
Das Internet ist ein mächtiges Werkzeug für die Verbreitung von Informationen und für die Kommunikation. Doch wie jedes Werkzeug birgt es auch das Potenzial für Mißbrauch. Vor einem betrügerischen YouTube-Kanal ist zu warnen.
Als Barack Obama 2008 zum Präsidenten gewählt wurde, feierte die politische Linke, unterstützt von den Mainstream-Medien, das Internet als neuartiges Instrument einer demokratischen „Graswurzelbewegung“. Acht Jahre später, im Jahr 2016, Donald Trump nach einem intensiven Wahlkampf auf den sozialen Medien gewählt wurde, wendete sich das Blatt: Die gleichen Kräfte, die zuvor jubelten, begannen nun, das Internet als freies Medium zu bekämpfen. Bereits am Tag nach der Wahl zeigte die New York Times mit dem Finger auf die sozialen Medien und forderte Zensur. Seither sind Bestrebungen, das Internet unter Kontrolle zu bringen, teils massiv geworden. Unliebsame Meinungen sollen eingeschränkt und in ihrer Verbreitung behindert werden. Der Zugang zum Netz soll nur noch kontrolliert und genehmigt möglich sein – zumindest, wenn es nach bestimmten Kräften ginge.
Diese Einleitung ist notwendig, denn an dieser Stelle soll nicht Zensur, sondern der freie Zugang zum Internet verteidigt werden. Dennoch muß eine Warnung ausgesprochen werden: Auch das Internet kann mißbraucht werden. Der direkte Mißbrauch, der dem Feind der Meinungsfreiheit Vorschub leistet, ist die gezielte Verbreitung von Falschmeldungen – insbesondere die bewußte Erfindung und Verbreitung falscher Informationen.
Bedauerlicherweise ist auch der katholische Raum nicht frei von solchen schädlichen und ungebetenen Einflüssen. Über die Motive hinter dieser Problematik kann nur spekuliert werden.
Ein konkretes Beispiel für die Verbreitung solcher Falschmeldungen ist der YouTube-Kanal „Papst Leo XIV – Göttliches Testament“. Dieser Kanal hat seit Anfang August, soweit nachvollziehbar, 35 Videos veröffentlicht. Jedes dieser Videos gibt vor, Ansprachen von Papst Leo XIV. in deutscher Übersetzung zu präsentieren. Zwar werden echte Videoaufnahmen gezeigt, doch die deutsche Übersetzung dieser päpstlichen Ansprachen ist schlichtweg erfunden.
Der Betrug wird deutlich, da bei den gefälschten Ansprachen der Originalton völlig ausgeblendet wird, was bei Papstansprachen und überhaupt gänzlich unüblich ist. Der Grund dafür ist offensichtlich: Andernfalls wäre der Betrug sofort erkennbar. So muß der Betrug durch einen unplausiblen Text erschlossen werden, der in Stil, Wortwahl, Klarheit und Ausrichtung deutlich von den bekannten Ansprachen abweicht.
Doch warum betreibt jemand diesen Aufwand? Mit den heutigen Mitteln der Künstlichen Intelligenz ist der Aufwand in der Tat geringer, als man zunächst annehmen würde. Dennoch bleibt die Frage: Warum wird dieser offensichtliche Betrug überhaupt betrieben? Der Kanal präsentiert sich als „Gemeinschaft des Glaubens, des Gebets und des göttlichen Schutzes“.
Der Kanal hat erstaunlicherweise 2810 Abonnenten. In seiner Selbstbeschreibung auf YouTube liest man:
„Papst Leo XIV., Vermächtnis von Papst Leo XIV., Katholischer Kanal, Katholisches Gebet, Katholischer Glaube, Gebetskanal, Christliche Gebete, Katholische Betrachtungen, Botschaften des Papstes, Katholische Spiritualität, Spirituelles Erbe, Kraftvolles katholisches Gebet, Katholische Kirche online, Katholische Glaubensgemeinschaft, Worte des Papstes, Katholisch-christliche Videos, Katholische Meditationen, Tägliches katholisches Gebet, Katholischer Frieden und Glaube, Christlich-katholischer Kanal. Das sagt Papst Leo XIV. über diejenigen, die eingeäschert werden, werden sie wieder auferstehen!“
Am meisten ins Absurde geht jedoch, daß dem angeblichen Papst in den Videos Werbung für den eigenen Kanal untergeschoben wird. In einem Video vom 6. August 2025, das Leo XIV. bei einer Predigt im Petersdom zeigt, spricht die KI-generierte Stimme der angeblichen Übersetzung:
„Wenn diese Botschaft Sie berührt und Sie inmitten der modernen Verwirrung Trost, Klarheit und Wahrheit suchen, lade ich Sie ein, den Kanal ‚Papst Leo XIV – Worte, die die Seele erwecken‘ zu abonnieren. Jedes Video ist ein Licht inmitten der Dunkelheit, ein Wort, das tiefe Wunden heilt und ein Aufruf Gottes, zielstrebig voller Glauben und Hoffnung zu leben.“
Auch das jüngste, erst gestern veröffentlichte Video „Wie wird es zwischen der Kirche und der LGBTQ Gemeinschaft weitergehen Papst Leo XIV“ folgt dem immer gleichen Muster: Originale Videoaufnahmen von VaticanNews, die Papst Leo XIV. bei einer Predigt im Petersdom zeigen, doch der in deutscher Übersetzung unterlegte Text ist reine Fälschung. Im konkreten Fall wird dem Papst eine akzentuierte Predigt zur Bekräftigung der katholischen Lehre zur Homosexualität untergeschoben, die sich durch eine bemerkenswerte Klarheit und Differenzierung charkterisiert. Die kirchliche Lehre wird verteidigt, eindeutig gelehrt und zugleich die Annahme von Menschen mit homosexuellen Neigungen in Liebe, Fürsorge und echtem Bemühen um das Seelenheil durch Umkehr aufgezeigt. Der Papst thematisiert – freilich rein fiktiv – die in Kirche und Welt herrschende Verwirrung zur Homosexualität, nennt und kritisiert seinen Vorgänger Franziskus, zitiert Medien, stellt klar und erzählt mehrere Beispiele zu angeblich persönlichen Begegnungen mit Homosexuellen und wie er – Robert Prevost als Augustinerpater und Bischof – damit umgegangen sei. Die Darstellung geht bis ins Detail, indem Leo XIV. angeblich erzählt, welche Psalmen er mit den Betroffenen gebetet habe, welche Stellen aus den Evangelien er zitierte usw.
Inhaltlich folgen die gefälschten Papst-Worte einer traditionellen Ausrichtung. Die Texte sind „In der Sache erstaunlich wahr, aber fast nicht zu glauben“, wie es in einer Zuschrift an Katholisches.info heißt. Und tatsächlich: Alles ist gefälscht.
Die kirchliche Lehre ist zu verteidigen und zu lehren, aber nicht durch Fälschung und Betrug.
Durch den hier genannten YouTube-Kanal wird in aller Deutlichkeit eine Täuschung betrieben, die gezielt Verwirrung stiftet. Ist das der wahre Beweggrund? Soll in der katholischen Welt Verwirrung gesät werden? Soll die Tradition diskreditiert werden?
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Youtube (Screenshot)
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