Neuer Glanz im Supermarkt – und alte Sorgen hinter Museumsmauern

Vatikan intern: Zwischen Einkaufskorb und Klagebank


Neueröffnung des Supermarktes im Vatikan
Neueröffnung des Supermarktes im Vatikan

Die Mau­ern des Vati­kans, reich an Geschich­te und Sym­bo­lik, ber­gen nicht nur geist­li­che Schät­ze, son­dern auch sehr kon­kre­te All­tags­rea­li­tä­ten. Zwei jüng­ste Ent­wick­lun­gen zei­gen auch dabei auf­tre­ten­de Gegen­sät­ze, die im klein­sten Staat der Welt neben­ein­an­der exi­stie­ren: Wäh­rend auf der einen Sei­te der neu eröff­ne­te Super­markt „Tig­re-Anno­na“ mit moder­nem Glanz und groß­zü­gi­ger Waren­viel­falt die Tore für Kle­ri­ker und Ange­stell­te öff­net, kämpft auf der ande­ren Sei­te ein Teil der Beleg­schaft der Vati­ka­ni­schen Muse­en mit einer bei­spiel­lo­sen Sam­mel­kla­ge um Aner­ken­nung und bes­se­re Arbeitsbedingungen.

Ein Supermarkt als Spiegel vatikanischer Alltagskultur

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Nach Mona­ten der Reno­vie­rung wur­de die tra­di­ti­ons­rei­che Ver­kaufs­stel­le Anno­na, die ursprüng­lich in den 1930er Jah­ren ein­ge­rich­tet wur­de, fei­er­lich wie­der­eröff­net. Erst­mals wur­de die Ver­wal­tung an einen exter­nen Betrei­ber ver­ge­ben: die ita­lie­ni­sche Unter­neh­mens­grup­pe Magazzini Gabri­el­li Spa, bekannt unter der Mar­ke „Tig­re“. Die Seg­nung der neu­en Räum­lich­kei­ten erfolg­te durch Erz­bi­schof Emi­lio Nap­pa, den Gene­ral­se­kre­tär des Gover­na­torats. Das ist die Regie­rungs­be­hör­de des Staa­tes der Vatikanstadt.

Die Atmo­sphä­re im neu­ge­stal­te­ten Geschäft, so wird gewor­ben, „ist geprägt von schlich­ter Ele­ganz und tech­ni­scher Raf­fi­nes­se“: vom inter­ak­ti­ven Brot-Ter­mi­nal bis hin zu einem sorg­sam betreu­ten Wein­be­reich, unter der Lei­tung eines kun­di­gen Som­me­liers. Die Kun­den – haupt­säch­lich Ordens­leu­te, Vati­kan­mit­ar­bei­ter und diplo­ma­ti­sches Per­so­nal – genie­ßen ein brei­tes Ange­bot, das von inter­na­tio­na­len Deli­ka­tes­sen bis zu Votiv­ker­zen mit Hei­li­gen­ab­bil­dun­gen reicht. Die Prei­se, steu­er­frei, lie­gen merk­lich unter dem übli­chen Markt­wert. Der Kir­chen­staat kennt weder Mehr­wert- noch Umsatz­steu­er. Im Gegen­zug ist der Super­markt nicht all­ge­mein zugäng­lich. Neue Ser­vice­an­ge­bo­te, etwa ein Abhol­sy­stem für Online­be­stel­lun­gen sowie Ver­gün­sti­gun­gen für Fami­li­en, Senio­ren und jun­ge Eltern, sol­len die Ein­kaufs­er­fah­rung noch zugäng­li­cher gestalten.

Vati­ka­ni­sche Muse­en: Die Cus­to­des for­dern mehr Aner­ken­nung und bes­se­re Arbeitsbedingungen

Ein Schatten hinter den Kulissen: Die Forderungen der Museums-Custodes

Im Kon­trast zum geschäf­ti­gen Trei­ben des neu eröff­ne­ten Super­markts steht ein ande­rer Teil des Vati­kans unter Anspan­nung: Zwölf Cus­to­des der Vati­ka­ni­schen Muse­en, einst fast fünf­zig, haben eine Sam­mel­kla­ge gegen das Gover­na­torat und des­sen Prä­si­den­tin, Schwe­ster Raf­fa­el­la Pet­ri­ni, ein­ge­reicht. Seit dem 1. März 2025 wird der Vati­kan­staat von einer Frau regiert. Der Vor­wurf der Cus­to­des: unzu­rei­chen­de Arbeits­be­din­gun­gen, feh­len­de Sicher­heits­maß­nah­men und man­geln­de Anerkennung.

Die Kla­ge ist ein Novum in der Geschich­te des Vati­kans. Sie bringt struk­tu­rel­le Pro­ble­me ans Licht, über die im Kir­chen­staat nur ungern gespro­chen wird: ver­al­te­te tech­ni­sche Anla­gen, gesund­heits­ge­fähr­den­de Arbeits­um­ge­bun­gen, ins­be­son­de­re in tou­ri­sti­schen Hoch­zei­ten, sowie eine zuneh­men­de Ver­ant­wor­tung für den Schutz unschätz­ba­rer Kunst­wer­ke – alles ohne ent­spre­chen­de Ent­loh­nung oder recht­li­che Absicherung.

Beson­ders dra­ma­tisch wirkt der Fall eines jun­gen Cus­tos, der im ver­gan­ge­nen Jahr auf­grund der typisch römi­schen Som­mer­hit­ze im berühm­ten Cor­ti­le del­la Pigna zusam­men­brach und ins künst­li­che Koma ver­setzt wer­den muß­te. Die betrof­fe­nen Mit­ar­bei­ter for­dern nun neben bes­se­ren Arbeits­be­din­gun­gen auch sozia­le Schutz­maß­nah­men und eine gerech­te­re Arbeits­zeit­re­ge­lung – ins­be­son­de­re, da ihre Dien­ste oft über die regu­lä­ren Arbeits­zei­ten ande­rer vati­ka­ni­scher Ange­stell­ter hinausgehen.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: VaticanNews/​MiL

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