Darf Maria der Titel Miterlöserin abgesprochen werden?

Sententia theologice certa


Die Jungfrau und Gottesmutter Maria, Miterlöserin und Mittlerin aller Gnaden?
Die Jungfrau und Gottesmutter Maria, Miterlöserin und Mittlerin aller Gnaden?

Der tra­di­ti­ons­ver­bun­de­ne ita­lie­ni­sche Prie­ster Don Andrea Gio­va­nar­di schrieb Aldo Maria Val­li fol­gen­den Brief zum jüng­sten Doku­ment des Glau­bens­dik­aste­ri­ums, mit dem die Mari­en­ti­tel „Mit­erlö­se­rin“ und „Mitt­le­rin aller Gna­den“ abge­lehnt wurden.

Sehr geehrter, lieber Valli!

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Es mag zutref­fen, daß es tech­nisch mög­lich und zuläs­sig ist, in Erman­ge­lung eines defi­nier­ten Dog­mas zu argu­men­tie­ren, der Titel „Mit­erlö­se­rin“ sei unan­ge­bracht; eben­so mag zutref­fen, daß in Abwe­sen­heit eines sol­chen Dog­mas Raum für theo­lo­gi­sche Debat­ten besteht und das Dik­aste­ri­um für die Glau­bens­leh­re eine ent­spre­chen­de Ori­en­tie­rung geben kann (was selbst­ver­ständ­lich ist). Weni­ger zutref­fend ist jedoch die Auf­fas­sung, der „Theo­lo­gie der Mit­er­lö­sung“ kön­ne die Qua­li­fi­ka­ti­on und Wür­de als katho­li­sche Leh­re abge­spro­chen wer­den. Viel­mehr gilt das Gegen­teil: Die Leh­re von der Mit­er­lö­sung ist als sen­ten­tia ad fidem per­ti­nens oder sen­ten­tia theo­lo­gice cer­ta anzu­se­hen, deren Wahr­heit durch ihre enge Ver­bin­dung zur Offen­ba­rung gewähr­lei­stet ist.

Vie­les wur­de hier­zu bereits geschrie­ben – von Päp­sten, Hei­li­gen und Kir­chen­leh­rern. Ich möch­te daher ledig­lich ein anschau­li­ches Bei­spiel im Stil eines klei­nen Kate­chis­mus geben, das den Kern der Sache verdeutlicht.

Stel­len wir uns vor, ein Nach­bar kommt zu Ihnen und bit­tet um Rat­ten­gift. Sie geben es ihm, über­las­sen ihm das Mate­ri­al, blei­ben dabei jedoch neu­tral gegen­über ihm und dem Zweck, dem das Gift die­nen soll; die Sache endet hier.

Kommt der­sel­be Nach­bar jedoch und sagt: „Ich hal­te es nicht mehr aus, ich has­se mei­ne Frau, gib mir bit­te Rat­ten­gift, ich will sie ver­gif­ten und töten“, dann ver­än­dert sich die Lage grund­le­gend. Geben Sie ihm das Gift, han­deln Sie mate­ri­ell zwar genau­so wie zuvor – for­mal jedoch über­neh­men Sie den mör­de­ri­schen Wil­len Ihres Nach­barn und wer­den zu sei­nem Kom­pli­zen. Sie hät­ten ihm das Gift zum Töten sei­ner Frau bereit­ge­stellt: Das ist Kom­pli­zen­schaft beim Mord.

Ana­log dazu hat die seli­ge Jung­frau Maria nicht ein­fach mate­ri­ell dem Wort Got­tes einen Leib gege­ben. Viel­mehr hat sie im Moment der Ver­kün­di­gung bewußt und frei ihr „fiat“ („Mir gesche­he nach dei­nem Wort“) aus­ge­spro­chen, nach­dem der Engel ihr den Heils­plan Got­tes erklärt hat­te (vgl. Lk 1,31–33; Mt 1,21–23).

Die Jung­frau über­nimmt die­sen Heils­wil­len als ihren eige­nen: Sie beschränkt sich nicht dar­auf, dem Leib Chri­sti ledig­lich „Mate­ri­al“ zu über­las­sen und dabei gegen­über der erlö­sen­den Tat außen­ste­hend zu blei­ben. Sie wird viel­mehr „Kom­pli­zin“ der heil­brin­gen­den Tat Chri­sti – so wie jemand, der das Gift über­gibt, im Wis­sen, daß es zum Töten ver­wen­det wird, als Kom­pli­ze han­delt, obwohl die eigent­li­che Tat ein ande­rer vollführt.

Die seli­ge Jung­frau hat nicht nur auf ein­zig­ar­ti­ge Wei­se cum et sub Chri­sto an der Wei­ter­ga­be der Heils­grün­de teil­ge­nom­men, wie die bekann­te Anmer­kung des Glau­bens­dik­aste­ri­ums zu Recht bestä­tigt (sub­jek­ti­ve Erlö­sung, an der alle getauf­ten Gläu­bi­gen im Stand der Gna­de teil­ha­ben). Sie hat auch aktiv am Erwerb des Heils selbst mit­ge­wirkt (objek­ti­ve Erlö­sung). In die­sem Sinn wur­de sie Mit­erlö­se­rin genannt.

Abschlie­ßend sei noch eine beson­de­re „Errun­gen­schaft“ der aller­se­lig­sten Maria her­vor­ge­ho­ben: Alle jubeln über die kla­re Fest­stel­lung, daß es nur einen Erlö­ser und einen ein­zi­gen Mitt­ler für die Mensch­heit gibt! In einer Zeit, in der vie­le Reli­gio­nen als von Gott gewoll­te Wege des Heils ver­stan­den wer­den, erfreut es beson­ders, daß die Hei­li­ge Jung­frau einen so brei­ten und begei­ster­ten Kon­sens über die­se fun­da­men­ta­le Wahr­heit errei­chen konn­te – eine Wahr­heit, deren Bekräf­ti­gung in der Ver­öf­fent­li­chung der Erklä­rung Domi­nus Iesus zur Ein­zig­ar­tig­keit und uni­ver­sel­len Heils­wir­kung Jesu Chri­sti und der Kir­che zunächst auf unver­ständ­li­che Kon­tro­ver­sen stieß: Ihr Sohn ist der Weg, der ein­zi­ge Weg, der ein­zi­ge Erlö­ser und Mitt­ler zwi­schen Gott und den Menschen.

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: MiL

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