
(Oslo) Norwegische Archäologen haben bei Ausgrabungen in Trondheim die Fundamente einer Holzkirche und des Altars entdeckt, in der König Olav II. Haraldsson (995‑1030) begraben und 1031 heiliggesprochen wurde. Die Ausgrabungsleiterin Anna Petersen bezeichnete die Entdeckung als „einzigartig“ für die Geschichte Norwegens. Ein Großteil der nationalen Identität des skandinavischen Königreiches gründet auf dem Heiligen Olav.
Dessen Leben läßt sich nur vor dem Hintergrund der großen Expansion der Wikinger vom 8.–11. Jahrhundert erklären, die zur Gründung einer Reihe von Wikingerstaaten führte, von von England bis Rußland, von Sizilien bis Island, und zur Christianisierung des europäischen Nordens.
Olav regierte von 1015–1028 über Norwegen und sicherte dem Land, das vom dänischen Oberkönig beherrscht wurde, eine größere Unabhängigkeit. Zu seiner Zeit wurde die Organisation der Kirche in Norwegen festgelegt. Die schon seit längerem andauernde Christianisierung fand damit ihre Vollendung, für die Olav jedoch sein Leben geben mußte. Olav selbst hatte sich in Rouen taufen lassen, das damals Hauptstadt des Wikinger-Herzogtums Normandie war (Land der Nordmänner).
Kampf um die Christianisierung und die Unabhängigkeit Norwegens
Als 1028 der Dänenkönig Knut der Große Norwegen sich wieder unterwerfen wollte, schlossen sich ihm die noch heidnischen Fürsten Norwegens gegen Olav an, der vor der Übermacht fliehen mußte. Er ging nach Holmgard (Nowgorod, heute Rußland), wo sich um den Ilmensee seit dem 8. Jahrhundert Wikinger niedergelassen hatten. Diese germanischen Krieger, Waräger genannt, sicherten die Handelswege nach Byzanz und trieben Handel zwischen Skandinavien und dem oströmischen Reich. In Byzanz stellten sie von 988‑1204 die Leibgarde des Kaisers.

In Holmgard regierte damals der Waräger Jaroslaw (Jarizeifr) der Weise aus dem Haus der skandinavischen Rurikiden. Jarizleifr und seine Frau Ingegerd, eine schwedische Prinzessin und Schwester von Olavs Frau Astrid, gewährten Olav Asyl.
Beim Versuch die Herrschaft über Norwegen gegen die heidnischen Fürsten zurückzugewinnen, fiel Olav 1030 in der Schlacht von Stiklestad. Die Schlacht endete jedoch mit dem endgültigen Sieg der christlichen Norweger.
Olavs Halbbruder Harald III. Hardrade, der die Schlacht überlegte, in der Warägergarde in Byzanz und bei den Verwandten in Nowgorod diente, war von 1047–1066 König von Norwegen. Beim Versuch, den englischen Thron zu besteigen, wurde er 1066 von den Angelsachsen besiegt, die durch den Kampf gegen die norwegischen Wikinger geschwächt noch im selben Jahr den Wikingern der Normandie unterlagen.
Laut der Chronik des isländischen Skalden Snorri Sturluson (1179–1241) wurde Olav in Trondheim begraben. Die einheimische Bevölkerung berichtete sofort von Wundern, die der Fürsprache des Königs zugeschrieben wurden, der das Martyrium gegen die Heiden erlitten hatte. Ein Jahr nach seinem Tod wurde sein Leichnam in der Gegenwart des Bischofs exhumiert und unverwest aufgefunden. So wurde Olav vom Bischof auf Drängen des Volkes heiliggesprochen.
Von Olav errichtete Holzkirche wurde seine erste Grablege

Die Archäologen des Norsk institutt for kulturminneforskning (NIKU, Norwegisches Institut für Kulturerbeforschung) haben vor kurzem die Steinfundamente einer Stabkirche entdeckt. Sie gehen davon aus, daß es sich um die St. Klemenskirche handelt, in der König Olav begraben wurde. Der König hatte die Kirche selbst wenige Jahr zuvor errichten lassen. Am Ostrand des Gebäudes wurde eine kleine rechteckige Plattform aus Stein entdeckt, die nach Ansicht der Experten, wahrscheinlich das Fundament des Altars bildete, unter dem der heilige Märtyrerkönig beigesetzt wurde. Die Archäologen sehen in ihr die erste Grabstätte des Heiligen Olav.
Weitere Untersuchungen sollen Aufschluß geben. Wegen des starken Pilgerzustroms wurden die Reliquien des Heiligen in den Nidarosdom überführt, die zur Kathedrale des Erzbistums Trondheim und norwegischen Nationalheiligtum wurde. Im Gegensatz zur hölzernen Klemenskirche, wurde die 1070 begonnene und 1090 geweihte Kirche aus Stein errichtet, die 1152 zum Sitz des norwegischen Erzbischofs wurde. Die ältere Stabkirche verlor an Bedeutung, zerfiel, und irgendwann kannte man nicht mehr ihren Standort, bis sie nun von den Archäologen wiederentdeckt wurde.
Nidaros ist der ältere Name Trondheims. 1537 wurde der letzte katholische Bischof, Olav Engelbrektsson, vertrieben und die Kathedrale zum Sitz des lutherischen Primas von Norwegen. 1531 hatte ein Brand, wie ein Omen der kommenden Ereignisse, die Bischofskirche zerstört. Erzbischof Olav weihte am Palmsonntag 1537 in der Kirchenruine noch einen neuen Bischof für Island, ehe er, durch die Reformation gezwungen, seine Heimat verlassen mußte.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: NIKU/Wikicommons (Screenshots)