Franziskus ernannte den bisherigen Substituten, Kurienerzbischof Giovanni Angelo Becciu, am 26. Mai zum neuen Präfekten der römischen Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse. Bereits am 20. Mai hatte das Kirchenoberhaupt Beccius Erhebung in den Kardinalsrang bekanntgegeben. Die Kreierung erfolgt zur Vigil des diesjährigen Festes der Apostelfürsten Petrus und Paulus.
Ein Nachfolger als Substitut im vatikanischen Staatssekretariat, das ist die Nummer Zwei hinter dem Kardinalstaatssekretär, wurde noch nicht ernannt.
Zunächst galt der Erzbischof von Malta, Charles Scicluna, als päpstlicher Favorit. Scicluna war bereits bis 2012 an der Römischen Kurie tätig gewesen. Papst Franziskus soll mit seiner Arbeit als Sondergesandter im heiklen Fall Barros sehr zufrieden sein. Allerdings zieht sich die Angelegenheit hin. Noch im Juni wird Msgr. Scicluna erneut nach Chile reisen, um im Bistum Osorno, der von Msgr. Juan Barros Madrid geleiteten Diözese im Süden Chiles, Anhörungen durchzuführen.

Msgr. Bernardito Cleopas Auza ist Ständiger Beobachter des Heiligen Stuhls bei den Vereinten Nationen. Anders ausgedrückt: Er ist der vatikanische Botschafter bei der UNO.
Auza, Jahrgang 1959, stammt von den Philippinen, wo er 1985 für sein Heimatbistum Talibon zum Priester geweiht wurde. Nach erfolgreichem Abschluß seiner Studien in seiner Heimat absolvierte er die Diplomatische Akademie des Vatikans und trat in den Diplomatischen Dienst des Heiligen Stuhls. Nach Tätigkeiten an den Apostolischen Nuntiaturen für Madagaskar, Bulgarien und Albanien war er von 1999 bis 2006 im vatikanischen Außenministerium (Sektion für die Beziehungen mit den Staaten des Staatssekretariats) tätig. Anschließend zwei Jahre bereits an der vatikanischen Vertretung bei der UNO.
2008 ernannte ihn Papst Benedikt XVI. zum Apostolischen Nuntius für Haiti und machte ihn gleichzeitig, wie für Botschafter des Vatikans üblich, zum Erzbischof. Msgr. Auza ist Titularerzbischof von Saucium, einem untergegangenen Bistum, das um 1000 in der heute montenegrinischen Stadt Šas (historisch auch als Svač und italienisch Suacia bekannt) errichtet wurde, als das Gebiet unter venezianische Hoheit gelangte. Als die Osmanen im frühen 16. Jahrhundert die Gegend eroberten, wurde das Bistum mit dem Erzbistum Shkodra vereint. Eine freie Religionsausübung unter der muslimischen Herrschaft war aber nur mehr eingeschränkt möglich.
2014 kehrte Auza im Auftrag von Papst Franziskus als Leiter der ständigen Niederlassung des Vatikans zur UNO zurück.
Die wahrscheinliche Ernennung Auzas zum neuen Substituten, eine Bestätigung steht noch aus, wird im Zusammenhang mit Aktivitäten eines weit bekannteren Filipino gesehen, von Kardinal Luis Antonio Tagle.
Tagle, drei Jahre vor Auza zum Priester geweiht, wurde 2001 von Johannes Paul II. zum Bischof Imus ernannt. 2011 machte Benedikt XVI. ihn zum Erzbischof von Manila und 2012 zum Kardinal. Diese Förderung durch den deutschen Papst wurde von Beobachtern mit einiger Verwunderung zur Kenntnis genommen, aber mit dessen Sympathie für Theologen erklärt. Tagle war 1997 in die Internationale Theologenkommission aufgenommen worden, deren Vorsitz damals Joseph Kardinal Ratzinger führte. Die Verwunderung galt der Zuordnung Tagles, der Mitarbeiter der berühmt-berüchtigten „Schule von Bologna“ war, jener progressiven Denkfabrik, die ein [progressives) Deutungsmonopol zum Zweiten Vatikanischen Konzil behauptet. Der derzeitige Leiter der „Schule“, der Historiker Alberto Melloni, gehört zu den lautstärksten Claqueuren des derzeitigen Pontifikats mit ungehobelten Verbalattacken gegen jede noch so leise Kritik an Aussagen, Gesten und Entscheidungen von Papst Franziskus.
Tagle dürfte die Ernennung seines Landsmannes in eine der höchsten vatikanischen Positionen begrüßen. Dem Erzbischof von Manila, den Franziskus 2014 als Nachfolger von Kardinal Maradiaga als Chef der Caritas Internationalis, der im Vatikan angesiedelten Dachorganisation der nationalen Caritasverbände installierte.
Tagle wird seit einigen Jahren als potentieller Nachfolger von Papst Franziskus genannt. Ihm selbst wird nachgesagt dieses Amt anzustreben. Dafür sprechen nicht nur seine in verschiedene Sprachen übersetzten, autobiographischen Schriften, mit denen er an einem internationalen Image feilt, sondern auch seine auffallend häufige Anwesenheit in Rom.
Sein Landsmann Auza könnte mit der Erhebung zum Substituten erst am Beginn einer strahlenden Karriere stehen. Sämtliche Substitute seit 1835 wurden bisher im nächsten Schritt zu Kardinälen kreiert. Angelo Becciu ist der jüngste Beleg dafür.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons/Salt and Light TV (Screenshot)