(Rom) Papst Franziskus zelebriert an Werktagen die Messe in der Kapelle des vatikanischen Gästehauses Santa Marta, in dem er seit Beginn seines Pontifikats wohnt. Seit Beginn der staatlichen und kirchlichen Restriktionen wegen des Coronavirus wird diese Messe vom Heiligen Stuhl in Direktübertragung zugänglich gemacht. Dabei wurde in den vergangenen Tagen wiederholt die Osterkerze eingeblendet, die ein besonderes Detail enthält.
An der morgendlichen Meßzelebration nehmen derzeit in der Regel nur zwei Priester, eine Ordensfrau und ein Organist teil. Laut vatikanischen Angaben schauen sich allein in Italien fast zwei Millionen Menschen die Übertragung mit der vom Papst frei gesprochenen Predigt an.
Neben dem Ambo befindet sich seit vergangener Woche eine Osterkerze. Es handelt sich dabei nicht um die Osterkerze, die Papst Franziskus bei der Zelebration der Osternacht im Petersdom weihte. Auf der Osterkerze von Santa Marta ist eine Darstellung des päpstlichen Wappens und des Wappenspruchs zu sehen, allerdings mit einem auffälligen Detail: Das Wappen von Papst Franziskus ist mit dem fünfzackigen Stern dargestellt.
Ungewöhnliche Stern-Darstellung
Als Jorge Mario Bergoglio 1992 zum Weihbischof des Erzbistums Buenos Aires ernannt wurde, hatte er sich nach kirchlichem Brauch ein Wappen zugelegt. Da seine Familie über keines verfügte, wurde es ex novo geschaffen. Darin enthalten war ein silberner fünfzackiger oder fünfstrahliger Stern. Der Stern war keinem anderen Wappen entlehnt, das mit Bergoglio in Verbindung gebracht werden konnte. Weder die Wappen der Stadt oder der Provinz Buenos Aires noch der Republik Argentinien, die alle stark freimaurerisch geprägt sind, noch jenes des Erzbistums Buenos Aires, das eine eindeutig katholische Symbolik zeigt, enthalten ihn.
Am 18. März, fünf Tage nach der Wahl von Franziskus, gab das vatikanische Presseamt bekannt, daß der neue Papst sein Bischofs- und Kardinalswappen beibehalten werde. Lediglich die Darstellungen in Silber, darunter der fünfzackige Stern, würden durch Darstellung in Gold ersetzt. Zum Stern hieß es in der Erklärung:
„Der Stern symbolisiert nach alter heraldischer Tradition die Jungfrau Maria, Mutter Christi und der Kirche.“
Mehr wurde nicht gesagt. Katholisches.info schrieb damals:
„Auch im Papstwappen wird der Stern fünfzackig sein. Eine solche ungewöhnliche Sterndarstellung hatte bisher nur Papst Johannes Paul I.“
Einige Stunden vor der vatikanischen Presseerklärung zum Papstwappen hatte Katholisches.info zum Wappen von Kardinal Bergoglio angemerkt:
„Der Stern legt eine marianische Symbolik nahe. Ins Auge sticht jedoch, daß der Stern fünfzackig ist. Eine im Katholischen weitgehend ungebräuchliche, ja teilweise sogar gemiedene Darstellung für einen Stern und als Symbol der allerseligsten, allreinen Gottesmutter und immerwährenden Jungfrau Maria. Bis ins 18. Jahrhundert war das Pentagramm zwar im christlichen Umfeld als Bann- und Schutzzeichen gegen das Böse bekannt, aber nie ein christliches Symbol. In den vergangenen 250 Jahren ist der fünfzackige Stern vor allem als Symbol der Freimaurerei bekanntgeworden, durch die es im 19. und 20. Jahrhundert Teil zahlreicher Staatswappen wurde, so auch ab 1870 des gegen den Willen der Kirche errichteten italienischen Staates: im Königreich bis 1890 als Helmzier, seit Ausrufung der Republik 1946 als Hauptsymbol von Wappen und Siegel.
Im 20. Jahrhundert wurde er zu einem der wichtigsten Symbole des Kommunismus und feierte als Roter Stern einen Siegeszug. Der fünfzackige Stern wird im Zusammenhang mit der Freimaurerei und dem Kommunismus in der materialistischen Ideologie als Symbol des Menschen gedeutet: des sich selbst genügenden Menschen, der Gott verleugnet.“
Da es sich nicht um ein historisches Wappen handelte wie jenes der Familie Cordero Lanza di Montezemolo – Kardinal Andrea Cordero Lanza di Montezemolo war bis zu seinem Tod im Jahr 2017 der Wappenexperte des Vatikans –, war die Darstellung im kirchlichen Kontext nicht nur ungewöhnlich, sondern sonderbar.
Sonderbar und ungeklärt ist auch, wie der bisher einzige Papst, der einen fünfzackigen Stern im Wappen führte, zu diesem kam. Papst Johannes Paul I., Albino Luciani, dessen Pontifikat im Jahr 1978 nur 33 Tage dauerte, hatte als Bischof von Vittorio Veneto 1958 ein Wappen mit drei achtzackigen Sternen angenommen, ein Verweis auf seine Marienverehrung. Als er 1969 Patriarch von Venedig wurde, waren im Wappen drei sechszackige Sterne daraus geworden. So auch ab 1973 in seinem Kardinalswappen. Als Kardinal Luciani am 26. August 1978 zum Papst gewählt wurde, zeigte sein Papstwappen plötzlich drei fünfzackige Sterne.
Das Unbehagen und die Irritationen über den fünfzackigen Stern im Wappen von Papst Franziskus waren 2013 auch deshalb so groß, weil für die Kirche Symbole von größter Bedeutung sind. Schließlich sah man im Vatikan die Notwendigkeit, korrigierend einzuschreiten, um eventuelle Zweifel auszuräumen. Kardinal Cordero Lanza di Montezemolo zeichnete den entsprechenden Entwurf. Zwei Wochen nach der Papstwahl, am 27. März, wurde ein korrigiertes Wappen von Franziskus der Öffentlichkeit präsentiert. Der fünfzackige Stern war durch einen achtzackigen Stern ersetzt worden.
Die acht Strahlen des Sterns stellen die Seligpreisungen dar, wie es in der vatikanischen Begründung der Korrektur hieß. Damit wurden alle Spekulationen zum Papstwappen ausgeräumt.
Im achten Jahr seines Pontifikats taucht der fünfzackige Stern in einer Darstellung seines Wappens wieder auf, und das auf der Osterkerze der Kapelle von Santa Marta, die durch die Direktübertragungen wegen der Corona-Restriktionen weltweite Sichtbarkeit erhält.
Im folgenden Video der morgendlichen Messe vom 17. April ist die Osterkerze von Santa Marta ab Minute 1:00 aus nächster Nähe zu sehen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va/VaticanNews (Screenshots)