
(Rom) Zum Jahresende suchen die internationalen Presseagenturen das Bild des Jahres. Es geht um ein Bild, aufgenommen von einem der zahlreichen Fotografen, die für die Agenturen arbeiten, das aussagestark für das zu Ende gehende Jahr steht. Drei große Agenturen, Reuters, AP und AFP, bestimmen weltweit, welche Nachrichten wichtig sind und auf welche Weise die Menschen sie erfahren – oder auch nicht.
Unter den Aufnahmen, die AFP in die engere Auswahl nahm, ist das Bild des Fotografen Fabrice Coffrini vom 3. Mai 2020. Es zeigt das Langhaus der Basilika im schweizerischen Neuenburg (Neuchâtel). Im Mittelgang steht Msgr. Vincent Marville. Wegen der Corona-Beschränkungen brachte er Bilder von Pfarrangehörigen an den leeren Kirchenbänken an. Als das Foto aufgenommen wurde, hatte die Schweiz die Corona-Maßnahmen bereits zu lockern begonnen, aber die öffentlichen Gottesdienste blieben weiter untersagt. Auch das ist nur eines von vielen Paradoxa, die diese seltsame „Pandemie“ prägen.
Die AFP-Bildlegende lautet:
„Abbé Vincent Marville steht am 3. Mai 2020 im Mittelgang der Basilika Neuchatel und zeigt die Porträts von 400 Gemeindemitgliedern, die aufgrund des durch das neuartige Coronavirus verursachten COVID-19-Ausbruchs nicht an der Messe teilnehmen konnten. Die Schweiz begann, die Beschränkungen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie zu lockern, aber Massen sind immer noch verboten.“

In die engere Auswahl nahm Reuters auch ein Bild des Fotografen Alessandro Garofalo vom 10. April 2020. Es zeigt die Vorbereitungen für den Kreuzweg am Karfreitag in der Pfarrei Maria SS. Addolorata von Don Amedeo Basile im süditalienischen Tarent (Taranto).
Welche Bilder insgesamt, aber auch in der Kategorie „Religion“ am Ende zum Bild des Jahres gekürt werden, steht noch nicht fest.
Auf das Jahr 2020 wird man insgesamt dereinst wohl, nicht nur im kirchlichen Bereich, aber vor allem auch, mit großem Staunen und heftigem Kopfschütteln zurückblicken.

Text: Giuseppe Nardi
Bild: AFP/Reuters (Screenshots)