Das dritte Geheimnis von Fatima im Licht der Heiligen Schrift

Die drei Farben des geistlichen Gemäldes


Engel "sammelten das Blut der Märtyrer"
Engel "sammelten das Blut der Märtyrer"

Von Bru­der Gio­van­ni Maria

Anzei­ge

Die­se Annä­he­rung an den umstrit­ten­sten Text der Offen­ba­rung, die den drei Hir­ten­kin­dern von Fati­ma vor mehr als hun­dert Jah­ren zuteil wur­de, beruht auf der Hypo­the­se, dass die Autorin, die seli­ge Jung­frau Maria, sich in ihrer Spra­che wie eine wah­re Mei­ste­rin der Theo­lo­gie und Spi­ri­tua­li­tät mit Begrif­fen aus der Hei­li­gen Schrift aus­ge­drückt hat. Um das in der Bot­schaft ent­hal­te­ne Geheim­nis zu ver­ste­hen, muss man die drei Far­ben, die die­ses geist­li­che Gemäl­de beherr­schen, klar erken­nen: das schein­bar wei­ße Schwarz des Bischofs, das unbe­fleck­te Weiß des Hei­li­gen Vaters und das öster­li­che Rot des Blu­tes der Mär­ty­rer, mit dem ihre Gewän­der getränkt sind (vgl. Offb 19,13).

Es folgt das Drit­te Geheim­nis von Fati­ma in der offi­zi­el­len Über­set­zung des Vatikans:

„Und wir sahen in einem unge­heu­ren Licht, das Gott ist:

„etwas, das aus­sieht wie Per­so­nen in einem Spie­gel, wenn sie davor vor­über­ge­hen“ einen in Weiß geklei­de­ten Bischof „wir hat­ten die Ahnung, daß es der Hei­li­ge Vater war“.

Ver­schie­de­ne ande­re Bischö­fe, Prie­ster, Ordens­män­ner und Ordens­frau­en einen rau­hen Berg hin­auf­stei­gen, auf des­sen Gip­fel sich ein gro­ßes Kreuz befand aus rohen Stäm­men wie aus Kork­ei­che mit Rinde.

Bevor der hei­li­ge Vater dort ankam, ging er durch eine gro­ße Stadt, die halb zer­stört war und halb zit­ternd mit wan­ken­dem Schritt, von Schmerz und Sor­ge gedrückt, bete­te er für die See­len der Lei­chen, denen er auf sei­nem Weg begeg­ne­te. Auf dem Gip­fel des Ber­ges ange­kom­men, wur­de er vor dem gro­ßen Kreuz in die Knie gezwun­gen und von einer Grup­pe von Sol­da­ten getö­tet, die mit Feu­er­waf­fen und Pfei­len auf ihn schossen.

Genau­so star­ben nach und nach die Bischö­fe, Prie­ster, Ordens­leu­te und ver­schie­de­ne welt­li­che Per­so­nen, Män­ner und Frau­en unter­schied­li­cher Klas­sen und Positionen.

Unter den bei­den Armen des Kreu­zes waren zwei Engel, ein jeder hat­te eine Gieß­kan­ne aus Kri­stall in der Hand. Dar­in sam­mel­ten sie das Blut der Mär­ty­rer auf und tränk­ten damit die See­len, die sich Gott näherten.“

(Anmer­kung: die unter­stri­che­nen Tei­le sind zugun­sten einer wört­li­chen Über­set­zung aus­ge­bes­sert worden.)

Wel­che Ele­men­te ent­hält die­se Visi­on, die wie ein Gemäl­de wirkt? – Sie ist umge­ben von einem gol­de­nen Rah­men, näm­lich dem der Herr­lich­keit „Got­tes“: Gott als all­mäch­ti­ger und all­wis­sen­der Urhe­ber der Geschich­te, und die „Engel“ im Dienst des Pro­jekts der gött­li­chen Vor­se­hung. Ihr Ein­grei­fen soll den Aus­er­wähl­ten hel­fen, den Herrn Jesus nach­zu­ah­men und das Kreuz der Mit­er­lö­sung zu tra­gen für ihre Brü­der und Schwe­stern.
In der Visi­on gibt es zwei Schlüs­sel­fi­gu­ren: Zunächst erscheint der „weiß­ge­klei­de­te Bischof“, mit dem wir die „gro­ße Stadt“, das „gro­ße Kreuz“, den „rau­hen Berg“ und schließ­lich das „Töten“ durch „eine Grup­pe von Sol­da­ten“ in Ver­bin­dung brin­gen müs­sen.
Dann erscheint der „Hei­li­ge Vater, halb zit­ternd mit wan­ken­dem Schritt, von Schmerz und Sor­ge gedrückt“, beglei­tet von ver­schie­de­nen Ver­tre­tern der Kir­che, die mit ihm den „rau­hen Berg“ bestei­gen, um als „Mär­ty­rer“ getö­tet zu wer­den. Die­ser zen­tra­le Teil des Gemäl­des der Got­tes­mut­ter beschreibt die letz­te Pas­si­on der Kir­che: Er beginnt mit den ver­schie­de­nen Grup­pen, die die Katho­li­sche Kir­che reprä­sen­tie­ren, geht zum Hei­li­gen Vater als zu sei­nem Schwer­punkt und kehrt zurück zu den Aus­er­wähl­ten, den Gläu­bi­gen der wah­ren Kir­che. Hier wird die letz­te escha­to­lo­gi­sche Schlacht beschrie­ben, in der sich „Nati­on gegen Nati­on und Reich gegen Reich“ (Mt 24,7) erheben.

Was sind die Merk­ma­le der bei­den Haupt­fi­gu­ren? – Auf der einen Sei­te haben wir einen König, den Hei­li­gen Vater (der Papst ist ein Mon­arch) mit sei­nem Reich (den Gläu­bi­gen), der, dem Evan­ge­li­um Jesu fol­gend, dem Pila­tus ant­wor­te­te: „Mein Reich ist nicht von die­ser Welt“ (Joh 18,36).
Und wir haben einen ande­ren König, den weiß geklei­de­ten Bischof mit sei­nem Reich („eine Grup­pe von Sol­da­ten“), der die Gläu­bi­gen in den Mär­ty­rer­tod führt. In Anleh­nung an Luzi­fers „Non ser­viam“ (Ich wer­de nicht die­nen) zu Beginn der Zeit, star­ten sie ein Neu­es Pro­jekt für die Kir­che und die Mensch­heit, das eine Neue Reli­gi­on für alle vor­sieht, die Neue Welt­ord­nung, d. h. die „gro­ße Stadt“ und das „gro­ße Kreuz“, wobei sie das Prin­zip der Täu­schung und der Umkeh­rung der Wahr­heit anwen­den, um die­ses Ziel zu errei­chen.
Den Begriff „gro­ße Stadt“ hat die Mut­ter Got­tes aus Gen 10,12 ent­lehnt, wo das pro­me­t­hei­sche Pro­jekt Nim­rods, des berühm­ten Erbau­ers des Turms von Babel, beschrie­ben wird, aber auch aus den Kapi­teln 11, 16 und 18 der Offen­ba­rung („…Baby­lon, die gro­ße Stadt, wird zer­stört wer­den, und nie­mand wird sie mehr fin­den“ Offb. 18,21), immer ver­stan­den als Gegen­pro­jekt zur Stadt Got­tes. Die­je­ni­gen, die dort woh­nen, sind die „See­len der Lei­chen“, leben­de Kada­ver, als ob sie Zom­bies wären, Men­schen, die gei­stig tot sind. Das „gro­ße Kreuz“ ist ein Begriff, den die Got­tes­mut­ter kre­iert hat in Ana­lo­gie zum Begriff „gro­ße Stadt“, da es das Gegen­teil des Kreu­zes Chri­sti ist, das heißt, es ist groß in sei­ner Per­ver­si­tät und im Abwei­chen vom wah­ren Lehr­amt der Katho­li­schen Kir­che. Das gro­ße Kreuz und die gro­ße Stadt zusam­men erzwin­gen eine Kul­tur des Todes (Johan­nes Paul II.) ohne Alter­na­ti­ve, die jeden zwingt, sich zu beu­gen. Im Text mani­fe­stiert sich die­se Kul­tur sowohl in den „See­len der Lei­chen“ als auch in den „Mär­ty­rern“, die auf den Höhen von Ba-al geop­fert wer­den (Jer 32,35).
Die Kor­rek­tur der offi­zi­el­len Über­set­zung von„pro­stra­do de joel­hos“ ist der Schlüs­sel zum Ver­ständ­nis des eigent­li­chen Dra­mas. Das heißt auf Deutsch eben „in die Knie gezwun­gen“, und nicht „er knie­te sich nie­der“, was auf Por­tu­gie­sisch „se ajo­el­hou“ hei­ßen wür­de. Aus dem Text geht ein­deu­tig her­vor, dass der Papst gewalt­sam auf die Knie ernied­rigt wur­de. Haben wir hier nicht die per­fek­te Beschrei­bung einer fana­ti­schen Hin­rich­tung, die das Opfer erst ernied­ri­gen muss, bevor sie es tötet?
So wie die „gro­ße Stadt“ und das „gro­ße Kreuz“ das Gegen­teil der Stadt Got­tes und des Kreu­zes Chri­sti sind, so ist der „in weiß geklei­de­te Bischof“ das Gegen­teil des wah­ren Hei­li­gen Vaters. Ist die Ana­lo­gie zu Mat­thä­us 7:15 nur ein Zufall, wo Jesus sagt: „Hütet euch vor den fal­schen Pro­phe­ten, die in Schafs­klei­dern (weiß!) zu euch kom­men, inwen­dig aber rei­ßen­de Wöl­fe sind“? Er wird auf unmensch­li­che und grau­en­vol­le Wei­se als jemand beschrie­ben, den man wie„in einem Spie­gel“ sieht, als ob er nicht in sich selbst exi­stier­te, son­dern als Pro­jek­ti­on einer ande­ren Rea­li­tät. Dazu lesen wir in Offb 13,14f: „Und es wur­de dem Tier auch gege­ben, das Bild des Tie­res zu bele­ben, so dass das Bild sogar spre­chen und alle töten konn­te, die das Bild des Tie­res nicht anbe­te­ten“ (Vul­ga­ta-Ver­si­on).

Der „rau­he Berg“ ist die Kult­stät­te des „gro­ßen Kreu­zes“. Der Herr nennt dies „den Greu­el der Ver­wü­stung an hei­li­ger Stät­te“ (Mt 24,15). Jere­mia sagt zu die­sem The­ma: „Sie haben die­sen Ort mit unschul­di­gem Blut erfüllt; sie haben den Baa­len Höhen gebaut…“ (Jer 19,4f). Jesa­ja hin­ge­gen sagt dazu: „Jeder Berg und Hügel wird ernied­rigt wer­den … und was rauh ist, soll zu ebe­nen Pfa­den wer­den.“ (Jes 40,4 Ver­si­on Vulgata).

Der Hei­li­ge Vater und die Ver­tre­ter der Kir­che besit­zen alle Eigen­schaf­ten der Hei­lig­keit. Sie ahmen Chri­stus nach auf dem Kreuz­weg und mit Jesus beten sie für die See­len. Wie Jesus erlei­den sie den Mär­ty­rer­tod und wer­den als Men­schen­op­fer auf dem Altar der neu­en Welt­re­li­gi­on dar­ge­bracht. Mir kommt das Kapi­tel 11 der Offen­ba­rung in den Sinn, wo die Zwei Zeu­gen für ihre Treue zu Chri­stus ster­ben: „Und wenn sie ihr Zeug­nis erfüllt haben, wird das Tier, das aus der Tie­fe auf­steigt, mit ihnen Krieg füh­ren und sie über­win­den und sie töten. Ihre Leich­na­me wer­den auf dem Platz der gro­ßen Stadt aus­ge­stellt wer­den, die sym­bo­lisch Sodom und Ägyp­ten genannt wird, wo auch ihr Herr gekreu­zigt wur­de“ (Offb 11,7f).
Die Visi­on endet mit den „Zwei Engeln“, die das Blut der Mär­ty­rer auf­fan­gen. So wie sie das Blut Chri­sti auf­fin­gen, das am Kreuz für unse­re Erlö­sung ver­gos­sen wur­de, was zum Tri­umph der Auf­er­ste­hung geführt hat, so scheint das Blut die­ser Mär­ty­rer den Tri­umph des Unbe­fleck­ten Her­zens Mari­ens anzu­kün­di­gen, wie es in Gene­sis 3,15 vor­aus­ge­sagt wird: „Ich will Feind­schaft set­zen zwi­schen dir und dem Wei­be, zwi­schen dei­nem Samen (Reich) und Ihrem Samen; die­ser wird dir den Kopf zertreten…“.

Im Jahr 2000 hat­te der dama­li­ge Kar­di­nal Joseph Ratz­in­ger gesagt: „Zual­ler­erst müs­sen wir mit Kar­di­nal Sod­a­no fest­stel­len: … die Ereig­nis­se, auf die im drit­ten Teil des „Geheim­nis­ses“ von Fati­ma Bezug genom­men wird, schei­nen jetzt der Ver­gan­gen­heit anzu­ge­hö­ren“. Im Gegen­satz dazu erklär­te der­sel­be Joseph Ratz­in­ger, dies­mal als Papst, am 13. Mai 2010 auf der Espla­na­de des Fati­ma-Hei­lig­tums: „Es täuscht sich, wer denkt, dass die pro­phe­ti­sche Sen­dung von Fati­ma been­det ist.“ – Viel­leicht hilft uns die­se bibli­sche Betrach­tung des Drit­ten Geheim­nis­ses zu beur­tei­len, ob die pro­phe­ti­sche Sen­dung von Fati­ma tat­säch­lich schon been­det ist oder ob sie sich nicht gera­de vor unse­ren Augen erfüllt. Um die­se Betrach­tung des gran­dio­sen Gemäl­des der Got­tes­mut­ter nicht all­zu sehr in die Län­ge zu zie­hen, wol­len wir sie an die­ser Stel­le been­den, auch wenn es ange­sichts der Bedeu­tung und Dra­ma­tik der Bot­schaft eine noch tie­fe­re Betrach­tung verdiente.

Bild: Alvi­se Viva­ri­ni: Kru­zi­fix mit Engeln, die das Blut Christ sam­meln, um 1475 (Wiki­com­mons)

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