Gedenkmesse für Papst Pius XII. im Petersdom – Wann wird Seligsprechungsverfahren fortgesetzt?


Der ehrwürdige Diener Gottes Pius XII.: Wann wird sein Seligsprechungsverfahren wieder aufgenommen?(Vati­kan) Am 12. Okto­ber zele­briert Jose Maria Kar­di­nal Sarai­va im Geden­ken an Papst Pius XII. im Peters­dom eine Hei­li­ge Mes­se. Vor vier Jah­ren erhob ihn Papst Bene­dikt XVI. zum Ehr­wür­di­gen Die­ner Got­tes. Wann wird das Selig­spre­chungs­ver­fah­ren fort­ge­setzt? Das ist auch eine Fra­ge kir­chen­po­li­ti­scher Ent­wick­lun­gen, wie die wun­der­lo­se Hei­lig­spre­chung des Kon­zils­pap­stes Johan­nes XXIII. pünkt­lich zum Geden­ken an  50 Jah­re Zwei­tes Vati­ka­ni­sches Kon­zil zeigt.

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Am 9. Okto­ber 1958, vor 55 Jah­ren ver­starb der letz­te vor­kon­zi­lia­re Papst, der als Pastor Ange­li­cus bezeich­net wur­de. Am 18. Okto­ber 1967, neun Jah­re nach sei­nem Tod und auch dem Tod sei­nes Nach­fol­gers auf dem Stuhl Petri, Johan­nes XXIII., wur­de auf diö­ze­saner Ebe­ne das Ver­fah­ren zur Selig- und Hei­lig­spre­chung Pius XII. eröffnet.

Am 19. Dezem­ber 2009 fand nach zahl­rei­chen Ver­zö­ge­run­gen und poli­ti­schen Inter­ven­tio­nen die zwei­te Pha­se des Ver­fah­rens ihren Abschluß mit der Erhe­bung des Ver­stor­be­nen in die Rei­he der Ehr­wür­di­gen Die­ner Got­tes. Papst Bene­dikt XVI., der die Selig­spre­chung vor­an­brin­gen woll­te, dann aber unter jüdi­schem Druck eine erneu­te Über­prü­fung des gesam­ten archi­vier­ten Mate­ri­als anord­ne­te, unter­zeich­ne­te im fünf­ten Jahr sei­nes Pon­ti­fi­kats das ent­spre­chen­de Dekret, das Papst Pius XII. einen heroi­schen Tugend­grad zuerkannte.

Das Ver­fah­ren ist seit den 60er Jah­ren über­schat­tet von künst­lich genähr­ten Zwei­feln über ein angeb­li­ches „Schwei­gen“ des Pap­stes gegen die natio­nal­so­zia­li­sti­sche Juden­ver­fol­gung. „Kri­tik, die von einer eben­so pro­gres­si­ven wie heuch­le­ri­schen Fron­de inner­halb der katho­li­schen Kir­che laut­stark unter­stützt wur­de“, so Mes­sa in Lati­no.

Hochhuths Schweigen über die Hintergründe zur Idee von „Der Stellvertreter“

Aus­gangs­punkt einer Dif­fa­mie­rungs­kam­pa­gne gegen Pius XII. war das 1963 urauf­ge­führ­te Thea­ter­stück Der Stell­ver­tre­ter von Rolf Hoch­huth. Wegen des anhal­ten­den Schwei­gens Hoch­huths ist bis heu­te unklar, wie er genau zu sei­nen The­sen gelang­te. Die Behaup­tung, der Papst habe der natio­nal­so­zia­li­sti­schen Juden­ver­nich­tung taten­los zuge­se­hen, ent­stammt der Pro­pa­gan­da­kü­che des sowje­ti­schen Geheim­dien­stes und gelang­te über die DDR in die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land. Wel­chen Zusam­men­hang es zwi­schen dem Aus­gangs­punkt Mos­kau und Hoch­huth gibt, konn­te aller­dings noch nicht geklärt wer­den. Das Stück, in meh­re­re Spra­chen über­setz­te, beein­fluß­te das Bild des ver­stor­be­nen Pap­stes nach­hal­tig bis heute.

Die syste­ma­ti­sche wis­sen­schaft­li­che Erfor­schung des Pon­ti­fi­kats von Pius XII. wider­leg­te den Vor­wurf. Statt des­sen brach­te es eine Rei­he neu­er Bele­ge für den per­sön­li­chen Ein­satz des Pap­stes zur Ret­tung von Juden zum Vor­schein. Der israe­li­sche Histo­ri­ker Gary Krupp gelang­te zum Schluß, daß Pius XII. wäh­rend des Zwei­ten Welt­krie­ges „alles in sei­ner Macht ste­hen­de tat, um die Juden zu schüt­zen und zu ver­tei­di­gen“. Laut Krupps Archiv­for­schun­gen habe Pius XII. mehr Juden geret­tet, als alle Staats- und Regie­rungs­chefs der Welt zusam­men. „Und dies von einer Stadt im Bela­ge­rungs­zu­stand aus und nicht aus einem beque­men Ses­sel in Lon­don oder Washing­ton“, so Krupp, der 76.000 Sei­ten an Ori­gi­nal­do­ku­men­ten zur Stüt­zung sei­ner The­se zusam­men­ge­tra­gen hat.

Beitrag der Historiker zur Entspannung im Verhältnis Israels zu Pius XII.

Das Ver­hält­nis zwi­schen Isra­el und der Gestalt Pius XII. hat sich inzwi­schen deut­lich ent­spannt. Dazu bei­getra­gen haben nicht zuletzt auch die von Bene­dikt XVI. in Auf­trag gege­be­nen Nach­for­schun­gen. Auf deut­scher Sei­te ist es vor allem Micha­el Hese­mann, der Hoch­huts Legen­de eines zum Mas­sen­mord „schwei­gen­den“ Pap­stes öffent­lich­keits­wirk­sam wider­spricht. Laut Hese­mann ret­te­te der Papst allein in Rom wäh­rend des Krie­ges mehr als 11.000 Juden das Leben. Dar­un­ter befand sich auch der dama­li­ge Ober­rab­bi­ner von Rom Euge­nio Zol­li (gebo­re­ner Isra­el Anton Zol­ler), der sich nach dem Krieg tau­fen ließ und in die katho­li­sche Kir­che auf­ge­nom­men wur­de. Hese­mann stützt sich dabei auf eini­ge von ihm im Archiv der deut­schen Natio­nal­kir­che in Rom ent­deck­te Dokumente.

Auch die Holo­caust-Gedenk­stät­te Yad Vas­hem in Isra­el änder­te die Bild­le­gen­de zu Pius XII. Ein erster Schritt zur Reha­bi­li­tie­rung des Pap­stes im jüdi­schen Volk. Wann das Selig­spre­chungs­ver­fah­ren wie­der­auf­ge­nom­men wird, ist indes unklar. Die Fra­ge ist Gegen­stand eines har­ten Rin­gens zwi­schen unter­schied­li­chen inner­kirch­li­chen Strö­mun­gen. Kir­chen­po­li­ti­sche Fra­gen kön­nen manch­mal erheb­li­chen Ein­fluß auf die Selig- und Hei­lig­spre­chungs­ver­fah­ren haben. Die Selig­spre­chung von Papst Pius IX., des Syl­labus-Pap­stes, wur­de erst mög­lich, als Johan­nes Paul II. im Hei­li­gen Jahr 2000 auch Johan­nes XXIII. seligsprach.

Kirchenpolitisches Ringen bei Selig- und Heiligsprechungen von Pius IX. bis Johannes Paul II.

Glei­ches voll­zieht sich der­zeit bei der für den 27. April 2014 ange­setz­ten Hei­lig­spre­chung von Johan­nes Paul II. Sei­ne Hei­lig­spre­chung wird kir­chen­po­li­tisch „neu­tra­li­siert“ durch die gleich­zei­ti­ge Hei­lig­spre­chung von Johan­nes XXIII. Obwohl für den Kon­zils­papst kein regu­lä­res Hei­lig­spre­chungs­ver­fah­ren zum Abschluß gelang­te. Die „Ergän­zung“ der Hei­lig­spre­chung des pol­ni­schen Pap­stes, der von einem Teil der Kir­che abge­lehnt wur­de, soll bei­de Sei­ten „zufrie­den­stel­len“ und ver­hin­dern, daß die Erhe­bung zu den Altä­ren als Rich­tungs­aus­sa­ge für die Kir­che und das der­zei­ti­ge Pon­ti­fi­kat ver­stan­den wer­den könnte.

Die Hei­lig­spre­chung Johan­nes XXIII. ohne aner­kann­tes zwei­tes Wun­der öff­ne­te für die Kir­che eine ver­wund­ba­re Flan­ke, die der­zeit aller­dings wegen der media­len Popu­la­ri­tät von Papst Fran­zis­kus kei­ne Rol­le spielt.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Veni­te ad me

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3 Kommentare

  1. Die wun­der­lo­se Heil­lig­spre­chung für Johan­nes XXIII hal­te ich für das größ­te Dog­ma­ti­sche Pro­blem im Bezug auf den Papst seit der Irr­sinn 1962 begon­nen hat

    • Sie wol­len in Wahr­heit ja auch nicht Johan­nes XXIII hei­lig­spre­chen son­dern den Schrott den er und sei­ne Lehr­lin­ge über die See­len der Katho­li­ken aus­ge­schüt­tet hat. Augen zu und durch ist ihr Glau­be der spä­te­stens vor dem Gericht des Herrn in „Heu­len und Zäh­ne­knir­schen“ sein Ende fin­den wird.
      Per Mari­am ad Christum.

  2. „Des alles isch noch net zu End geschwätzt“ wie der Schwa­be ger­ne sagt. Erstens kann der Herr ein­grei­fen bis April. Zwei­tens wenn er es nicht tut, wird er her­nach kom­men und alles, was seit 1962 an Haar­sträu­ben­dem gesche­hen ist, aus­lö­schen mit dem Hauch sei­nes Mun­des – mög­li­cher­wei­se sogar gan­ze Pon­ti­fi­ka­te, wenn ER es will und es in SEINEN Augen so nötig ist. Lese gera­de eben noch mal das klei­ne Buch von Barth über JPII. im Sar­to Ver­lag – es ist unfass­bar! Assi­si, diver­se hin­füh­ren­de Enzy­kli­ken, im kla­ren Wider­spruch sogar noch zu den Leh­ren Pauls VI. (!!!) und der Vor­gän­ger ohne Zahl zurück in die Geschich­te sowie­so, und wir sol­len anneh­men, das sei aus „gutem Wil­len“ gesche­hen? Man müss­te ihn ja für nahe­zu schwach­sin­nig hal­ten, woll­te man das anneh­men. Nein: JPII. wuss­te, was er tat…nur so nimmt man ihn auch ernst… Er wuss­te genau, dass er der unwan­del­ba­ren Leh­re der Kir­che und vor allem der Hl. Schrift direkt krass wider­sprach. Er hat sich geschickt durch schein­bar glau­bens­treue Akte immer wie­der in Zwie­licht gesetzt. So konn­te ihm nie­mand die for­mel­le Fin­ster­nis nach­wei­sen… Aber er war ver­ant­wort­lich, er war der Hir­te der Hir­ten und hat vie­le ver­führt. F. führt in gewis­ser Wei­se die Häre­sie JPII. zu Ende. Das muss man sehen.
    Da ver­blasst natür­lich ein rela­tiv recht­gläu­bi­ger Papst dane­ben, so einer wie der arme Pius XII., der außer­dem in här­te­ster Zeit durch­muss­te – Eine Gene­ra­ti­on, die nur sich selbst wich­tig nimmt und selbst­ver­liebt nur sich selbst mit Aus­zeich­nun­gen oder sogar Hei­lig­spre­chun­gen ver­sieht, sich selbst zum Abgott erho­ben hat, ist nicht in der Lage, Pius XII. gerecht zu wer­den. Aber auch das kann sich eines Tages radi­kal ändern.
    Das alles wird eines Tages zurechtgerückt.
    Immer­hin sagt Jesus (Mt. 24, 12) „Et, quo­niam abun­da­vit ini­qui­tas, ref­ri­ge­s­cet cari­tas mul­torum.“ („Weil die Bos­heit über­flie­ßen wird, wird die Lie­be vie­ler erkalten.“)
    Man muss ver­mu­ten, dass ER die­sen Satz auf die Kir­che bezieht – denn die „cari­tas“ wird am ehe­sten inner­halb der Kir­che gefun­den und eben dort auch erkalten.

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