Latein ist die Amtssprache der Kirche, und wer sie nicht beherrscht – selbst unter den Kardinälen, wie beim jüngsten Konklave im Mai deutlich zutage trat – „sollte ab heute die Schulbücher wieder zur Hand nehmen“, Francesco Capozza, Vatikanist der römischen Tageszeitung Il Tempo. Papst Leo XIV. hat dies im neuen „Allgemeinen Reglement der Römischen Kurie“, das am Montag erlassen wurde, verbindlich festgelegt. Es ist sicherlich keine Neuigkeit, daß Latein die Kirchensprache ist, mit der bis vor einigen Jahrzehnten die Würdenträger aus aller Welt miteinander kommunizierten. Dennoch gab es in jüngerer Zeit Stimmen, die wünschten, diese altehrwürdige Sprache weltweit durch Italienisch zu ersetzen.
Nach dem Tod von Papst Franziskus am 21. April versammelten sich die Purpurträger aus aller Welt in Rom. Viele der herausragenden Kirchenmänner wußten jedoch nicht, wie sie sich austauschen und Diskussionen über die Wahl des neuen Papstes führen sollten. Ein Großteil von ihnen beherrscht das Italienische nicht wirklich – und warum sollten sie auch? Doch besonders auffällig war, daß zahlreiche Kardinäle nicht einmal Latein beherrschten. Ein für das Sprachenbabel notwendiger Schlußstrich wurde daher vom neuen Pontifex gezogen, der, fast sieben Monate nach seiner Wahl auf den Stuhl Petri, es für unerläßlich hielt, endgültige Klarheit zu schaffen.
Das neue Reglement der Römischen Kurie ist in zwei Teile gegliedert: Der erste richtet sich an die oberen Ebenen der kirchlichen Hierarchie, die die zentrale Leitung der Kirche bilden, und umfaßt 52 Artikel. Der zweite Teil, der sich an das zweite Führungspersonal, an Bischöfe niedrigerer Rangstufe und Laien richtet, besteht aus 92 Artikeln, die verschiedene Aspekte der Arbeit bei der Heiligen Stadt betreffen: von Mobilität über Pensionen, von Karrieresprüngen bis zu ordentlicher und außerordentlicher Vergütung, von Kündigungsgründen bis hin zu Urlaubsregelungen und Sonderzeiten. Dieser Teil betrifft, wie gesagt, weitgehend das weltliche Personal im Vatikan, vom Portier bis zum Mitarbeiter des Postamtes.
Der eigentliche Kern dieser neuen Regelung liegt jedoch im ersten Teil, der Kardinäle, Erzbischöfe und hohe Prälaten betrifft, die in den Dikasterien (vergleichbar den Ministerien weltlicher Regierungen) des Apostolischen Stuhls tätig sind. Gerade hier, unter Titel XIII mit der Überschrift „Verwendete Sprachen“, legt Artikel 50 von Leo XIV. fest: „Die kurialen Institutionen verfassen ihre Dokumente grundsätzlich in lateinischer Sprache“. Für diejenigen, die diese Sprache leider nicht ausreichend beherrschen – und das betrifft, bedauerlicherweise, viele selbst in den oberen vatikanischen Kreisen – richtet der Papst im folgenden Paragraphen ein „Amt für die lateinische Sprache bei dem Staatssekretariat“ ein, also eine Art Förder- oder Nachhilfeschule, die jedem bereitsteht, der die Sprache wieder auffrischen muß, die seit Jahrhunderten die offizielle Sprache der Kirche ist.
Text: Giuseppe Nardi
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