(Rom) Polens Bischöfe befinden sich zum Ad-limina-Besuch in Rom. Dabei diskutierten sie mit der Gottesdienstkongregation auch die Umsetzung des Motu proprio Traditionis custodes. Der Erzbischof von Warschau meint, ein Bedauern dort über die Härte des Motu proprio vernommen zu haben.
Die polnischen Bischöfe wurden für den vorgeschriebenen Besuch in vier Gruppen unterteilt, von denen die dritte Gruppe soeben ihren Rombesuch beendete. Bei ihrem Besuch der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung diskutierte sie dort auch das Motu proprio Traditionis custodes und habe dort ein Bedauern zu hören bekommen. Die Gesprächspartner der Bischöfe hätten zudem die Härte von Traditionis custodes eingeräumt. Dies berichtete Kardinal Kazimierz Nycz, der Erzbischof von Warschau, in einem Interview der katholischen polnischen Presseagentur KAI, das gestern veröffentlicht wurde. Zudem wurde den Bischöfen bestätigt, daß Rom eine Anleitung zur Anwendung von Traditionis custodes veröffentlichen wird.
Der Kardinal antwortete auf die Frage, was beim Besuch der Gottesdienstkongregation besprochen wurde, und betonte, daß „die Diskussion über die tridentinische Liturgie sehr interessant“ gewesen sei. Die Bischöfe stellten den Kongregationsvertretern „Fragen, insbesondere zu den Pfarrkirchen, in denen diese Liturgie möglicherweise fortgesetzt werden könnte, sowie zur Ausweitung der Möglichkeit, sie gemäß dem Motu proprio Traditionis custodes zu zelebrieren, falls in Polen in Zukunft ein solcher Bedarf entstehen sollte.“
„Einerseits räumte die Kongregation ein, daß die Angelegenheit zu hart gehandhabt wurde und in Einzelfällen dazu führen könnte, daß jemand die Kirche verläßt, weil seine Bedürfnisse nicht befriedigt wurden, anstatt der Einheit zu dienen. Andererseits wurde die Bereitschaft geäußert, das Motu proprio weit auszulegen, mehr im Sinne des Geistes als im Sinne des Wortlauts des erlassenen Gesetzes. Wir warten auf die versprochenen Leitlinien zu diesem Thema.“
Kardinal Nycz ergänzte, daß der Heilige Stuhl mit Traditionis custodes die Angelegenheit mit der Zelebration des überlieferten Ritus „unter Kontrolle“ bringen wolle, aber „nicht ‚Nein‘ zur tridentinischen Liturgie als solcher“ sage. Der Heilige Stuhl sei „aber vorsichtig, weil sie in einigen Ländern der Welt mit einer antikonziliaren Ideologie verbunden ist, die das Zweite Vatikanische Konzil ablehnt“.
Der Generalverdacht namens „Ideologisierung“, unter den Papst Franziskus den überlieferten Ritus gestellt hat, breitet sich aus, wie die Äußerungen von Kardinal Nycz zeigen. Wer im überlieferten Ritus zelebrieren möchte, Priester, die es bisher nicht taten, oder Neupriester, muß sich laut Traditionis custodes einem Gesinnungstest unterziehen. Dergleichen kannte die Kirche in ihrer Geschichte nur im Zusammenhang mit Häresien. Dieser Vorwurf trifft die Tradition allerdings gerade nicht.
Ob es an der Gottesdienstkongregation tatsächlich eine Art von Schuldgefühlen gibt, weil Traditionis custodes so hart ist, darf hingegen bezweifelt werden, vor allem mit Blick auf die neue Kongregationsspitze. Darauf weist gerade das Beharren hin, es gebe ein angebliches „Problem“, daß das Motu proprio Summorum Pontificum von Benedikt XVI. in einer „ideologisierten Weise verwendet“ worden sei.
Das klingt vielmehr nach Krokodilstränen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL