Wer will die Abschaffung des Privateigentums?

Die Phantasien der Mächtigen, die von einer vorgelenkten Masse begrüßt werden

Machtspiele: Acht Prognosen des Weltwirtschaftsforums für das Jahr 2030. Oder: Wie wenige mit den vielen spielen.
Machtspiele: Acht Prognosen des Weltwirtschaftsforums für das Jahr 2030. Oder: Wie wenige mit den vielen spielen.

Von Tom­ma­so Scan­dro­glio*

Das Welt­wirt­schafts­fo­rum (WEF) in Davos hat vor fünf Jah­ren einen Wer­be­spot mit dem Titel „8 Pro­gno­sen für die Welt im Jahr 2030″ ver­öf­fent­licht. Die­se Vor­her­sa­gen, die laut den Her­aus­ge­bern alle posi­tiv sei­en, wur­den von Mit­glie­dern der Glo­bal Future Coun­cils des Welt­wirt­schafts­fo­rums getrof­fen. Auf der WEF-Platt­form wer­den die acht 2030-Zie­le mit einer Aus­sa­ge ein­ge­lei­tet, die viel über die ideo­lo­gi­sche Aus­rich­tung des WEF aus­sagt: „Wie die Sie­ge von Brexit und Donald Trump zei­gen, ist es nicht ein­fach, auch nur die unmit­tel­ba­re Zukunft vor­her­zu­sa­gen“. Als woll­ten sie sagen: Die Mäch­ti­gen der Welt hat­ten beschlos­sen, daß das Ver­ei­nig­te König­reich in Euro­pa blei­ben und jemand wie Trump nie­mals im Wei­ßen Haus sit­zen soll­te, aber die Din­ge haben sich unglaub­li­cher­wei­se anders ent­wickelt. Das dür­fe nie wie­der pas­sie­ren! Des­halb ergreift das WEF Maß­nah­men und setzt Zie­le, die unbe­dingt, ohne Wenn und Aber, erreicht wer­den müs­sen. Rück­blickend läßt sich erken­nen, wie kon­kret auf ihre Umset­zung hin­ge­ar­bei­tet wird.

Die Zie­le sind:

  • Fest­set­zung eines Prei­ses für CO2 (die berüch­tig­te Steu­er auf die Luft, die wir ein­at­men, wird bald Realität);
  • Nie­der­gang der US-Hege­mo­nie zugun­sten einer Koali­ti­on eini­ger weni­ger Staaten;
  • Bevor­zu­gung der häus­li­chen Pfle­ge gegen­über der Krankenhauspflege;
  • Ver­rin­ge­rung des Fleischkonsums;
  • glo­ba­le Neu­ord­nung zugun­sten der Masseneinwanderung;
  • „(…) die Wer­te, auf denen der Westen auf­ge­baut ist, wer­den auf die Pro­be gestellt“ (d. h. die letz­ten Reste des kul­tu­rel­len Wider­stands auf der Grund­la­ge der Sym­bio­se aus klas­si­scher grie­chi­scher Phi­lo­so­phie, Römi­schem Recht und ins­be­son­de­re dem Chri­sten­tum, wer­den ausgelöscht); 
  • Besie­de­lung des Pla­ne­ten Mars (sic).

Jeder ein­zel­ne Punkt wür­de eine Ana­ly­se im Aus­maß einer eige­ner Dok­tor­ar­beit ver­lan­gen, aber aus Platz­grün­den wer­den wir uns hier auf das ach­te Ziel kon­zen­trie­ren, das in Wirk­lich­keit das erste auf der Liste ist und wie folgt dar­ge­stellt wird:

  • „Alle Pro­duk­te wer­den zu Dienst­lei­stun­gen. Ich besit­ze nichts. Ich besit­ze kein Auto. Ich besit­ze kein Haus. Ich besit­ze weder Gerä­te noch Kleidung.“

So schreibt es die däni­sche Abge­ord­ne­te Ida Auken1. Ein­kau­fen ist in der Stadt des Jah­res 2030, deren Ein­woh­ner sau­be­re Ener­gie bezie­hen und sich das, was sie brau­chen, auf Abruf lei­hen, nur mehr eine fer­ne Erin­ne­rung. Die ent­spre­chen­de Behaup­tung in dem erwähn­ten Wer­be­spot klingt so:

„Sie wer­den nichts besit­zen und glück­lich sein“.

Dies steht über dem Gesicht eines jun­gen Man­nes mit einem stum­men Lächeln geschrie­ben. Die Mäch­ti­gen der Erde wol­len also das Pri­vat­ei­gen­tum abschaf­fen, und wir wer­den alle glück­lich dar­über sein. 

Doch eini­ge kur­ze Über­le­gun­gen dazu.

Die­ses Ziel hat eine ein­deu­tig kom­mu­ni­sti­sche Matrix: Die Abschaf­fung des Pri­vat­ei­gen­tums ist im Den­ken der Theo­re­ti­ker des rei­nen Kom­mu­nis­mus ein Muß. Alle Güter wer­den Gemein­schafts­ei­gen­tum, sodaß sich jeder, wie das WEF sagt, das lei­hen wird, was er braucht. Kei­ne Ware wird im Besitz von irgend­je­man­dem sein. Pro­duk­te als käuf­li­che Waren wer­den ver­schwin­den und zu Dienst­lei­stun­gen wer­den: So wie ich einen Zug benut­ze, um mich fort­zu­be­we­gen, aber der Zug nicht mir gehört, so wer­de ich ein Auto benut­zen, um mich fort­zu­be­we­gen, aber das Auto gehört mir nicht. Das Tei­len wird uni­ver­sell, es betrifft jeden und gene­rell, d. h. es betrifft alle Güter.

Das ist ein Fron­tal­an­griff auf das Natur­recht und das gött­li­che Recht, die dem Ein­zel­nen das Recht auf Pri­vat­ei­gen­tum zuge­ste­hen. Auf die­se Wei­se nimmt der Staat das Eigen­tum der Bür­ger in Besitz und ver­wal­tet unser aller per­sön­li­che Frei­heit auf eine noch durch­drin­gen­de­re und erdrücken­de­re Wei­se als bis­her. Und nicht nur das: Die Mit­glie­der des WEF sagen vor­aus, daß wir uns gegen die­se nicht mehr pro­le­ta­ri­sche, son­dern staat­li­che Ent­eig­nung nicht auf­leh­nen, son­dern davon begei­stert sein wer­den. Für die­se Herr­schaf­ten ist Eigen­tum offen­sicht­lich eine Schlin­ge um den Hals, ein ersticken­des Band, ein Zwang, der nur Kum­mer und zwi­schen­mensch­li­che Kon­flik­te mit sich bringt. Las­sen Sie uns, sagt das WEF, also statt­des­sen zum glück­li­chen Natur­zu­stand zurück­keh­ren, in dem nie­mand etwas besitzt, weil es kei­ne Geset­ze zur Eigen­tums­re­ge­lung mehr gibt, mit der klei­nen Ein­schrän­kung, daß der Staat sich von der Wie­ge bis zur Bah­re um uns „küm­mert“, falls man es auf natür­li­che Wei­se so weit schafft.

Das ist letzt­lich nichts Neu­es: Es ist das jako­bi­ni­sche Auf­klä­rungs­den­ken, das den Besit­zen­den das Eigen­tum gewalt­sam ent­zo­gen und sei­ne kul­tu­rel­len Wur­zeln im eng­li­schen Empi­ris­mus des 16. Jahr­hun­derts hat. Man den­ke an den Phi­lo­so­phen Tho­mas Hob­bes (1588–1679), der in sei­nem Werk De Cive den Men­schen in einem Natur­zu­stand zeich­net als ein Sub­jekt, das poten­zi­ell das Recht auf alles hat. Ein abso­lu­tes Recht. Einen Wil­len zur Macht, der sich nicht nur im Recht auf Eigen­tum mani­fe­stiert, son­dern auch und vor allem im Recht auf ein fried­li­ches und ruhi­ges Leben. Die Mög­lich­keit zu haben und zu tun, was man will, führt jedoch unwei­ger­lich zu einem glo­ba­len Kon­flikt: Mein Recht, das abso­lut sein will, stößt auf die Gren­ze im Recht des Näch­sten, das den­sel­ben Abso­lut­heits­an­spruch gel­tend macht. Die­ser Kon­flikt kann nur durch die Pote­stas des Staa­tes ver­mie­den wer­den, die Zwangs­wir­kun­gen erzeugt. Der Preis, der für die­sen staat­li­chen Schutz zu zah­len ist, besteht dar­in, daß jeder sei­ne per­sön­li­chen Rech­te in die Hän­de eines Prin­ceps abgibt, eines Für­sten, der so zum Levia­than wird, einer Figur, die den Hegel­schen Staat als ober­ste und abso­lu­te mora­li­sche Instanz vor­weg­nimmt. Wer aber ist der Prin­ceps? Wer übt die Macht im Staat aus? Wer garan­tiert das All­ge­mein­wohl und kei­ne Grup­pen­in­ter­es­sen, viel­leicht die einer klei­nen selbst­er­nann­ten Eli­te?

Die Ein­la­dung, die in Zukunft zu einem ech­ten Zwang wer­den wird, besteht also dar­in, das Recht auf Eigen­tum an die Staa­ten abzu­tre­ten, um so ein sor­gen­frei­es Leben füh­ren zu kön­nen: Das wird die Andock­stel­le für das gesell­schafts­po­li­ti­sche Phä­no­men sein, das als „Hap­py Degrowth“ bekannt­ge­macht wird. Eine Art von all­ge­mei­ner und erzwun­ge­ner Armut, die uns gelas­se­ner machen soll.

Es gibt min­de­stens zwei Bewei­se dafür, daß die von den gelenk­ten Mas­sen gewünsch­te frei­wil­li­ge Ent­eig­nung Wirk­lich­keit wer­den wird. Seit fast zwei Jah­ren muß die Welt­be­völ­ke­rung auf­grund der aus­ge­ru­fe­nen Pan­de­mie mehr oder weni­ger star­ke Ein­schrän­kun­gen der per­sön­li­chen Frei­heit hin­neh­men. In eini­gen Fäl­len erschei­nen die­se Maß­nah­men gerecht­fer­tigt, in ande­ren sind sie unan­ge­mes­sen. Doch selbst im letz­te­ren Fall unter­stützt die Mehr­heit der Gemein­schaft den Ent­zug der per­sön­li­chen Frei­heit still­schwei­gend, ein Teil sogar enthu­sia­stisch, und schlüpft in die Rol­le des Ver­fol­gers von jenen, die sich nicht fügen. Der Feind „des Vol­kes“ muß gejagt und ver­ur­teilt werden.

Eine ähn­li­che Dyna­mik fin­det bei Umwelt­fra­gen statt: Die Men­schen ver­zich­ten auf Pro­duk­te, die weni­ger kosten, zugun­sten von teu­re­ren und im all­ge­mei­nen weni­ger lei­stungs­fä­hi­gen Pro­duk­ten, die aber als green ein­ge­stuft wer­den. Auch in die­sem Fall sind die Men­schen begei­stert, auf Pro­duk­te zu ver­zich­ten, weil sie dadurch einem angeb­lich höhe­ren ethi­schen Wert folgen.

Das Sze­na­rio der nahen Zukunft wird also das einer Mas­se von frei­wil­lig armen Men­schen sein, die froh dar­über sind und für die es kein Schwert braucht, um sie davon zu über­zeu­gen, ihre Güter auf­zu­ge­ben, son­dern nur die Über­zeu­gungs­kraft der Mas­sen­me­di­en. Die Bür­ger wer­den schwanz­we­delnd gehor­chen, weil sie ger­ne gehor­chen. Das ist der Höhe­punkt des Tota­li­ta­ris­mus, der nicht mehr hart und blu­tig, son­dern weich und wohl­klin­gend sein wird. Aldous Hux­ley, Autor von „Schö­ne, neue Welt“, schrieb 1932:

„Die per­fek­te Dik­ta­tur wird das Aus­se­hen einer Demo­kra­tie haben, ein Gefäng­nis ohne Mau­ern sein, aus dem die Gefan­ge­nen nicht im Traum dar­an den­ken, zu ent­kom­men. Ein System der Skla­ve­rei, in dem die Skla­ven durch Kon­sum und Unter­hal­tung ihre Skla­ve­rei lie­ben werden.“

*Tom­ma­so Scan­dro­glio, Rechts­phi­lo­soph und Publizist

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Cor­ri­spon­den­za Romana


1 Ida Auken, Jg. 1978, evan­ge­lisch-luthe­ri­sche Theo­lo­gin, ent­stammt einer gut ver­netz­ten Poli­tik­er­fa­mi­lie; die Toch­ter eines evan­ge­li­schen Pastors und Sozi­al­de­mo­kra­ten und einer EU-Par­la­ments­ab­ge­ord­ne­ten der links­ra­di­ka­len Sozia­li­sti­schen Volks­par­tei (SF) ist seit 2007 Mit­glied des däni­schen Par­la­ments, zunächst wie ihre Mut­ter für die links­ra­di­ka­le SF, eine Abspal­tung der Kom­mu­ni­sti­schen Par­tei Däne­marks, dann ab 2014 für die „grü­ne­re“ links­li­be­ra­le Radi­ka­le Lin­ke, die im EU-Par­la­ment der libe­ra­len Frak­ti­on ange­hört, und seit 2021 für die Sozi­al­de­mo­kra­ten. Sie hat das gesam­te lin­ke Par­tei­en­spek­trum durch­lau­fen. Von 2011 bis 2014 war sie als SF-Ver­tre­te­rin in der dama­li­gen Links­re­gie­rung Umwelt­mi­ni­ste­rin. Ihr Onkel war sozi­al­de­mo­kra­ti­scher Par­la­ments­ab­ge­ord­ne­ter, Vor­stands­mit­glied der Däni­schen Natio­nal­bank und zwi­schen 1977 und 2001 vie­le Jah­re Arbeits‑, Umwelt- und Ener­gie­mi­ni­ster sowie Vize­prä­si­dent der Sozia­li­sti­schen Inter­na­tio­na­le. Der Spre­cher der demo­kra­ti­schen Abge­ord­ne­ten im US-Con­gress hielt an sei­nem Grab die Toten­re­de. 2016 schrieb Auken für das Welt­wirt­schafts­fo­rum (WEF) den Bei­trag „Will­kom­men im Jahr 2030. Ich besit­ze nichts, habe kei­ne Pri­vat­sphä­re – und das Leben war nie bes­ser“.

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1 Kommentar

  1. „Alle Pro­duk­te wer­den zu Dienst­lei­stun­gen. Ich besit­ze nichts. Ich besit­ze kein Auto. Ich besit­ze kein Haus. Ich besit­ze weder Gerä­te noch Kleidung.“
    Das Ziel ist die­ses Gebot unse­res Herrn und Gottes.
    Du sollst nicht begeh­ren dei­nes Näch­sten Hab und Gut.
    „Ver­rin­ge­rung des Fleischkonsums“
    Wir sol­len das Tier das am Ende der Zei­ten auf­tre­ten wird gnä­dig stim­men und kein Fleisch mehr essen.
    Der Vater hat für sei­nen ver­lo­re­nen Sohn die besten Och­sen geschlach­tet als er heim­ge­kehrt war.
    „Besie­de­lung des Pla­ne­ten Mars (sic).“
    Ich den­ke das die Höl­le der größ­te Besied­lungs­ort wird denn man sich vor­stel­len kann.
    Per Mari­am ad Christum,

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