Der Vorgang rund um die Veröffentlichung der neuen lehramtlichen Note Mater populi fidelis hat eine überraschende Facette ans Licht gebracht, die auch innerkirchlich für einige Verwunderung sorgt. In den Tagen nach der Vorstellung des Dokuments äußerte sich Don Maurizio Gronchi, Priester der Erzdiözese Pisa und Consultor des römischen Glaubensdikasteriums, in einem Interview zu Hintergründen über dessen Entstehung.
Dabei bestätigte er eine Vermutung, die bereits zuvor kursierte: Die Internationale Päpstliche Marianische Akademie (oder einzelne ihrer Mitglieder) war nicht an der Ausarbeitung der Note beteiligt. Nach den Worten von Don Gronchi gegenüber ACI Stampa (deutsche Ausgabe CNA) hätten sich „keine kooperativen Mariologen“ gefunden, weshalb bei der Vorstellung des Textes mit Kardinal Víctor Manuel „Tucho“ Fernández auch kein Vertreter dieser Fachrichtung anwesend war – jedenfalls nichts geladen war.
Diese Aussage wirkt befremdlich, da mindestens eine Consultorin des Glaubensdikasteriums zugleich auch Mitglied der Päpstlichen Marianischen Akademie ist, nämlich Schwester Daniela del Gaudio, die Direktorin der im Frühjahr 2023 errichteten Beobachtungsstelle für Erscheinungen und mystische Phänomene im Zusammenhang mit der Jungfrau und Gottesmutter Maria – so der offizielle Name.
Kann es sein, daß selbst sie nicht einbezogen oder konsultiert wurde. Wer sind also die Experten, die für den Inhalt des neuen Dokuments verantwortlich sind? Wer lieferte die fachliche Expertise? Tucho Fernández, bisher bekannt als „Pornokardinal“ und „Experte“ für Küsse und Orgasmen?
Gronchis Hinweis liefert einen bemerkenswerten Einblick in die Vorgehensweise am Glaubensdikasterium unter der Leitung von Kardinal Fernández, dem Lieblingsprotegé von Papst Franziskus. Vor allem zeigt er einen irritierenden Bruch mit den bisher gewohnten Abläufe an der Römischen Kurie an. Das Dikasterium konsultierte bisher zu sensiblen Themen gezielt die Meinung verschiedener ausgewiesener Fachleute, gerade auch unterschiedlicher Positionierung, um ein Gesamtthema in möglichst allen Facetten zu erfassen und durchdringen.
Was liegt hier aber genau vor: eine Distanzierung der Mariologen vom Glaubensdikasterium, oder eine Distanzierung des Glaubensdikasteriums von der Mariologie?
Die Enthüllung verleiht der ohnehin aufgewühlten Debatte um die Zurückweisung der Marientitel Miterlöserin und Mittlerin, die seit vielen Jahrhunderten Eingang in die theologische und Betrachtung gefunden haben, durch das Glaubensdikasterium eine zusätzliche Dimension.
Die Forderungen, Tucho Fernández seines Amtes als Glaubenspräfekt zu entbinden, haben neuen Schwung bekommen. Es gibt sie seit seiner Ernennung durch Franziskus am 1. Juli 2023 und sie sind seither nie mehr verstummt. Jedes Dokument aus dem „Tucho-Dikasterium“, wie es in Rom heißt, wurde zu einem Skandal.
Mit der jüngsten lehrmäßigen Note Mater populi fidelis erreichte der Widerstand eine neue Qualität: Das Urteil über die Ausrichtung des Pontifikats von Leo XIV. wird mit der Person von Kardinal Fernández verknüpft. An der Frage, ob der neue Papst an dem bergoglianischen Glaubenspräfekten festhält oder ihn entläßt, zeige sich, so der Tenor, ob Leo XIV. es wirklich ernst meine mit seinem Anspruch, die Kirche einen und in sich versöhnen zu wollen.
Bisher läßt der regierende Papst keine Absicht erkennen, sich vom Ghostwriter seines Vorgängers trennen zu wollen. Indem Leo XIV. seine Unterschrift unter ein umstrittenes Dokument von Tucho Fernandéz setzte, könnte er sich selbst einen noch kaum absehbaren Schaden zugefügt haben. Seit dem Homo-Spektakel zum Heiligen Jahr im vergangenen September ist viel von dem anfangs bereitwillig gewährten Vertrauensvorschuß verlorengegangen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: TV2000 (Screenshot)

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