
von Dr. Markus Büning
Zwei Frauen, ganz tief verwundet vom Mitleiden mit ihrem Herrn und Heiland, müssen mit ansehen, wie Jesus Christus an der Martersäule auf grausamste Weise gegeißelt wird. Sein heiliger und unschuldiger Leib ist völlig entstellt durch die Geißelhiebe und seine heilige Seele ist verletzt von dem Spott und Hohn, den ihm seine Peiniger entgegenbringen. Der Marmorfußboden der römischen Folterstätte ist überströmt mit dem Blut des Gegeißelten. Was tun nun diese beiden Frauen?
Sie nehmen Tücher und wischen voller Trauer dieses Blut mit tiefer Liebe und Ehrfurcht auf. Von diesem kostbaren Blut soll nichts verloren gehen, es ist ja das Blut des Erlösers. Wer sind die beiden Frauen? Es sind Maria, die Mutter Jesu, und Maria von Magdala. Zwei liebende Frauen, die in einer jeweils ganz einzigartigen Beziehung zu diesem Jesus stehen: die eine als seine Mutter, ganz rein und ohne Sünde, und die andere als die große Sünderin, die durch den Anruf des Heilands die Gnade der Bekehrung empfangen durfte. Diese Frauen wissen genau, welch kostbares Blut sie mit ihren Tüchern aufwischen:
„Nun aber sah ich die heilige Jungfrau und Magdalena, als das Volk sich mehr nach einer andern Seite wendete, dem Geißelplatze nahen, und sie warfen sich, von den andern heiligen Frauen und einigen guten Leuten, die um sie her traten, umschlossen und gedeckt, auf die Erde bei der Geißelsäule nieder und trockneten das heilige Blut Jesu mit jenen Tüchern auf, wo sie nur eine Spur fanden.“ [1]A. K. Emmerich, Das bittere Leiden unseres Herrn Jesus Christus. Nach den Betrachtungen der Augustinerin von Dülmen. Aufgeschrieben und mit einem Lebensabriss der Begnadeten versehen von C. … Continue reading
Ja, von dieser kostbarsten aller Flüssigkeiten sollte kein Tropfen verloren gehen. Keine Geringere als die Selige Anna Katharina Emmerich berichtet uns in ihren Visionen ergreifend über dieses Ereignis, das sie auf gnadenvolle Weise in ihren Ekstasen sehen durfte. Mel Gibson hat diese anrührende Szene in seinem eindrucksvollen Film „The Passion of the Christ“ für uns ins Bild gesetzt. Wer diesen Film gesehen hat, erinnert sich sicher an diese Episode.
Heute, zweitausend Jahre später, ein Blick in den liturgischen Kalender der nachkonziliaren Zeit am 1. Juli: „Vom Tage (grün), ‚Kostbares Blut‘: Die bisherige Messe bleibt unter den Votivmessen erhalten“, soll heißen: Das „Fest vom Kostbaren Blut“ unseres Erlösers ist abgeschafft. Wer will, kann an diesem Tag die Votivmesse wählen, was aber kaum noch ein Priester tut. Viele können und wollen sich mit diesem Festmotiv gar nicht mehr auseinandersetzen. Warum? Dann müsste man sich mit Themen wie Opfer, Sühne und Schuld auseinandersetzen. Das alles passt nicht mehr in eine Zeit, in der die Menschen auf Erfolg, Wohlstand, Karriere und Liberalität ohne Grenzen getrimmt sind. Kostbar erscheinen den meisten Menschen, auch vielen in unserer Kirche, ganz andere Dinge. An dieser Stelle kann die Kirche wieder lernen, wenn sie sich des Gedenkens des kostbaren Blutes in der sog. außerordentlichen Liturgie des einen römischen Ritus erinnert. Hier wird noch das eigenständige Fest des kostbaren Blutes am 1. Juli begangen. Dankbar bin ich Papst Benedikt XVI. dafür, dass er diese Form der Liturgie wieder der ganzen Kirche zugänglich gemacht hat. Meines Erachtens muss hierdurch auch der jetzige Kalender im ordentlichen Ritus dahingehend kritisch unter „die Lupe genommen werden“, ob hier nicht geistliche Defizite auszumachen sind. Gerade die liturgische Erinnerung an dieses große Glaubensgeheimnis zeigt uns, wie notwendig eine „Reform der Reform“ ist.
Aber es gibt keinen Anlass zur Resignation: Es gibt sie immer noch, die Marien- und Magdalenengestalten, die mit den ihnen zu Verfügung stehenden Tüchern, mit ihren Herzen, das kostbare Blut des Erlösers anbeten und verehren und so hoffen, diese Gabe in Ehrfurcht empfangen zu können: Die vielen Menschen, die treu das Altarsakrament aufsuchen und in Anbetung verharren. Die treuen Besucher der Hl. Messe, in der unser Herr sich mit seinem Leib und seinem Blut als Opfergabe schenkt. Die vielen Pilger, die sich Jahr für Jahr aufmachen und die großen Wallfahrtsorte aufsuchen, in denen das kostbare Blut des Erlösers besonders verehrt wird. Bitten wir den Herrn, dass auch wir immer mehr zu solchen Marien- und Magdalenengestalten werden, ganz vertieft in Ehrfurcht vor dem Kaufpreis unseres Heils. Es gibt sie also noch, die Katholiken, die nicht vergessen haben, dass das Blut unseres Heilands der Kaufpreis unserer Erlösung ist. Und auch im Himmel wird das Opferlamm gepriesen:
„Denn du wurdest geschlachtet und hast mit deinem Blut Menschen für Gott erworben aus allen Stämmen und Sprachen, aus allen Nationen und Völkern, und hast sie für unsern Gott zu Königen und Priestern gemacht; (…)“ (Offb 5,9f.).
Durch dieses Blut des Lammes haben wir unser Heil, unsere Königs- und Priesterwürde empfangen. Durch dieses Blut sind wir Teil des mystischen Leibes Christi geworden. Durch dieses Blut erst können wir frei werden von aller Anhänglichkeit an das Böse. Wenn wir uns diesen Zusammenhang bewusst machen, ist es völlig unverständlich, wieso in unserer Kirche die Verehrung des kostbaren Blutes Jesu Christi ihren Stellenwert eingebüßt hat. Eine Kirche, die nicht mehr um diesen Kaufpreis der Erlösung weiß, wird undankbar gegenüber dem, der sein Blut für seine Braut vergossen hat. Eine Kirche, die sich des kostbaren Blutes Jesu Christi nicht mehr verdankt, wird an Blutarmut zugrunde gehen. Eine solche Kirche hört auf Kirche zu sein, da sie sich von ihrem Quellgrund entfernt, entspringen doch die Sakramente der Kirche aus dem geöffneten Herzen des Erlösers, aus dem Blut und Wasser der Seite Jesu. Ehre sei dem kostbaren Blute Jesu! Gerade an jedem Freitag soll dieser Ruf unser immer wiederkehrendes Stoßgebet sein, ein Dankesruf für die unermessliche Heilstat des Herrn am Kreuz.
*Markus Büning, geboren 1966 in Ahaus (Westfalen), studierte katholische Theologie und Philosophie in Münster in Westfalen und München. Nach seinem erfolgreichen Studienabschluß absolvierte er ein Studium der Rechtswissenschaften an den Universitäten von Konstanz und Münster und wurde 2001 in Münster zum Doktor der Rechtswissenschaften promoviert. Nach Tätigkeiten als Assistent an den Universitäten Konstanz und Münster trat er als Jurist in den Verwaltungsdienst. Der ausgewiesene Kirchenrechtler veröffentlichte zahlreiche Publikationen zu kirchenrechtlichen und theologischen Themen und über Heilige. Dr. Markus Büning ist verheiratet und Vater von zwei Kindern.
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↑1 | A. K. Emmerich, Das bittere Leiden unseres Herrn Jesus Christus. Nach den Betrachtungen der Augustinerin von Dülmen. Aufgeschrieben und mit einem Lebensabriss der Begnadeten versehen von C. Brentano, 19. Aufl., Stein am Rhein 2006, S. 199. |
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Solche Artikel lese ich hie und da gerne, da sie unser Glaubensgut wiedergeben und in Erinnerung rufen. Gerade heute, da ja Freitag ist. Die katholische Kirche sollte sich durchaus auf den Gnadenquell ihrer Erlösung rückbesinnen, und das ist eben das kostbare Blut Jesu Christi, das er am heiligen Kreuz vergossen hat. Das ist das Wichtigste und nicht Kirchenpolitik, Ändern der 10 Gebote usw.
Das Problem ist: Die sehr wichtige Verehrung des Kostbaren Blutes Christi wird in den Priesterseminaren aufgrund ständiger Ökumenisierung nicht mehr gelehrt! Entsprechende Gebete und Litaneien gehören nicht mehr zum üblichen Gebetsschatz weder der Priester noch der Gläubigen. Alles was zur Heiligung der Seelen führt, wurde abgeschafft oder verboten.