Mariologen widersprechen Mater populi fidelis

Bitte an Papst Leo XIV. die lehrmäßige Note einer Evaluierung zu unterziehen


Die Krönung Mariens im Himmel
Die Krönung Mariens im Himmel

Ein 23seitiges Gut­ach­ten der Inter­na­tio­na­len Maria­ni­schen Ver­ei­ni­gung kri­ti­siert die jüng­ste lehr­mä­ßi­ge Note des römi­schen Glau­bens­dik­aste­ri­ums. Zugleich distan­zier­te sich ein Bischof sofort von dem Gutachten.

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Die am 4. Novem­ber 2025 ver­öf­fent­lich­te lehr­mä­ßi­ge Note Mater popu­li fide­lis des Dik­aste­ri­ums für die Glau­bens­leh­re, unter­zeich­net von Prä­fekt Kar­di­nal Víc­tor Manu­el „Tucho“ Fernán­dez und appro­biert von Papst Leo XIV., ern­tet immer mehr Wider­spruch. Gestern, am 8. Dezem­ber, dem Hoch­fest der Unbe­fleck­ten Emp­fäng­nis, leg­te die Theo­lo­gi­sche Kom­mis­si­on der Inter­na­tio­na­len Maria­ni­schen Ver­ei­ni­gung (IMATC) – ein Zusam­men­schluß von über vier­zig inter­na­tio­nal renom­mier­ten Mario­lo­gen, dar­un­ter Scott Hahn, Mark Mira­val­le und Micha­el Siril­la sowie meh­re­ren Kar­di­nä­len und Bischö­fen – ein 23seitiges Gegen­gut­ach­ten vor.

Schwere theologische Einwände gegen Mater populi fidelis

Die IMATC bezeich­net zen­tra­le Pas­sa­gen der römi­schen Note als „feh­ler­haft“, „unglück­lich for­mu­liert“ und als „anti-Ent­wick­lung der Dok­trin“ im Hin­blick auf zwei histo­risch tief ver­an­ker­te Marientitel:

  • Cor­re­demptrix (Mit­erlö­se­rin) und
  • Media­trix omni­um gra­ti­arum (Mitt­le­rin aller Gnaden).

Die Theo­lo­gen war­nen, daß das Glau­bens­dik­aste­ri­um mit sei­nem Ansatz eine Ver­kür­zung mario­lo­gi­scher Leh­ren prä­sen­tie­re, die „in Gefahr steht, sich eher einer pro­te­stan­ti­schen Sote­rio­lo­gie anzu­nä­hern als der katho­li­schen Tra­di­ti­on“ zu entsprechen.

Zwar wür­digt die IMATC die kla­re Bestä­ti­gung Chri­sti als ein­zi­gem gött­li­chen Erlö­ser und die Aner­ken­nung der ein­zig­ar­ti­gen Mit­wir­kung Mari­ens. Doch gera­de hier­in lie­ge die „wesent­li­che Aus­las­sung“ der Note: Die akti­ve, objek­ti­ve Mit­wir­kung Mari­ens am Erlö­sungs­werk wer­de ins Mini­ma­li­sti­sche redu­ziert und teil­wei­se unterschlagen.

Der Streit um den Titel Corredemptrix

Beson­ders ent­schie­den wider­spricht die IMATC der For­mu­lie­rung, der Titel „Cor­re­demptrix“ sei „immer unan­ge­mes­sen“ bzw. „immer unan­ge­bracht“. Die Kom­mis­si­on hält dagegen:

„Wenn der Titel immer unan­ge­mes­sen wäre, hät­ten die Päp­ste, die ihn ver­wen­det oder appro­biert haben, unan­ge­mes­sen gehan­delt – eben­so die hei­li­gen Mysti­ker und Theo­lo­gen, die ihn lehr­amt­lich oder spi­ri­tu­ell ver­tei­digt haben.“

Unter Hin­weis auf die Neue Katho­li­sche Enzy­klo­pä­die (2010) erin­nert das Doku­ment dar­an, daß der Titel seit dem 14. Jahr­hun­dert bezeugt ist und im 20. Jahr­hun­dert wie­der­holt durch den Apo­sto­li­sche Stuhl gebraucht wur­de – stets in einem Sin­ne, der die voll­stän­di­ge Unter­ord­nung Mari­ens unter Chri­stus, den allei­ni­gen Erlö­ser, betont.

Auch die Behaup­tung des Glau­bens­dik­aste­ri­ums, der Titel sei wegen stän­di­ger Erklä­rungs­be­dürf­tig­keit „nutz­los“, wird zurückgewiesen:

„Die zen­tral­sten Glau­bens­wahr­hei­ten der Kir­che – Mut­ter Got­tes, Drei­fal­tig­keit, Trans­sub­stan­tia­ti­on, päpst­li­che Unfehl­bar­keit – bedür­fen fort­wäh­ren­der Erklä­rung und wur­den den­noch dog­ma­tisch definiert.“

Kar­di­nal Fernán­dez prä­zi­sier­te spä­ter (25. Novem­ber gegen­über Dia­ne Mon­tagna), daß die Unter­sa­gung nur für künf­ti­ge lehr­amt­li­che Doku­men­te gel­te; in der Volks­fröm­mig­keit sei der Titel wei­ter­hin erlaubt. Die IMATC bewer­tet die­se spä­te­re Klar­stel­lung jedoch als unzureichend.

Die „Mittlerin aller Gnaden“ und die Sorge um die Volksfrömmigkeit

Auch beim Titel „Media­trix omni­um gra­ti­arum“ sieht die IMATC schwer­wie­gen­de Ver­kür­zun­gen. Die Note des Glau­bens­dik­aste­ri­ums redu­zie­re die müt­ter­li­che Mitt­ler­schaft Mari­ens fak­tisch auf eine blo­ße Für­bit­te­funk­ti­on und igno­rie­re vier Jahr­hun­der­te päpst­li­cher Leh­re, ein­schließ­lich drei­er vati­ka­ni­scher Kom­mis­sio­nen unter Pius XI., die zusam­men über 2.000 Sei­ten Begrün­dungs­ma­te­ri­al für eine mög­li­che Dog­ma­ti­sie­rung vor­ge­legt hatten.

Die Theo­lo­gen war­nen, der mini­ma­li­sti­sche Ansatz des Doku­ments zer­stö­re Ver­trau­en in tra­di­tio­nel­le For­men der Mari­en­ver­eh­rung, darunter:

  • die Wun­der­tä­ti­ge Medaille,
  • den Rosen­kranz,
  • das Brau­ne Skapulier,
  • Ordens­ge­mein­schaf­ten mit dem Titel Corredemptrix,
  • sowie die Legio Mariae, deren Hand­buch zehn expli­zi­te Hin­wei­se auf Maria als Mitt­le­rin aller Gna­den enthält.

Ruf nach einer echten Klärung

Die IMATC hält fest, daß bei­de in Fra­ge gestell­ten Titel eine kon­ti­nu­ier­li­che Lehr­tra­di­ti­on der Kir­che reprä­sen­tie­ren: von der Hei­li­gen Schrift über die Typo­lo­gie der Neu­en Eva bis in das moder­ne päpst­li­che Lehr­amt hin­ein.
Eine Sote­rio­lo­gie, die „nur Jesus allein“ beto­ne, ohne die von Gott gewoll­te mensch­li­che Mit­wir­kung Mari­ens zu wür­di­gen, „sei theo­lo­gisch defi­zi­tär und erin­ne­re eher an pro­te­stan­ti­sche Interpretationen“.

Daher appel­liert die Kom­mis­si­on an Papst Leo XIV., die Note Mater popu­li fide­lis neu zu eva­lu­ie­ren und eine kohä­ren­te, tra­di­ti­ons­kon­ti­nu­ier­li­che Erklä­rung über Maria als Mit­erlö­se­rin und Mitt­le­rin aller Gna­den zu ermöglichen.

Schon eine Woche zuvor hat­te eine unab­hän­gi­ge Grup­pe von Mario­lo­gen den Papst in einem eige­nen „Appell“ gebe­ten, den durch die Note ent­stan­de­nen „Schmerz und die Bestür­zung der Gläu­bi­gen“ ernst­zu­neh­men und die „Ehre und die beson­de­re Ver­eh­rung der aller­se­lig­sten Jung­frau Maria“ zu wahren.

Klarstellung durch Bischof Rico Pavés

Die Bericht­erstat­tung ein­zel­ner spa­ni­scher Medi­en erweck­te den Ein­druck, meh­re­re Mit­glie­der der IMATC, dar­un­ter Bischof José Rico Pavés, hät­ten das Gut­ach­ten per­sön­lich unter­zeich­net. Der Bischof von Asi­do­nia-Jerez stell­te heu­te hier­zu fest, daß er zwar for­mal IMATC-Mit­glied sei, jedoch kei­ner­lei Kennt­nis von der Erstel­lung der Ant­wort gehabt habe, weder an der For­mu­lie­rung des Gut­ach­tens betei­ligt gewe­sen sei noch es unter­zeich­net habe.

Sei­ne Mit­ar­beit habe sich seit Jah­ren dar­auf beschränkt, den peri­odi­schen Rund­brief der Ver­ei­ni­gung per E‑Mail zu emp­fan­gen. Erst die Ver­öf­fent­li­chung im Inter­net habe ihn von der Exi­stenz des Doku­ments erfah­ren las­sen. Sei­ne Klar­stel­lung die­ne aus­drück­lich nicht der Bewer­tung des IMATC-Gut­ach­tens, son­dern aus­schließ­lich der Rich­tig­stel­lung irre­füh­ren­der Pres­se­be­rich­te, so der Bischof.

Die Kon­tro­ver­se um Mater popu­li fide­lis zeigt, daß die Fra­ge nach einer mög­li­chen Dog­ma­ti­sie­rung der Titel Mit­erlö­se­rin und Mitt­le­rin aller Gna­den wei­ter­hin zu den zen­tra­len theo­lo­gi­schen Streit­fra­gen inner­halb der Kir­che gehört. Wäh­rend ein brei­tes Spek­trum maria­ni­scher Gelehr­ter eine Fort­set­zung der tra­di­tio­nel­len Leh­re for­dert, betont das Dik­aste­ri­um für die Glau­bens­leh­re die Not­wen­dig­keit einer pasto­ra­len Klug­heit durch zurück­hal­ten­de Formulierungen.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: MiL

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