Wenn der Papst wieder Papst ist, verstummt der Medienapplaus

Das Ende des Scalfari-Lehramtes


Wenn der Papst wieder Papst ist, endet das Scalfari-Lehramt von "La Repubblica". Im Bild Leo XIV. gestern mit Astrophysikern der Vatikanischen Sternwarte.
Wenn der Papst wieder Papst ist, endet das Scalfari-Lehramt von "La Repubblica". Im Bild Leo XIV. gestern mit Astrophysikern der Vatikanischen Sternwarte.

Von Don Mario Proietti*

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Als Papst Fran­zis­kus „weni­ger Papst war, wur­de er mehr Papst“ – mit die­sem bezeich­nen­den, para­do­xen Satz hat der bekann­te Jour­na­list Fran­ces­co Mer­lo bei einer Podi­ums­dis­kus­si­on der lin­ken Tages­zei­tung „La Repubbli­ca“ eine sym­bo­li­sche Linie gezo­gen: eine media­le Zäsur, die mehr ist als ein Kom­men­tar zu zwei Pon­ti­fi­ka­ten. Sie ist eine unfrei­wil­li­ge Offen­ba­rung. Denn sie legt offen, wie sehr Tei­le der säku­la­ri­sier­ten Pres­se das Papst­tum zuletzt in ihrer eige­nen ideo­lo­gi­schen Pro­jek­ti­on auf­ge­ho­ben sahen – als Platt­form für kul­tu­rel­le Nähe statt kirch­li­che Wahrheit.

Solan­ge der Papst sich in die­ses Bild ein­fü­gen ließ, war er Lieb­ling der Gazet­ten. Jetzt, da Leo XIV. das Papst­amt wie­der mit sei­ner genui­nen, über­lie­fer­ten Gestalt füllt, schlägt die Sym­pa­thie ganz schnell in Käl­te um. „Zu distan­ziert“, heißt es nun. Gemeint aber ist: zu katholisch.

Ein Papst „wie einer von uns“

Fran­zis­kus wur­de gefei­ert, je weni­ger er als Hüter des Glau­bens auf­trat. Je mehr er Inter­views gab, in denen er Glau­bens­wahr­hei­ten offen­ließ oder rela­ti­vier­te, je weni­ger er sich klar zur Leh­re äußer­te, desto stär­ker wur­de er von einem Teil der Öffent­lich­keit angeb­lich als „mensch­lich“ emp­fun­den. Er war der Papst der schwei­gen­den Gesten, der Umar­mun­gen, der Gesprä­che mit Euge­nio Scal­fa­ri – ein Papst, der nicht urteil­te, son­dern räsonierte.

Doch die­ser „pasto­ra­le Huma­nis­mus“ hat­te einen Preis: das Ver­schwin­den des Sakra­len. Die Lit­ur­gie ver­lor an Glanz, das Lehr­amt an Schär­fe, das Papst­amt an pro­phe­ti­scher Auto­ri­tät. Was für man­che befrei­end war, war für ande­re ein schmerz­haf­ter Verlust.

Die Rückkehr des Petrusamtes

Leo XIV. hat, ohne sei­nen Vor­gän­ger zu kri­ti­sie­ren, dem Amt wie­der Pro­fil und Kon­tur ver­lie­hen: theo­lo­gisch fun­diert, lit­ur­gisch dis­zi­pli­niert, inner­lich ver­an­kert in der Tra­di­ti­on. Das gefällt nicht jedem. Wo vor­her Unver­bind­lich­keit war, ist jetzt Klar­heit. Wo man den Papst als wohl­mei­nen­den Gesprächs­part­ner sah, tritt nun der Nach­fol­ger Petri als Leh­rer und Wäch­ter auf.

„Zu kalt“, heißt es in den Spal­ten der Repubbli­ca. Aber ist es wirk­lich Käl­te – oder schlicht der Ernst der Wahrheit?

Der Papst ist nun wie­der das, was er theo­lo­gisch immer war: ein Zei­chen des Wider­spruchs. Nicht Mode­ra­tor eines plu­ra­li­sti­schen Dia­lo­ges, son­dern Fun­da­ment der Wahr­heit (vgl. 1 Tim 3,15). Und genau das macht ihn für eine Zeit, die Dog­men ver­ach­tet und Auto­ri­tät scheut, unbequem.

Der Applaus der Welt – und seine Abhängigkeit

Der Bruch ist erklär­lich. Das Pon­ti­fi­kat von Fran­zis­kus hat­te sich durch Offen­heit gegen­über welt­li­chen Gesprächs­part­nern, durch media­le Nähe und durch die Dul­dung mul­ti­pler Les­ar­ten selbst rela­ti­viert. Wer das Papst­tum auf eine sym­pa­thi­sche Opti­on unter vie­len redu­ziert, darf sich nicht wun­dern, wenn des­sen Rück­kehr zur Ein­deu­tig­keit als Zumu­tung emp­fun­den wird.

Jetzt, da Leo XIV. das Papst­amt wie­der als Dienst an der Wahr­heit ver­steht – nicht an der Zustim­mung –, herrscht Ver­wir­rung. Man hat­te sich an einen Papst gewöhnt, der nick­te, wo er hät­te leh­ren sol­len. Nun steht da einer, der wie­der mit Auto­ri­tät spricht – selbst auf Kosten des Applauses.

Wer hat dieses Bild des Papsttums ermöglicht?

Die eigent­li­che Fra­ge ist: Wer hat die­se Ver­welt­li­chung des Papst­am­tes in den letz­ten Jah­ren kul­ti­viert? Wer hat aus dem Stell­ver­tre­ter Chri­sti den blo­ßen „Bischof von Rom“ gemacht? Wer hat der Leh­re ihre Ein­deu­tig­keit genom­men – aus Angst vor Unbeliebtheit?

Leo XIV. hat nicht alles ver­än­dert – aber er hat das Zen­trum ver­scho­ben: von der Zustim­mung der Welt zurück zur Treue gegen­über der Über­lie­fe­rung. Das ist nicht bequem. Aber wahr­haft katho­lisch war es nie, beliebt zu sein.

Wer die Kir­che liebt, wird nie einen Papst fürch­ten, der wie­der Papst ist.

*Pater Mario Proi­et­ti, Mis­sio­nar vom Kost­ba­ren Blut, wirkt an der Wall­fahrts­kir­che zum hei­li­gen Gaspa­re del Bufa­lo in Alba­no Laziale

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Vati​can​.va (Screen­shot)

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Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

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1 Kommentar

  1. Fra­ge und Ant­wort sind hier enthalten. 

    „Wer hat die­se Ver­welt­li­chung des Papst­am­tes in den letz­ten Jah­ren kultiviert?“

    und dann: „Das ist nicht bequem.“

    Es ist die Bequem­lich­keit. Bequem­lich­keit ist eine zeit­lo­se Grundveranlagung.

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