
Es ist keine Seltenheit, aber doch immer wieder eine Sensation, wenn die sterblichen Überreste von Heiligen bei einer Überprüfung lange nach ihrem Tod unverwest vorgefunden werden. Eine solche Überprüfung, eine kanonische Recognitio, wurde jüngst am Grab der heiligen Teresa von Avila durchgeführt, die am 4. Oktober 1582 in Alba de Tormes bei Salamanca, damals ein Teil des Königreichs Kastilien, verstorben ist.
Die letzte Recognitio ihres Grabes fand 1914 statt. Seither ist der Erhaltungszustand unverändert geblieben. Teresa Sánchez de Cepeda y Ahumada wurde 1515 in Avila geboren. Ihr Großvater väterlicherseits, ein jüdischer Kaufmann, hatte sich mit seiner ganzen Familie taufen lassen und wurde geadelt. Teresas Mutter, Beatriz de Ahumada, entstammte einer angesehenen katholischen Adelsfamilie. Alle neun Brüder Teresas nahmen als Soldaten an spanischen Expeditionen zur Entdeckung Amerikas teil und stießen als Conquistadores bis nach Peru vor. Mehrere von ihnen kamen dabei ums Leben, Juan und Antonio starben sehr jung. Hernando wurde Vize-Gouverneur des Nuevo Reino de Granada. Rodrigo fiel 1557 in Chile im Kampf gegen die Mapuche.
Teresa trat 1535 gegen den Willen ihres Vaters in den Karmel von Avila ein. 1537 legte sie die feierlichen Gelübde ab. Ihr Ordensleben war geprägt von mystischen Erfahrungen, Leiden und innerem Gebet. 1562 wurde sie zur Gründerin des ersten Konvents der Unbeschuhten Karmeliten, die nach der ursprünglichen Ordensregel lebten. Die Reform erfolgte nicht auf dem damals üblichen Rigorismus, sondern Teresas Sanftmut. Zu Lebzeiten konnte sie zahlreiche weitere Klöster gründen und auch einen männlichen Zweig der Teresianischen Karmeliten ins Leben rufen. Papst Gregor XIII. trug dem Rechnung, indem er 1580 die Errichtung einer eigenständigen Ordensprovinz der Teresianischen Karmel erlaubte. 1614 wurde sie selig- und 1622 heiliggesprochen. 1970 wurde Teresa, die seit 1627 Mitpatronin Spaniens ist, als erste Frau zur Kirchenlehrerin erhoben.
Am 28. August wurde Teresas Grab in der Verkündigungsbasilika von Alba de Tormes geöffnet und dabei ihr Leichnam fast 500 Jahre nach ihrem Tod unverwest vorgefunden. Der Generalpostulator des Ordens der Unbeschuhten Karmeliten, P. Marco Chiesa, und der Prior des Klosters von Alba de Tormes, P. Miguel Angel Gonzalez, bestätigten anhand von Bildmaterial, daß der Erhaltungszustand der sterblichen Überreste seit 1914 unverändert ist.
Die Recognitio, ein kanonisches Verfahren zur Öffnung von Särgen und Reliquiaren, wurde dazu verwendet, um mehrere Reliquien zu entnehmen, darunter das Herz, ein Arm und eine Hand, die von einem Team aus Ärzten und Wissenschaftlern untersucht wurden.
Zur Öffnung des Silberschreins der Heiligen sind zehn Grabschlüssel notwendig. Drei werden in Alba de Tormes aufbewahrt, drei vom Herzog von Alba, drei vom Generaloberen in Rom und einer vom spanischen König. Drei dienen zum Öffnen der Außentür, drei zum Öffnen des Marmorgrabmals und die übrigen vier zur Öffnung des Silberschreins.
Die detaillierten Ergebnisse der Untersuchungen durch die Ärzte und Wissenschaftler werden, sobald sie vorliegen, publiziert werden.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL