Ein Kommentar von Giuseppe Nardi
Die katholischen Bischöfe im Osten der Bundesrepublik Deutschland haben einen Appell unterzeichnet, mit dem sie die Bürger davor warnen, die AfD zu wählen. Die Bischöfe Stefan Heße (Hamburg), Heiner Koch (Berlin), Gerhard Feige (Magdeburg), Ulrich Neymeyr (Erfurt), Heinrich Timmerevers (Dresden-Meißen) und Wolfgang Ipolt (Görlitz) haben die bevorstehenden EU-Wahlen und die im Herbst folgenden Landtagswahlen in Brandenburg, Thüringen und Sachsen im Blick. Sie haben damit offensichtlich den Machterhalt der Regierenden im Blick. Haben sie aber auch die Kirche im Blick?
Die sechs Bischöfe unterstellen der AfD, nicht für eine „freie und vielfältige Gesellschaftsordnung auf der Grundlage unserer Verfassung“ einzutreten, woraus sie folgern, daß AfD-Positionen „inakzeptabel“ seien, und rücken sie als Draufgabe gleich in die Nähe der NSDAP.
Die ganze Überlegung ist allerdings ein durchsichtiges, künstliches Konstrukt, nichts anderes als ein dialektisches Wortspiel. Eine sich selbst bewahrheitende Prophezeiung.
Haben die Bischöfe damit eine kirchliche Position vertreten? Sicher nicht.
Sie haben ihre Privatmeinung verkündet und das auf eine ziemlich peinliche und unehrliche Art und Weise, indem sie den Eindruck erwecken, sie würden das im Namen der Kirche tun.
Die sechs Unterzeichner haben nur im Namen ihrer persönlichen Interessen und Privilegien gesprochen. Ihr Appell könnte aus der Propagandaabteilung der Ampel-Regierung bzw. den Wahlkampfzentralen der etablierten Alt-Parteien stammen. Wort für Wort. Die Parteien nehmen es, zumal im Wahlkampf, mit der Wahrheit nicht so genau. Die Bischöfe sollten es aber tun.
Die enge Konkordats-Verbandelung der Kirche mit dem Staat, auf die in solchen Momenten verwiesen wird, ist bekannt, aber nicht das Problem. Die Bischöfe müssen nicht kuschen vor dem Staat, um ihr Geld zu erhalten. Das Hitler-Konkordat – da gibt es wirklich eine Nähe zum NS-Staat und betrifft die Bischöfe und nicht die AfD – ist auch nicht das Kuckucksei, das der Kirche ins Nest gelegt wurde. Die Zahlungen an die Kirche sind, was die wenigsten wissen, Entschädigungen, die der Rechtsstaat für das Unrecht der Enteignung des Kirchengutes im Reichsdeputationshauptschluß von 1803 leistet.
Es ist nicht das Konkordat, es sind die heutigen Bischöfe, die sich in eine bedenkliche Mesalliance mit den Regierenden eingelassen haben. Anstatt ihre Aufgaben zu erfüllen und ihre Eigenständigkeit zu betonen, degradieren sie sich zu Steigbügelhaltern der Mächtigen, die vor Wahlen schnöde Wahlkampfhilfe zu leisten haben und dabei tatsächliche Bedrohungen der freiheitlichen Rechtsordnung übersehen.
Aus kirchlicher Sicht ist die AfD wahrscheinlich die Partei, die objektiv am wenigsten gegen kirchliche Positionen verstößt. Damit ist schon alles über die Parteinahme der unterzeichnenden Bischöfe ausgesagt. Oder erinnert sich jemand an bischöfliche Warnungen und Appelle, jene Alt-Parteien nicht zu wählen, die die Massentötung unschuldiger ungeborener Kinder zur Conditio sine qua non erklärt haben?
Mit ihrem Appell verteidigen die Bischöfe nur ihre persönlichen Privilegien im derzeitigen Machtsystem. Sie wollen dazugehören, am Tisch der Mächtigen sitzen und fürchten mit diesen, deren Machtverlust. Die katholische Kirche ist aber weder eine protestantische noch eine orthodoxe Staatskirche. Sie ist kein Beiwagen der Mächtigen.
Der Appell der Bischöfe ist daher nicht nur unglücklich, sondern objektiv bedenklich und daher schädlich für die Kirche.
Bild: Collage von Wahlkampfplakaten