In einer Entscheidung hat das polnische Verfassungsgericht unter der Leitung von Krystyna Pawłowicz die Polnische Kommunistischen Partei (KPP) für verfassungswidrig erklärt und verboten. Die Entscheidung, die am 3. Dezember veröffentlicht wurde, erfolgte kurz vor dem vorzeitigen Ausscheiden der Vorsitzenden aus dem Amt.
Die Begründung der Richterin Pawłowicz ist eindeutig: „Es gibt keinen Platz im Rechtssystem der Republik Polen für eine Partei, die Kriminelle und Regime glorifiziert, die für den Tod von Millionen verantwortlich sind, darunter viele unserer Landsleute.“ Damit wird die KPP als unvereinbar mit den Grundwerten des polnischen Staates eingestuft.
Hintergrund: Symbole, Gesetz und Historie
Bereits seit 2009 existiert in Polen ein Gesetz, das kommunistische Symbole verbietet. Das entsprechende Strafgesetzbuch, initiiert vom damaligen Ministerpräsidenten Jarosław Kaczyński (Partei Recht und Gerechtigkeit, PiS), sieht Geldstrafen und bis zu zweijährige Freiheitsstrafen für die Produktion, den Import oder das öffentliche Zeigen solcher Symbole vor.
Juristisch wird dabei unterschieden: Das Verbot betrifft nicht die Ideologie insgesamt, sondern explizit Parteien, die totalitäre Praktiken des Kommunismus verherrlichen. Dies entspricht dem Artikel 13 der polnischen Verfassung und wurde in mehreren Fachgutachten bestätigt.
Bereits 2020 gab es erste Versuche, die KPP zu verbieten. Ein Antrag des damaligen Generalstaatsanwalts Zbigniew Ziobro blieb aus formalen Gründen zunächst liegen. Erst im November 2025 legte der neue Präsident der Nationalen Gedenkinstitution, Karol Nawrocki, einen erneuten Antrag vor, der schließlich von der Verfassungskammer umgesetzt wurde. Die Begründung lautete, die KPP verbreite Propaganda stalinistischer Regime und seine Ideologie stehe im Widerspruch zur polnischen Verfassung.
Vorzeitiger Rücktritt der Richterin Pawłowicz
Für Aufmerksamkeit sorgte die Tatsache, dass Krystyna Pawłowicz nur 48 Stunden nach der Entscheidung vorzeitig aus dem Amt schied. Ursprünglich hätte ihr Mandat bis 2028 gedauert, doch aufgrund eines Ärztlichen Gutachtens des Sozialversicherungsinstituts (ZUS) beantragte sie vorzeitig ihre Pensionierung. In einer Erklärung führte Pawłowicz an, dass Angriffe auf die Verfassungskammer und ihre Mitglieder ihre Gesundheit irreversibel beeinträchtigt hätten.
Die Richterin war seit November 2019 Mitglied der Verfassungskammer und zuvor bereits von 2007 bis 2011 Richterin am Staatsgerichtshof. Ihr Engagement für die Achtung der Verfassung und der historischen Wahrheit wird in Polen weithin anerkannt.
Europäischer Kontext
Polen ist nicht das einzige Land, das den Kommunismus rechtlich einschränkt. In mehreren ehemaligen Ostblockstaaten gelten ähnliche Regelungen:
- Ukraine (2015): Verbot der kommunistischen Propaganda und Symbole.
- Baltische Staaten und Georgien: Seit über zehn Jahren verboten, kommunistische Symbole öffentlich zu zeigen.
- Ungarn (seit 2013) und Moldawien (2012): ähnliche Einschränkungen, teils mit verfassungsrechtlichen Anpassungen.
- Kroatien: Diskutiert periodisch Verbote der Symbole des Tito-Regimes, insbesondere die Rote Stern des Jugoslawischen Volksheeres.
Polen reiht sich damit in eine Reihe von Staaten ein, die sich der Erinnerung an die Opfer totalitärer Regime verpflichten und zugleich die Werte von Freiheit, Menschenwürde und europäischer Kultur verteidigen. Wie Präsident der Republik Polen betonte, steht der Kommunismus im Widerspruch zu grundlegenden menschlichen Werten und den Traditionen der europäischen und christlichen Zivilisation.
Folgen für die Zukunft
Mit der Entscheidung des Verfassungsgerichts wird die Zulassung der Kommunistischen Partei Polens (KPP) aufgehoben, was deren Teilnahme an künftigen Wahlen unmöglich macht. Dieser Schritt stellt einen Wendepunkt in Polens Erinnerungspolitik dar und sendet eine klare, fundamentale Botschaft gegen totalitäre Ideologien.
In praktischer Hinsicht hat die Entscheidung jedoch mehr symbolischen Charakter. Nach der Auflösung der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (PZPR) im Jahre 1990, die bis dahin diktatorisch herrschte, entstanden aus ihren Funktionären zwei sozialdemokratisch orientierte Nachfolgeparteien. Weitere Nachfolgeformationen – direkt oder indirekt aus der PZPR hervorgegangen – folgten unter verschiedenen Bezeichnungen. Die Entwicklung hin zu gemäßigteren politischen Positionen ist grundsätzlich zu würdigen. Sie zeigt jedoch auch, daß die entscheidenden Auseinandersetzungen nicht auf der Ebene von Verboten, sondern im Bereich der Ideen stattfinden müssen. Die kommunistische Nomenklatur verschwand nicht 1990 einfach deshalb, weil ihre Partei sich selbst auflöste, ebenso wenig wie der Marxismus-Leninismus als Ideologie verschwunden ist. Im Gegenteil.
1990 wurden nicht nur sozialdemokratisch orientierte Parteien aus Teilen der alten Nomenklatur gegründet, sondern auch sogenannte „altkommunistische“ Parteien. Ein Beispiel dafür ist der 2002 verbotene Bund Polnischer Kommunisten „Proletariat“. Die Kommunistische Partei Polens (KPP) entstand als direkte Nachfolgeorganisation dieses Verbots.
Dennoch ist es wichtiger als jedes Verbot, den Mut aufzubringen, sich der geistigen Auseinandersetzung zu stellen. Der Zusammenbruch des Ostblocks ließ die kommunistischen Einparteienregime verschwinden. Doch die kommunistische Nomenklatur legte ihre alten Gewänder ab und schlüpfte erstaunlich wendig in sozialdemokratische, grüne oder ökosozialistische Kleidung. Die Liberalen und Linken des Westens suchten rasch eine Zusammenarbeit mit diesen Kräften, wodurch sich in der EU jene strukturelle linke Mehrheit formierte, die seit 30 Jahren sowohl die supranationale Institution der EU als auch den gesamten europäischen Integrationsprozeß zunehmend dominierte.
Das Verbot hat eine Grenze gezogen, und das ist zu begrüßen. Es verwarnt jene, die schon wieder glauben Narrenfreiheit zu haben. Die Zukunft Europas entscheidet sich nicht am Verbot einer altkommunistischen Splittergruppe, die für alle erkennbar ist, sondern darin, ob es gelingt, die weit weniger sichtbare Allianz aus marxistischem und relativistischem Denken zu überwinden. Diese Allianz zeigt sich nicht mehr mit Hammer und Sichel, sondern tritt unter neuen Etiketten wie Ökosozialismus, Feminismus, Transhumanismus, Genderismus und Wokeismus auf. Nur wenn es gelingt, diese ideologischen Strömungen zurückzudrängen und zu besiegen, wird die Zukunft Europas entscheidend geprägt.
Denn was nützt das Verbot einer ohnehin im Parlament nicht vertretenen Randgruppierung, wenn gleichzeitig eine Sechsparteien-Regierung der genannten Allianz aus Linken und Liberalen die Legalisierung der Tötung ungeborener Kinder sowie die Homo- und Klimaagenda vorantreibt?
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons

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