
Die Freimaurer sind seit 1717 die große Unbekannte. Bis zum heutigen Tag hüllt sie sich in Geheimhaltung. Sie bleibt „unsichtbar“, weil sie bestimmt, wann und wie sie öffentlich sichtbar wird. Zu ihren Wesensmerkmalen gehört es sich für Neophyten wichtig zu machen, während sie in der Öffentlichkeit ihre Bedeutung herunterspielt. Diese gewollte Undurchsichtigkeit ist konstitutiv und macht einen Teil ihrer Macht aus. Dabei geht es nicht nur darum, sich nicht in die Karten schauen zu lassen, sondern den wirklichen Einfluß zu verbergen, den die Freimaurer in der Geschichte ausgeübt haben und auch heute ausüben. „Die Freimaurerei diktiert weiterhin Gesetze und beeinflußt die parlamentarische Arbeit, die Institutionen, die Politik und die Ethik auf globaler Ebene“, schreibt Mauro Faverzani von Corrispondenza Romana. Der katholische Publizist, diplomierte Philosoph und promovierte Psychologe liefert dazu einige aktuelle Beispiele.
Am 15. Juni 2019 reiste Hamed Bakayoko, der Verteidigungsminister der Elfenbeinküste, in aller Eile nach Frankreich. Dort wurde er erst einige Tage später zu einem offiziellen Staatsbesuch erwartet. Seine Auslandsreise mußte er jedoch vorziehen, weil an jenem Tag der Großsekretär der Großloge der Elfenbeinküste, Michel Rosier, in einem französischen Krankenhaus gestorben ist, in das man ihn wegen eines Bauchspeicheldrüsenkrebses im Endstadium verlegt hatte.
Bakayoko beeilte sich aus einem ganz bestimmten Grund, so schnell als möglich zu Rosier zu eilen, wegen einer Pflicht. Bakayoko ist nicht nur Verteidigungsminister der Elfenbeinküste – der Regierung gehört er ununterbrochen seit 2003 an, zunächst als Kommunikations‑, dann als Innenminister –, er ist auch Großmeister derselben Freimaurerobödienz, der Rosier angehörte, die traditionell zum Einflußbereich der Großloge von Frankreich gehört, wenngleich es vor sechs Jahren zu heftigen Kämpfen mit einer anderen einflußreichen Obödienz kam, der afroamerikanischen Prince Hall, die der CIA und dem Pentagon wohlbekannt ist.

Im vergangenen Juli tagte die Konferenz der Großmeister der regulären Großlogen von Afrika in Maputo, der Hauptstadt von Mosambik. Die Konferenz wählte Benedetto Kouassi zum neuen Generalsekretär der afrikanischen Freimaurerei.
Kouassi ist nicht irgendwer. Er ist ein reicher Geschäftsmann. Um genau zu sein, gehört er zu den Superreichen Afrikas. Er steht nicht nur an der Spitze der Großloge von Benin, sondern beeinflußte über die Union Sociale Libérale (Sozialliberale Union, USL) auch maßgeblich die Politik des Landes. Daraus zog er sich vor kurzem zurück, weil ihn nun neue Aufgaben erwarten, vor allem die Überwindung der Krise der Großloge von Togo.
Freimaurer wollen Laïcité noch stärker in der Verfassung festschreiben
Doch zurück nach Frankreich. Dort will sich die Freimaurerei nicht mehr mit der Loi Combes begnügen, mit der 1905 die „Trennung von Kirche und Staat“ eingeführt und die Laïcité zur Staatsdoktrin erhoben wurde. Die Freimaurer wollen die „Laizität“ noch stärker in der Verfassung festschreiben.
Zum besseren Verständnis: Die Laïcité und das Gesetz von 1905 sollen nach dem Willen ihrer (freimaurerischen) Schöpfer den Staat vor dem angeblich schädlichen Einfluß der katholischen Kirche schützen. Diese Staatsdoktrin und das ihr zugrundeliegende Gesetz haben eine dezidiert antikatholische Stoßrichtung.
Benannt ist das Gesetz nach Émile Combes, der von 1902 bis 1905 französischer Premierminister war. Unter ihm wurde eine ganze Reihe kirchenfeindlicher Gesetze erlassen, die ihren Höhepunkt in der Loi Combes fanden. 1902 wurden alle katholischen Schulen geschlossen, 1903 alle katholischen Ordensgemeinschaft aufgelöst, 1904 wurden ein Verbot zur Neugründung religiöser Orden verhängt, das Konkordat von 1801 aufgekündigt und die diplomatischen Beziehungen mit dem Heiligen Stuhl abgebrochen.
Émiles Combes (1835–1921), der aus armen Verhältnissen stammte, konnte dank seines Paten und Cousins, einem Priester, studieren und den Doktor der Theologie erwerben. Das Priesterseminar verließ er aber, sagte sich von der katholischen Kirche los und wurde Deist dann Atheist. Nachdem er erfolgreich ein Medizinstudium absolviert und geheiratet hatte, erfolgte 1869 seine Initiation in die Freimaurerloge Les Arts Réunis von Barbezieux (Aquitanien). 1885 wurde er erstmals als Vertreter der Radikalen in den französischen Senat gewählt und Vorsitzender der „demokratischen Linken“. Der Linksradikalismus beanspruchte das Erbe der Französischen Revolution von 1789. Sein hervorstechendstes Merkmal war eine militante Kirchenfeindlichkeit. 1901 gehörte Combes zu den Gründern der Radikalen und Radikalsozialistischen Partei (PRRS), die faktisch der politische Arm der Freimaurer war. Die von Combes mit Vehemenz angestrebte antiklerikale Gesetzgebung sollte den definitiven Sieg des radikalen Laizismus über die katholische Kirche bringen.
Die derzeitige französische Verfassung stammt aus dem Jahr 1958. Ihr Artikel 1 lautet: „La France est une République indivisible, laïque, démocratique et sociale“ (Frankreich ist eine unteilbare, laizistische, demokratische und soziale Republik). Die Laïcité (Laizität) verfügt daher bereits über einen gewissen Verfassungsrang. Den beschürzten Brüdern genügt die unbestimmte Formulierung aber nicht mehr. Der Großmeister des Großorient von Frankreich, Jean-Philippe Hubsch, sagte es Ende August bei der Jahresversammlung, die ihn für eine zweite Amtszeit wählte, klar und deutlich:
„Die Laizität ist mehr denn je bedroht, sowohl im öffentlichen Bereich als auch in den Unternehmen, in den Sportvereinen oder den Organisationen. Unsere Aufgabe ist es, die beiden ersten Artikel des Gesetzes von 1905 in die Verfassung einzufügen und durchzusetzen, daß diese Bestimmungen auf dem gesamten Gebiet der Republik und ohne jede Ausnahme umgesetzt werden. Wenn die Laizität in die Verfassung aufgenommen wird, erhält sie eine größere juristische Kraft, die sie vor Versuchen schützt, sie zu vernichten.“
Hubsch, der aus dem deutschlothringischen Diedenhofen (Thionville) nahe der Grenze zu Luxemburg stammt, wurde 1992 in Metz in die Loge Les Amis de la Verité aufgenommen.
Weißbuch der internationalen freimaurerischen Politik
In seiner Rede sprach der Großmeister auch über das „Livre Blanc de la Politique Internationale“. Das „Weißbuch der internationalen Politik“ umfaßt die politischen Aktivitäten dieser freimaurerische Obödienz auf internationaler Ebene, die sie über ihren politischen Arm, die Association Maçonnique Européenne (AME) verwirklicht.
Primäres Ziel des Großorient in Europa ist es, für die EU-Institutionen in Brüssel ein „institutioneller, glaubwürdiger und sicherer Bezugspunkt“ zu sein – im Klartext von den Entscheidungsträgern der EU gehört zu werden und den Einfluß auf ihre Entscheidungen zu festigen.

Die verstärkten politischen Aktivitäten des Großorient erfolgen parallel zu den Versuchen von Staatspräsident Emmanuel Macron die Rolle Frankreichs in der EU zu stärken, was ihm derzeit mit Hilfe des Brexit, durch die Ernennung von Christine Lagarde zur nächsten Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) und jüngst durch die im Sinne der EU (und Frankreichs) gelöste Regierungskrise in Italien erfolgreich gelingt.
Die im Weißbuch enthaltene „internationale Politik der Freimaurer“ betrifft ebenso die Beziehungen zu den Mittelmeeranrainerstaaten, die zunehmend in den Fokus tretende Zusammenarbeit Europa-Afrika, die Rolle der Freimaurerei auf dem amerikanischen Kontinent und die Entwicklung der Logen in Asien – „um hervorzuheben, wie sich seine Tentakeln mittlerweile überallhin erstrecken“, so Faverzani.
Mit den „Freimaurerischen Volkshochschulen“ startet der Großorient in diesem Jahr eine Initiative, in der Öffentlichkeit über Geschichte und Ziele der Freimaurerei „aufzuklären“. Einmal im Monat werden öffentliche Vorträgen zu historischen und philosophischen Themen mit Rednern stattfinden, die einem breiten Publikum bekannt sind. In Wirklichkeit handelt es sich, neben Imagepflege, um die Anwerbung neuer Adepten.
Logeneinfluß im Parlament
Die Logen haben nicht nur über die beschürzten Brüder unter den Abgeordneten und informell über ihre Beziehungen Einfluß auf die Gesetzgebung. Sie sind auch direkt im Parlament präsent.
In der Nationalversammlung, dem französischen Parlament, werden zu bestimmten Fragen, etwa zu bioethischen Gesetzentwürfen, Experten und berufsständische Vertreter angehört. Die zuständige Gesetzgebungskommission hört, in der Regel unmittelbar hintereinander, nicht nur Vertreter der anerkannten Religionsgemeinschaften (Katholiken, Protestanten und Juden, die Muslime haben sich zurückgezogen), sondern auch „représentants de courants philosophiques“. Gemeint ist damit niemand anderer als die Freimaurer, der Plural bezieht sich lediglich auf die verschiedenen Freimaurer-Obödienzen. Den drei Vertretern der Sektion Religionen standen am vergangenen 29. August ganze sechs Logen-Vertreter gegenüber, da der Dachverband des Freidenkerbundes (Fédération nationale de la libre pensée) mitzuzählen ist.
Um eventuellen Mißverständnissen vorzubeugen: Die im Kreis der (freimaurerischen) „philosophischen Strömungen“ gleich mit Repräsentantinnen vertretene Fédération Française du Droit Humain ist keine Menschenrechtsorganisation, wie der Name vermuten lassen würde, sondern eine 1901 gegründete Freimaurer-Obödienz, der sowohl Männer als auch Frauen angehören können, und die weitgehend den Alten und Angenommenen Schottischen Ritus praktiziert.
Dieses Übergewicht der Freimaurer wurde jüngst von der katholischen Tageszeitung La Croix enthüllt, die zugleich aufmerksam machte, daß sich der Einfluß der beschürzten Brüder damit nicht erschöpft. Laut der Zeitung der französischen Bischöfe übt die Loge auch starken Einfluß auf den Französischen Evangelischen Kirchenbund (Fédération protestante de France) aus, in der alle wichtigen protestantischen Konfessionen, darunter Lutheraner, Reformierte, aber auch Baptisten, Methodisten, Pfingstler, Heilsarmee usw., zusammengeschlossen sind.
Edouard Habrant, Großmeister der Grande Loge Mixte de France (Gemischte Großloge von Frankreich) und einer der fünf Logenvertreter in der genannten „zivilgesellschaftlichen“ Sektion des Parlaments, versuchte jüngst eine Umarmung der Religionsvertreter. „Es wäre interessant, unsere spirituellen Ansichten zu verknüpfen, da die Spiritualität ein Teil der Freimaurerei ist.“ Er sei überzeugt, daß die Freimaurer und die Religionsvertreter „übereinstimmende Perspektiven“ finden könnten.
Doch die Realität sieht anders aus. Im vergangenen Juli wurde von der französischen Regierung ein Gesetzentwurf verabschiedet, der „künstliche Befruchtung für alle“, auch lesbische und alleinstehende Frauen erlauben soll. Bei der Anhörung der Vertreter der „philosophischen Strömungen“ im Parlament wurden keine „übereinstimmenden Perspektiven“ sichtbar. Vielmehr prallten gegensätzliche Positionen aufeinander. Zu allen Punkten, zu denen die Religionsvertreter ein kategorisches Nein formulierten oder zumindest starke Vorbehalte äußerten, sagten die Logenvertreter ausnahmslos und geschlossen Ja. Dazu Faverzani:
„Wenn es konkret wird, wird der unüberwindliche Widerspruch zwischen diesen beiden Welten sichtbar. Sichtbar wird aber auch die große Macht und der enorme Einfluß, den die Freimaurerei international ausübt.“
Text: Andreas Becker
Bild: Le Grand Orient de France/rumeursdabidjan/Wikicommons (Screenshots)
Warum so weit in die Ferne schweifen? Genügt es nicht, das hochspannende, leider italienische, Buch Massoni von Gioele Magaldi von 2014 lesen, wo Leute wie Merkel (Mitglied ich gleich drei Urlogen Vallhalla, Parsifal und Golden Eurasia), Schäuble und Draghi (beide initiiert in „Der Ring“) etc. entlarvt werden. Ebenso Johannes XXIII, der gleich zwei Urlogen angehörte, als Nuntius in Frankreich sogar einer französischen Logen! Unbedingt Gioele Magaldi lesen!
Sehr interessant das mit Johannes dem XXIII.
War das nicht der Papst, der das Konzil einberufen hat ?
Wenn ja, dann wird er schon gewusst haben, warum!
Vor diesem Hintergrund (und gesetz dem Fall, Magaldi schreibt die Wahrheit)
stellt sich dann die Frage, was mit Papst Franziskus ist.