
Von einer Katholikin
Absichtlicher Vandalismus. So jedenfalls nennt der Initiator einer an den französischen Präsidenten gerichteten Onlinepetition den Plan, Glasfenster aus dem 19. Jahrhunderts aus der Kathedrale Notre-Dame de Paris zu entfernen und durch moderne zu ersetzen.
Am 8. Dezember 2023, genau ein Jahr vor der geplanten Wiedereröffnung der 2019 durch einen Großbrand verwüsteten Kathedrale, hat der französische Präsident Emmanuel Macron während einer Baustellenbesichtigung einen Künstlerwettbewerb zur Schaffung von sechs „zeitgenössischen“ Glasfenstern angekündigt, die in Seitenkapellen von Notre-Dame de Paris Werke des Architekten Viollet-le-Duc ersetzen sollen. Nota bene: ersetzen. Es ist nicht so, daß die Fenster beim Brand 2019 zerstört worden wären. Die Glasfenster aus der Zeit der Restaurierung im 19. Jahrhundert sollen ihren Platz in einem geplanten neuen Museum zur Geschichte von Notre-Dame im ehemaligen Krankenhauskomplex Hôtel-Dieu in unmittelbarer Nähe der Kathedrale finden.
Die neuen Fenster sollen Zeugen des 21. Jahrhunderts in der Kathedrale sein. Schon kurz nach dem Brand von 2019 neigte der Präsident dazu, am gotischen Gotteshaus moderne architektonische Spuren zu hinterlassen, so bei der Wiedererrichtung des den Flammen zum Opfer gefallenen Vierungsturms, was am Widerstand der Franzosen scheiterte. Bereits 2020 brachte die Diözese unter Erzbischof Aupetit im Zusammenhang mit der Innenrestaurierung auch zeitgenössische Fenster ins Gespräch.
Schon damals warnte der Kunsthistoriker und Journalist Didier Rykner, Gründer von „La Tribune de l’Art“, daß die Diözese weiterhin an einer Modernisierung arbeite. Wenig beruhigend sei dabei der Gedanke daran, daß die Umsetzung des II. Vatikanischen Konzils durch die Kirche in Frankreich zur „größten Welle des Vandalismus in religiösen Gebäuden seit der Französischen Revolution“ geführt habe. Auf eine konkrete Anfrage an die Diözese, ob man vorhabe, Kirchenfenster aus dem 19. Jh. durch zeitgenössische zu ersetzen, habe man ausweichend geantwortet, „ein Reflexionsprozeß über die künftige Ausgestaltung der Kathedrale wird von einer pluridisziplinären Mannschaft um den von Msgr. Aupetit abgeordneten Père Gilles Drouin geführt“. Das Ergebnis werde „zum gegebenen Zeitpunkt im Rahmen einer erweiterten Kommunikation präsentiert“.
Dieser Zeitpunkt scheint nun also gekommen.
Bei dem Vorstoß des Präsidenten handelt es sich um eine Art konzertierte Aktion mit Erzbischof Laurent Ulrich, der schon mit seiner Auswahl des neuen modernen liturgischen Mobiliars dem Innenraum der Kathedrale seinen Stempel aufdrückte.
Am 8. Dezember bestätigte der Elysée auf seiner Seite offiziell, mit der Neuschaffung einiger Glasfenster dem Wunsch des Erzbischofs zu entsprechen. Am 14. Dezember wiederum veröffentlichte man auf der Seite des Erzbistums einen Hinweis auf die positive Antwort des Präsidenten vom 8.12.
„[…] der Präsident der Republik, Emmanuel Macron, hat zustimmend auf den Vorschlag von Msgr. Laurent Ulrich, Erzbischof von Paris, geantwortet, in Kapellen auf der Südseite des Kirchenschiffs sechs zeitgenössische Glasfenster einzubauen, die sich in die große Tradition christlicher figurativer Kunst einreihen.“
Seine Bitte hatte Erzbischof Ulrich schon am 4. des Monats in einem an den Präsidenten adressierten Brief formuliert (RTL-Frankreich hatte diesen Brief zwei Tage vor der Baustellenbesichtigung öffentlich gemacht).
Der Erzbischof wünscht sich Fenster mit figurativen Darstellungen als Zeugen unseres Jahrhunderts, des zerstörerischen Brandes und der Restaurierung der Kathedrale.
Doch der Plan findet keineswegs nur Zustimmung, sondern stößt auf großen Widerstand, der sich in einer am 10. Dezember gestarteten Onlinepetition zum Erhalt der Fenster in situ ausdrückt, die schon fast 83 000 Unterzeichner (Stand 15.12.2023) zählt.

Initiator ist der Mahner von 2020, Didier Rykner. Er verweist auf den Denkmalschutz und darauf, daß die angekündigte Veränderung von der Nationalen Kommission für Kulturerbe und Architektur nie untersucht worden sei. Es sei absurd, Kirchenfenster, die den Brand unbeschadet überstanden haben, durch moderne zu ersetzen. Das künstlerisch durchdachte historische Restaurierungswerk Viollet-Le-Ducs nicht zu respektieren, sei keine Restaurierung, sondern „absichtlicher Vandalismus“. Was den Brief betrifft, gibt er unter Verweis auf Informationen einer Journalistin an, der Präsident der Republik, der um die Wünsche des Erzbischofs wisse, habe diesen selbst gebeten, ihm einen solchen Brief zu schreiben. Das läßt sich nicht hinreichend überprüfen. Doch bestimmte Formulierungen könnten als eine Versicherung seitens des Erzbischofs gelesen werden:
„Mit diesem Brief bestätige ich Ihnen das, worüber ich schon mit Ihnen gesprochen habe […]. Ich wünsche tatsächlich, daß der Staat durch Sie eine Serie von sechs Fenstern in Auftrag gibt […]. Ich bestätige auch meine Präferenz für figurative Fenster […].
In einem Interview mit dem Wochenmagazin Le Point begründet die ehemalige Direktorin für das Kulturerbe beim Ministerium für Kultur Maryvonne de Saint-Pulgent, warum das Vorhaben abzulehnen ist:
„In einem solchen Bauwerk fügt man keine zeitgenössische Kunst hinzu, indem man die vorhandene zerstört.“
Die Fenster mit dekorativer geometrischer Bemalung seien von Viollet-le-Duc geschaffen worden, um farblose Glasfenster zu ersetzen, die schon im 18. Jh. anstelle von gotischen Fenstern eingesetzt worden waren. Die Fenster von Viollet-le-Duc seien beim Brand unversehrt geblieben und könnten nicht entfernt werden, ohne geltende Denkmalschutzbestimmungen zu verletzen.
Interessanterweise findet sich auch auf der offiziellen Sonderseite des französischen Ministeriums für Kultur zum Thema Notre-Dame eine ausdrückliche Würdigung der künstlerischen und handwerklichen Qualität der Glasfenster von Viollet-le-Duc:
„Zwischen 1855 und 1865 ließen Jean-Baptiste Lassus und Eugène Viollet-le-Duc Glasfenster schaffen, die so weit wie möglich an den mittelalterlichen Traditionen orientiert sein sollten.“
Das gilt auch für die nun bedrohten nicht figurativen Fenster.
All das jedoch scheint den französischen Präsidenten nicht zu kümmern. Der Wunsch des Erzbischofs ist eine willkommene Unterstützung für Macron, der innenpolitisch stark unter Druck steht durch eine aus dem Ruder laufende Migrationsproblematik und wachsende Unsicherheit im Land insbesondere durch im Namen Allahs begangene Gewalttaten. Für Macron war der Wiederaufbau von Notre-Dame von Anfang an ein Prestigeobjekt, das auch mit seinem Namen verbunden sein sollte.
„Es ist ein wunderbares Bild der Hoffnung und eines Frankreichs, das wiederaufzubauen weiß.“
Den raschen Wiederaufbau hatte er 2019 versprochen, und ihn zur Schicksalsfrage der Nation erklärt. Seine Rhetorik hat rein gar nichts zu tun mit der christlichen Hoffnung und der Bedeutung, die die Wiedereröffnung für Katholiken hat. Notre-Dame brannte zu Beginn der Karwoche 2019, und am 8. Dezember 2024, am Fest der Unbefleckten Empfängnis Mariens, wird die Unserer Lieben Frau geweihte Kathedrale in einer feierlichen Messe ihrer Bestimmung wiedergegeben werden. Seit den während des Brandes in den Straßen gebetenen Rosenkränzen haben Menschen den Wiederaufbau im Gebet begleitet, damit in dem einst zur Ehre Gottes erbauten Gotteshaus wieder die heilige Liturgie des Opfers Jesu Christi und Seiner Auferstehung gefeiert werden kann.
Bild: Wikicommons/Onlinepetition
Erst hat die den Brand fast unbeschadet überstanden. Jetzt zeigt sich, daß die Verantwortlichen die Kirche unrechtmäßig verunstalten wollen. Darunter fällt ebenfalls der Umbau des Altarraumes. Sie wollen die Kirche nicht. Sie wollen die Kirche so wie vorher war, zerstören. Da stellt sich die Frage, ob der Brand von alleine ausgebrochen ist. Viele werden sich so eine Frage stellen und den Brandursachen nochmals genau nachgehen.
Lukas 12,2: „Nichts ist verhüllt, was nicht enthüllt wird, und nichts ist verborgen, was nicht bekannt wird.“