Iam sol recedit igneus – Predigt von Bischof Athanasius Schneider zum Requiem von Hochw. Ingo Dollinger


Besuch von Bischof Athanasius Schneider bei HH. Dollinger im vergangenen Februar.
Besuch von Bischof Athanasius Schneider bei HH. Dollinger im vergangenen Februar.

Hun­der­te Gläu­bi­ge und mehr als 50 Prie­ster beglei­te­ten den bekann­ten Moral­theo­lo­gen, Hochw. Ingo Dol­lin­ger, am Mon­tag in Opfen­bach zu Gra­be. Der Prie­ster des Bis­tums Augs­burg war am 11. Juni, dem Drei­fal­tig­keits­sonn­tag, ver­stor­ben. Der pro­mo­vier­te Theo­lo­ge war ein gro­ßer För­de­rer und Ver­tei­di­ger der Tra­di­ti­on. Zuletzt war es zum soge­nann­ten Drit­ten Geheim­nis von Fati­ma zu einem für ihn schmerz­lich emp­fun­de­nen Fern­dis­put mit dem Hei­li­gen Stuhl gekom­men. Zum Lebens­lauf sie­he den Bericht Ingo Dol­lin­ger tot – Prie­ster, Moral­theo­lo­ge, För­de­rer der Tra­di­ti­on – Dis­put mit dem Vati­kan zum Drit­ten Geheim­nis von Fati­ma.

Anzei­ge

Das Requi­em in der Opfen­ba­cher Pfarr­kir­che zum hei­li­gen Niko­laus zele­brier­te  Msgr. Atha­na­si­us Schnei­der, Weih­bi­schof im Erz­bis­tum der Aller­hei­lig­sten Jung­frau Maria zu Ast­a­na in Kasach­stan. Die Pre­digt von Bischof Schnei­der im Wortlaut:

Liebe hochwürdige Mitbrüder im priesterlichen Dienst, liebe Brüder und Schwestern in Christus, christliche Trauergemeinde!

„Den König, dem alles lebt, kommt wir beten Ihn an! Regem, Cui omnia vivunt, veni­te, ado­r­e­mus!“ Die­se Wor­te aus dem Offi­zi­um für die Ver­stor­be­nen erstrah­len heu­te über dem prie­ster­li­chen Leben unse­res ver­ehr­ten und gelieb­ten Dr. Ingo Dol­lin­ger. Chri­stus, unser Herr und König, hat Sei­nem Die­ner Ingo Dol­lin­ger ein lan­ges und gei­stig sehr frucht­ba­res Prie­ster­le­ben geschenkt. Viel­leicht könn­te fol­gen­de Aus­sa­ge den Kern der gan­zen Exi­stenz und Akti­vi­tät von Dr. Dol­lin­ger am tref­fend­sten berüh­ren: „Er war ein von Gott ganz ergrif­fe­ner Prie­ster“. Das „Von Gott-ergrif­fen-sein“ war die ver­bor­ge­ne Kraft, die die­sem Prie­ster ein inten­si­ves, und ein gleich­sam mysti­sches geist­li­ches Leben ver­mit­tel­te und ihn gleich­zei­tig zu einem rast­lo­sen, sich ver­zeh­ren­dem apo­sto­li­schen Leben bewegt hat. Ein Mysti­ker in rast­lo­sem Eifer für die Ehre Chri­sti, sei­nes Königs.

Der Prie­ster Ingo Dol­lin­ger war ein ganz auf das Wesent­li­che, auf Chri­stus, das allein Not­wen­di­ge, kon­zen­trier­ter Prie­ster. Des­halb stand das Gebets­le­ben im Mit­tel­punkt sei­nes Lebens. Er ver­brach­te täg­lich eini­ge Stun­den im Gebet, und das war der Fall nicht nur in sei­nen letz­ten, von der Krank­heit gezeich­ne­ten, Lebens­jah­ren. Das war sei­ne Gewohn­heit in sei­nem gan­zen Prie­ster­le­ben. Er sag­te immer wie­der: „ohne Gebet ver­küm­mert mei­ne See­le“, „ohne Gebet kann ich nichts tun“. In sei­nen geist­li­chen Vor­trä­gen sag­te er oft: „In unse­rem Leben kommt alles auf das Eins­sein mit dem Herrn an. Vom bewuss­ten, lie­ben­den Eins­sein mit dem Herrn wäh­rend unse­res gan­zen Tages hängt alles ab“. Schon in der Zeit als Pri­mi­zi­ant hin­ter­ließ er tief­sin­ni­ge Brie­fe über die Lie­be Got­tes zu uns und unse­re Lie­be zu Gott.

Die Wor­te und Taten von Hoch­wür­den Dr. Dol­lin­ger zeug­ten davon, wie leben­dig er die über­na­tür­li­che Grö­ße des Prie­ster­tums erfass­te, und wie sehr er die ein­zig­ar­ti­ge Gna­de der prie­ster­li­chen Beru­fung schät­ze. Die­se sei­ne Hal­tung wur­de bei ihm ent­schei­dend durch den hei­li­gen Pater Pio von Piet­rel­ci­na geprägt, bei dem er öfters das Sakra­ment der Buße emp­fan­gen konn­te. Dr. Dol­lin­ger sag­te wie­der­holt, dass er die Begeg­nun­gen mit dem hei­li­gen Pater Pio als eine der größ­ten Gna­den sei­nes Lebens betrach­te­te. Im hei­li­gen Pater Pio sah und erleb­te Dr. Dol­lin­ger das, was ein katho­li­scher Prie­ster letzt­lich sein soll­te, näm­lich: gleich­sam ver­liebt sein in das Hei­li­ge Meß­op­fer und in die Ret­tung der See­len durch die Spen­dung des Bußsakraments.

Eine wür­di­ge, inner­li­che und ehr­fürch­ti­ge Fei­er des Hei­li­gen Meß­op­fers und eine uner­müd­li­che, gedul­di­ge und väter­li­che Ver­wal­tung des Buß­sa­kra­men­tes mit indi­vi­du­el­ler See­len­füh­rung waren die bei­den Brenn­punk­te, auf die sich das prie­ster­li­che Wir­ken von Hoch­wür­den Dr. Dol­lin­ger kon­zen­triert hat. Aus der gna­den­haf­ten Erfah­rung und Erkennt­nis die­ser bei­den gei­stig lebens­not­wen­di­gen und uner­setz­ba­ren prie­ster­li­chen Hand­lun­gen in der Kir­che, erwuchs in ihm ein gro­ßer Eifer, sich in der Kir­che unse­rer Tage für die Prie­ster­aus­bil­dung ein­zu­set­zen, und zwar für eine Prie­ster­aus­bil­dung gemäß dem unver­än­der­li­chen und voll­stän­di­gen Glau­ben, der unver­gäng­li­chen Schön­heit und Erha­ben­heit der Lit­ur­gie und einem wahr­haft katho­li­schen Prie­ster­bild nach dem Vor­bild der gro­ßen hei­li­gen Priestergestalten.

In die­sem sei­nem Ein­satz war Hoch­wür­den Dr. Dol­lin­ger ein Werk­zeug der Gött­li­chen Vor­se­hung, denn er durf­te den ver­dienst­vol­len Bei­trag für die Prie­ster­aus­bil­dung in einer Zeit lei­sten, in wel­cher sich die Prie­ster­aus­bil­dung, das Prie­ster­tum wie auch die Kir­che ins­ge­samt in einer kaum dage­we­se­nen tie­fen Kri­se befan­den, einer Kri­se die sich in unse­ren Tagen sogar noch ver­schlim­mert hat. So konn­te Dr. Dol­lin­ger eini­gen von der Gött­li­chen Vor­se­hung erweck­ten neu­en Ordens­ge­mein­schaf­ten tat­kräf­tig hel­fen, die kirch­li­che Aner­ken­nung zu erhal­ten für deren Werk der Erneue­rung der Kir­che und vor allem einer wahr­haft katho­li­schen Priesterausbildung.

Eine beson­de­re Bedeu­tung gewann sein Jahr­zehn­te lan­ger Ein­satz in der prie­ster­li­chen Aus­bil­dungs­stät­te in Bra­si­li­en in der Stadt Ana­po­lis, in einer Zeit – es waren in den acht­zi­ger Jah­ren des vori­gen Jahr­hun­derts – als die soge­nann­te Theo­lo­gie der Befrei­ung auf dem Höhe­punkt ihres Ein­flus­ses war. Bekannt­lich han­del­te es sich bei die­ser Theo­lo­gie und Pra­xis um eine mar­xi­stisch ange­hauch­te und natu­ra­li­sti­sche Umin­ter­pre­ta­ti­on des Evan­ge­li­ums. Ana­po­lis gehör­te zudem zu einer Regi­on Bra­si­li­ens, die als Hoch­burg der Theo­lo­gie der Befrei­ung galt. Jah­re­lang war Dr. Dol­lin­ger in Ana­po­lis Regens des diö­ze­sa­nen Prie­ster­se­mi­nars sowie Rek­tor des Insti­tu­tum Sapi­en­tiae, einer dem Orden vom Hei­li­gen Kreuz ange­hö­ren­den Phi­lo­so­phisch-Theo­lo­gi­schen Hoch­schu­le. In die­sem sei­nen Ein­satz wur­de er stets aner­ken­nend vom Beken­ner­bi­schof von Ana­po­lis Dom Man­oel Pest­a­na unter­stützt. In Bra­si­li­en ließ Dr. Dol­lin­ger nicht nur einen Teil sei­ner Gesund­heit, son­dern vor allem sein gro­ßes prie­ster­li­ches Herz zurück. Kei­ne gerin­ge Zahl von bra­si­lia­ni­schen Prie­stern und nicht weni­ge deut­sche, aber auch afri­ka­ni­sche Prie­ster betrach­ten ihn als ihren prie­ster­li­chen Vater und Leh­rer. Ich selbst hat­te die Freu­de, in Dr. Dol­lin­ger einen vor­bild­li­chen prie­ster­li­chen Leh­rer gehabt zu haben, wofür ich stets dank­bar bleibe.

Aus Afri­ka schrieb mir ein Prie­ster fol­gen­de bewe­gen­de Wor­te zum Heim­gang Dr. Dol­lin­gers: „Herz­li­ches Bei­leid zum Heim­gang unse­res lie­ben Vaters in Chri­stus und im Glau­ben. Wenn es Kopien von mensch­li­chen Per­so­nen geben könn­te, so könn­te es den­noch kei­nen ande­ren Hoch­wür­den Dol­lin­ger geben!!! Er war eine Gabe, ein Wun­der Got­tes in unse­rer Zeit, ein Geschenk für die hei­li­ge Kir­che, ein Erzie­her einer neu­en Gene­ra­ti­on von Prie­stern!!! Glück­lich sind jene, die sei­ne Vor­le­sun­gen erle­ben und hören konn­ten. Aber noch glück­li­cher wer­den jene sein, die sei­nen Eifer, sei­ne Lie­be und sein prie­ster­li­ches Bei­spiel wer­den fort­set­zen kön­nen. Ich bit­te Sie: neh­men Sie uns sei­ne Schü­ler alle mit zu sei­ner Beer­di­gung, um vor sei­nem auf­ge­bahr­ten Leib zu beten, wel­cher ohne Zwei­fel im Zustand des „odo­rem sua­vi­ta­tis“ (des lieb­li­chen Wohl­ge­ruchs) sein wird!!“

Ein blei­ben­des und kir­chen­ge­schicht­lich bedeut­sa­mes Ver­dienst von Hoch­wür­den Dr. Dol­lin­ger war sei­ne tat­kräf­ti­ge Hil­fe, die er zusam­men mit Bischof Josef Stimpf­le und der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz dem Hei­li­gen Stuhl anbot in der theo­lo­gi­schen und kir­chen­recht­li­chen Beur­tei­lung der Frei­mau­re­rei. Die­ser Bei­trag war aus­schlag­ge­bend für die im Jah­re 1983 erfolg­te Fest­stel­lung der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on, wel­che besagt, dass die Grund­sät­ze und die Pra­xis der Frei­mau­re­rei in schwer­wie­gen­der Wei­se dem katho­li­schen Glau­ben wider­spre­chen­den und dass sich des­we­gen Mit­glie­der der Frei­mau­rer objek­tiv im Zustand einer schwe­ren Sün­de befin­den und folg­lich nicht die Hei­li­ge Kom­mu­ni­on emp­fan­gen dürfen.

Hoch­wür­den Dr. Ingo Dol­lin­ger, ein von Gott ganz ergrif­fe­ner Prie­ster. Vie­le Men­schen kön­nen es bezeu­gen, dass sich sei­ne Augen mit Trä­nen füll­ten, wenn er von Gott, und ins­be­son­de­re wenn er von der Hei­lig­sten Drei­fal­tig­keit sprach. Es war gleich­sam eine Auf­merk­sam­keit der Vor­se­hung Got­tes, dass Er Sei­nen treu­en Die­ner aus die­sem Leben zu Sich am Hoch­fest der Hei­lig­sten Drei­fal­tig­keit rief, und zwar als die Zeit des Ves­per­of­fi­zi­ums anbrach, wo die Kir­che die­se Wor­te singt: „Iam sol rece­dit igneus, Tu lux peren­nis Unitas, nostris, bea­ta Tri­ni­tas, infun­de amo­rem cor­di­bus“, „Wäh­rend nun die feu­er­strah­len­de Son­ne unter­geht, gie­ße ein unse­ren Her­zen die Lie­be, Du Licht, Du ewi­ge Ein­heit, Du seli­ge Dreifaltigkeit“.

Bit­ten wir, dass die See­le von Hoch­wür­den Dr. Dol­lin­ger nun immer mehr von die­sem Licht erfüllt wird, um gerei­nigt bald die Lie­be der Hei­lig­sten Drei­fal­tig­keit zu schau­en. „Den König, dem alles lebt, kommt wir beten Ihn an! Regem, Cui omnia vivunt, veni­te, ado­r­e­mus!“ Amen.

+ Atha­na­si­us Schnei­der, Weih­bi­schof von Astana

Opfenbach/​Kirche St. Niko­laus, 19. Juni 2017

Bild: One­Pe­ter­Fi­ve

 

 

 

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