
(Islamabad) Im vergangenen Monat fanden in Pakistan, dem bevölkerungsreichsten islamischen Staat der Welt, zahlreiche Angriffe gegen Kirchen und Häuser von Christen statt. Der Gewaltausbruch eines aufgehetzten muslimischen Mobs ereignete sich im Osten des Landes. Nun wurde die erste katholische Kirche wieder geöffnet und auch die Zelebrationen wurden wiederaufgenommen. Ein mutiger Schritt.
„Ich habe die tägliche Frühmesse in der katholischen Kirche des heiligen Johannes, die während der Welle der Gewalt vom 16. August niedergebrannt worden war, wiederaufgenommen. Wir haben auch die Feier der anderen Sakramente wieder aufgenommen. Ich bin glücklich, und die Gläubigen sind glücklich. Die andere Kirche ist jedoch immer noch unbegehbar und die Pfarrkirche, die dem heiligen Paulus geweiht ist, mit dem Pfarrhaus nebenan, muß ebenfalls noch vollständig gereinigt und restauriert werden“, berichtete Khalid Mukhtar, der Pfarrer in Jaranwala in der Diözese Faisalabad im pakistanischen Punjab, gegenüber dem Missionsnachrichtendienst Fides. Jaranwala stand im Zentrum der Gewaltexzesse im vergangenen August. Am 16. August wurden mindestens 17 Kirchen und fast 100 Häuser von Christen beschädigt. Es gab keine Toten. Wegen des Ausmaßes zählt die Attacke zu den verheerendsten Angriffen gegen die Christen Pakistans.
„Die Regierung unterstützt den Wiederaufbau der Kirchen, die Menschen reparieren ihre Häuser. Es werden kleine Schritte in Richtung Normalität unternommen, aber die Kinder gehen immer noch nicht zur Schule. Und die Menschen sind immer noch traumatisiert und brauchen Hilfe. Wir freuen uns über die vielen Gesten der Solidarität von Christen und Muslimen, die uns Trost spenden“, so der Gemeindepfarrer gegenüber Fides.
Gut 300 der insgesamt etwa 700 katholischen Familien sind auf irgendeine Weise von der Gewalt betroffen. Die Menschen würden „zwischen Müdigkeit und Hoffnung schwanken“, so Pfarrer Mukhtar.
Die polizeilichen Ermittlungen zu den Hintergründen der Gewalt dauern an. Verschiedene Fährten werden verfolgt, auch die einer gezielten Provokation, damit das berüchtigte Anti-Blasphemiegesetz gegen eine christliche Familie angewandt wird. Die betroffenen Christen wurden anfangs verhaftet und angeklagt. Sie wurden dann wieder freigelassen. Derzeit befinden sich drei mögliche Anstifter der Unruhen in Haft. Auch sie sind Christen. Während der Unruhen waren rund 200 Muslime wegen Vandalismus vorübergehend festgenommen worden. Pfarrer Mukhtar will das Ergebnis der Ermittlungen abwarten. Sollte sich tatsächlich bestätigen, daß diese drei Christen den islamischen Mob gezielt auf eine andere christliche Familie hetzten, wäre das „sehr ernst“. Vorerst gelte es aber, Zurückhaltung zu wahren.
Nach den geltenden Bestimmungen (drei Artikel des Strafgesetzbuchs) kann in Pakistan eine Person, die sich der Beleidigung des Islams schuldig macht, zu einer lebenslangen Haftstrafe oder zum Tod verurteilt werden. Oft reichen schon einfache Anschuldigungen aus, um Gewalt und Lynchjustiz zu provozieren.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Catholics in Pakistan (Screenshot)