(Rom) „Wenn wir starre Vorschläge sehen, sollten wir sofort denken: Das ist ein Götze, das ist nicht Gott, unser Gott ist nicht so.“ Das ist einer der zentralen Sätze, die Papst Franziskus gestern bei seiner Predigt im Petersdom sagte. Das Kirchenoberhaupt predigte zum „Sonntag des Wortes Gottes“. Die Wiedergabe erfolgte nach dem italienischen Original. Die offizielle deutsche Übersetzung des Heiligen Stuhls wird weiter unten zitiert. Neunmal gebrauchte Franziskus im Original das Adjektiv „rigido“ und das Substantiv „rigidità“. In der deutschen Übersetzung sind diese Stellen mit „Härte“, „Verhärtung“, „starr“ und „rigid“ wiedergegeben.
In den vergangenen Jahren kam Franziskus, mit einer Häufung in jüngster Zeit, wiederholt auf „Starrheit/Rigidität“ zu sprechen. Läßt diese Häufung vermuten, daß sich das Kirchenoberhaupt ein Instrument zurechtlegt, um Stimmen, die als Reaktion auf eine von ihm beabsichtigte Aktion „Unruhe stiften“, durch den Vorwurf der „Starrheit“ und „Rigidität“ zu neutralisieren?
Der entsprechende Vorwurf gegenüber der Tradition wurde von ihm erstmals bereits im Juni/Juli 2013 vorgebracht.
Gestern sagte das Kirchenoberhaupt:
„Brüder und Schwestern, fragen wir uns: Tragen wir dieses befreiende Gottesbild in unserem Herzen, den nahen Gott, den mitleidsvollen Gott, den zärtlichen Gott. Oder sehen wir ihn als strengen Richter, als rigiden Zöllner unseres Lebens?“
„In dem Augenblick, wo in der Kirche die Versuchung besteht, sich zu verhärten, was eine Perversion ist, und man glaubt, daß Gott zu finden bedeutet, härter zu werden, mit mehr Normen, mehr gerechten Dingen, mehr klaren Dingen … So ist es nicht. Wenn wir Ansätze der Verhärtung sehen, wird uns sofort klar: Das ist ein Götze, das ist nicht Gott. Unser Gott ist nicht so.“
„Schwestern und Brüder, das Wort Gottes verwandelt uns – die Verhärtung vermag nicht, uns zu verwandeln, sie verbarrikadiert uns –; das Wort Gottes verwandelt uns, indem es die Seele wie ein Schwert durchdringt (vgl. Hebr 4,12).“
„Ich habe von der Verhärtung gesprochen, von jenem modernen Pelagianismus, der eine der Versuchungen der Kirche ist.“
„Laßt uns das Wort Gottes wieder ins Zentrum der Pastoral und des kirchlichen Lebens stellen! So werden wir von jedem starren Pelagianismus, von jeder Verhärtung entbunden sein. Und wir werden von der Illusion einer Spiritualität befreit, die dich ‚in den Orbit‘ setzt, ohne dich um die Brüder und Schwestern zu kümmern. Setzen wir das Wort Gottes wieder in die Mitte unserer Seelsorge und ins Zentrum des Lebens der Kirche. Hören wir auf das Wort Gottes, nehmen wir es zum Beten und setzen wir es in die Praxis um.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va (Screenshot)