Leo XIV.: „Die Tradition bewahren, sich aber dem Fortschritt öffnen“

Der Umgang mit den Gemeinschaften und Gläubigen der Tradition


Papst Leo XVI. besuchte am Donnerstag überraschend die Bibliothek des Italienischen Senats, wo er von Senatspräsident Ignazio La Russa von den konservativen Fratelli d'Italia empfangen wurde. Der Bibliothek gegenüber befindet sich die Päpstliche Diplomatenakademie
Papst Leo XVI. besuchte am Donnerstag überraschend die Bibliothek des Italienischen Senats, wo er von Senatspräsident Ignazio La Russa von den konservativen Fratelli d'Italia empfangen wurde. Der Bibliothek gegenüber befindet sich die Päpstliche Diplomatenakademie

Das bevor­ste­hen­de außer­or­dent­li­che Kon­si­sto­ri­um, das Papst Leo XIV. für den 7. und 8. Janu­ar 2026 ein­be­ru­fen hat, wird mit Span­nung erwar­tet. Dies gilt umso mehr, da sich durch ein jüngst vom Papst an die Kar­di­nä­le über­mit­tel­tes Vor­be­rei­tungs­schrei­ben bestä­tigt hat, daß bei die­ser Kar­di­nals­ver­samm­lung auch die Fra­ge der Lit­ur­gie erör­tert wer­den soll. Zu die­sem The­ma gibt es bereits eine Rei­he von Ana­ly­sen und auch eini­ges an Spe­ku­la­tio­nen. Gestern wid­me­te sich Nico Spun­to­ni in der bür­ger­li­chen Tages­zei­tung Il Giorn­a­le die­sem Gegen­stand. Wir doku­men­tie­ren sei­nen Beitrag:

Liturgie, die Linie des Papstes gegenüber den Kardinälen 

„Die Tradition bewahren, sich aber dem Fortschritt öffnen“

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Wie unse­re Zei­tung bereits ange­kün­digt hat­te, wünscht Leo XIV., daß im Kon­si­sto­ri­um eine „ver­tief­te Refle­xi­on“ über die lit­ur­gi­sche Fra­ge stattfinde.

In den ver­gan­ge­nen Stun­den ist den Kar­di­nä­len der Weih­nachts­brief des Pap­stes zuge­gan­gen, des­sen Exi­stenz Il Giorn­a­le ent­hüllt und des­sen Inhal­te vor­ab skiz­ziert hat­te. Es han­delt sich um ein Schrei­ben, das die Tages­ord­nung für das außer­or­dent­li­che Kon­si­sto­ri­um am 7. und 8. Janu­ar fest­legt und das wir im fol­gen­den im ein­zel­nen vor­stel­len. Der Papst bezeich­net die­ses Kon­si­sto­ri­um als „einen Moment der Gemein­schaft und der Brü­der­lich­keit, der Refle­xi­on und des Aus­tau­sches“ und zeigt sich dabei bewußt, daß es „dar­auf aus­ge­rich­tet ist, den Papst in der schwe­ren Ver­ant­wor­tung der Lei­tung der uni­ver­sa­len Kir­che zu unter­stüt­zen und zu beraten“.

Wie wir erläu­tert hat­ten, hat Leo XIV. die Mit­glie­der des Kar­di­nals­kol­le­gi­ums gebe­ten, sich vor­zu­be­rei­ten, indem sie das Apo­sto­li­sche Schrei­ben Evan­ge­lii gau­di­um erneut lesen und die Apo­sto­li­sche Kon­sti­tu­ti­on Prae­di­ca­te evan­ge­li­um ver­tie­fen, mit der Fran­zis­kus im Jah­re 2022 die Römi­sche Kurie refor­miert hat. Die­se Ein­la­dung ergeht „zur Vor­be­rei­tung auf die­sen wich­ti­gen kol­le­gia­len Moment“ und hat den Papst dazu bewo­gen, den Kar­di­nä­len „eini­ge Doku­men­te des päpst­li­chen Lehr­am­tes“ zur Erwä­gung vor­zu­le­gen sowie „The­men von beson­de­rer Rele­vanz“ zu benennen.

Einbeziehung der Kardinäle

Unter den vier vor­ge­schla­ge­nen The­men fin­den sich Syn­ode und Syn­oda­li­tät, die für Pre­vost als „Instru­men­te einer wirk­sa­men Zusam­men­ar­beit mit dem Römi­schen Pon­ti­fex in Fra­gen von grö­ße­rer Bedeu­tung zum Wohl der gesam­ten Kir­che“ zu ver­ste­hen sind. Die­se Prä­zi­sie­rung bringt den Wil­len Leos XIV. zum Aus­druck, dem Hei­li­gen Kol­le­gi­um, das wäh­rend des Pon­ti­fi­kats Berg­o­gli­os an Gewicht ver­lo­ren hat­te, wie­der grö­ße­re Bedeu­tung zu ver­lei­hen. Der neue Papst ist sich bewußt, auf ein in den ver­gan­ge­nen Mona­ten erwor­be­nes Ver­trau­ens­ka­pi­tal zäh­len zu kön­nen, gera­de weil er sei­nen Mit­brü­dern ein stär­ke­res Ein­be­zo­gen­sein in die Ent­schei­dungs­pro­zes­se zuge­sagt hat als in den ver­gan­ge­nen zwölf Jahren.

Nicht von unge­fähr dank­te Pre­vost den Kar­di­nä­len in sei­nem Schrei­ben für „die Bekun­dung kind­li­cher Ver­bun­den­heit und für die Gebets­un­ter­stüt­zung, die ich seit mei­ner Wahl sowohl in per­sön­li­chen Begeg­nun­gen als auch bei offi­zi­el­len Anläs­sen wahr­neh­men durf­te“. In die­sen sie­ben Mona­ten sei­nes Pon­ti­fi­kats konn­te Leo XIV. nahe­zu alle Anfra­gen um Audi­en­zen sei­tens der Mit­glie­der des Kar­di­nals­kol­le­gi­ums „abar­bei­ten“ und hat selbst den über Acht­zig­jäh­ri­gen min­de­stens zwan­zig Minu­ten sei­ner Zeit gewid­met. In die­sen pri­va­ten Begeg­nun­gen hat der Papst – ganz sei­nem Stil ent­spre­chend – wenig gespro­chen und viel zugehört.

Die Liturgie

Wir hat­ten berich­tet, daß der Papst die Lit­ur­gie unter die „The­men von beson­de­rer Rele­vanz“ auf­ge­nom­men hat, die er den Kar­di­nä­len im Hin­blick auf die Zusam­men­kunft am 7. und 8. Janu­ar benannt hat. Die­se Vor­ab­in­for­ma­ti­on hat in den inter­na­tio­na­len Fach­me­di­en gro­ßes Inter­es­se geweckt. Seit lan­gem rich­tet sich der Blick auf die Lit­ur­gie­fra­ge, ins­be­son­de­re um die Hal­tung zu ver­ste­hen, die der Hei­li­ge Stuhl im Pon­ti­fi­kat Pre­vosts gegen­über den Zele­bra­tio­nen nach der außer­or­dent­li­chen Form des römi­schen Ritus ein­neh­men wird – der triden­ti­ni­schen Mes­se, die Bene­dikt XVI. im Jah­re 2007 frei­ge­ge­ben und die Fran­zis­kus seit 2021 schritt­wei­se wie­der ein­ge­schränkt hat.

In dem Schrei­ben an die Kar­di­nä­le setzt Leo XIV. die Lit­ur­gie an vier­te Stel­le – neben der erneu­ten Lek­tü­re von Evan­ge­lii gau­di­um „für einen erneu­er­ten und freu­di­gen Schwung in der Ver­kün­di­gung des Evan­ge­li­ums“, der Ver­tie­fung von Prae­di­ca­te evan­ge­li­um, „ins­be­son­de­re unter Berück­sich­ti­gung des Ver­hält­nis­ses wech­sel­sei­ti­ger Inner­lich­keit zwi­schen der Uni­ver­sal­kir­che und der Teil­kir­che“, sowie Syn­ode und Syn­oda­li­tät. Die Lit­ur­gie soll Gegen­stand einer „ver­tief­ten theo­lo­gi­schen, histo­ri­schen und pasto­ra­len Refle­xi­on“ sein, „um die gesun­de Tra­di­ti­on zu bewah­ren und den­noch den Weg zu einem legi­ti­men Fort­schritt zu eröff­nen“. Es han­delt sich hier­bei um ein Zitat aus Arti­kel 23 der Apo­sto­li­schen Kon­sti­tu­ti­on Sacro­sanc­tum Con­ci­li­um.

Die­ser Punkt scheint die Mög­lich­keit eines offe­nen Aus­tau­sches unter den Kar­di­nä­len über den ein­zu­schla­gen­den Kurs gegen­über den Gemein­schaf­ten tra­di­tio­nell gepräg­ter Gläu­bi­ger offen­zu­hal­ten, die ins­be­son­de­re in Län­dern wie Ita­li­en, den USA und Frank­reich ste­tig wachsen.

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Il Giorn­a­le (Secreen­shot)

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