
Von Cristina Siccardi*
Während des gegenwärtigen Pontifikats hat sich bereits ein tief empfundener Bezug zur seligen Jungfrau Maria gezeigt – ein Ausdruck der innigen Marienfrömmigkeit Leos XIV. Diese besondere Sensibilität des Papstes wurzelt auch in seiner augustinischen Prägung, die von der Mariologie des Bischofs von Hippo nicht nur geprägt, sondern geistlich durchdrungen und verinnerlicht ist.
Am 15. August feierte die Kirche das Hochfest Mariä Himmelfahrt. Mit Spannung wurden die Worte des Papstes zu diesem Glaubensdogma erwartet, das die außergewöhnliche Vergöttlichung der Natur der Gottesmutter umfaßt – sie, die vom Makel der Erbsünde bewahrt blieb und somit sowohl der Verderbtheit der Seele (selbst läßlicher Sünden) als auch der Verwesung des Leibes entzogen wurde. Ihr Leib blieb unversehrt und wurde in den Himmel aufgenommen.
Bereits während der letzten Lebensphase von Papst Franziskus zeigte sich die Verbundenheit Leos XIV. mit Maria deutlich: Damals, noch als Kardinal Prevost und Präfekt des Dikasteriums für die Bischöfe, leitete er ein öffentliches Gebet mit dem Rosenkranz und der Lauretanischen Litanei auf dem Petersplatz vor dem Bildnis „Maria, Mutter der Kirche“.
Auf providentielle Weise erfolgte die Erhebung des neuen Papstes auf den Stuhl Petri am 8. Mai – ein Tag, der in besonderer Weise der Jungfrau Maria gewidmet ist: Seit dem 13. Jahrhundert feiert der Augustinerorden an diesem Tag Maria unter dem Titel „Unsere Liebe Frau der Gnaden“. Es ist auch der Tag des traditionellen Gebets zur Madonna von Pompeji, auf das Leo XIV. in seiner Ansprache beim ersten Erscheinen auf dem Petersplatz Bezug nahm. Noch vor dem Segen Urbi et Orbi vertraute er seinen Dienst und die ganze Kirche der Fürsprache Mariens an:
„Unsere Mutter Maria will stets an unserer Seite gehen… Beten wir gemeinsam für diese neue Mission, für die ganze Kirche, für den Frieden in der Welt und bitten wir Maria, unsere Mutter, um diese besondere Gnade.“
Die selige Jungfrau Maria – Gottesmutter und Miterlöserin mit ihrem Sohn im Werk der Erlösung – ist nach kirchlicher Tradition eine Hauptfigur der Heilsgeschichte. Sie ist Mutter des göttlichen Wortes, aber ebenso Vorbild der Kirche, fähig, kraftvoll bei Gott für die Seelen auf Erden und deren ewiges Schicksal einzutreten.
Nach dem heiligen Augustinus sind Mutterschaft und Jungfräulichkeit Mariens wunderbar vereint, um im Glauben die Wahrheit zu bekennen, daß Christus wahrer Mensch ist, göttlich empfangen, weil er wahrer Gott ist. Der Kirchenvater sagte in einer Weihnachtspredigt:
„Dieser Tag wurde uns nicht durch das sichtbare Sonnenlicht geheiligt, sondern durch seinen unsichtbaren Schöpfer, der, für uns sichtbar geworden, von der jungfräulichen Mutter geboren wurde – fruchtbar und dennoch unversehrt, auch sie geschaffen vom unsichtbaren Schöpfer. Jungfrau in der Empfängnis, Jungfrau in der Geburt, Jungfrau beim Tragen im Schoß, Jungfrau nach der Geburt, für immer Jungfrau. Warum wunderst du dich darüber, Mensch? Es geziemte sich, daß Gott so geboren werde, wenn er sich herabließ, Mensch zu werden“ (Sermo 186,1).
In seinem ersten Regina Caeli am 11. Mai rief Leo XIV. die Gottesmutter als jene an, die uns „bei der Nachfolge Jesu stets begleiten“ möge. Mit feierlicher Stimme sang er das Schlußgebet persönlich mit – jenes Gebet, in dem die Gläubigen Maria, die Mutter des Auferstandenen, um Fürsprache bei Gott bitten.
Daß er sein Pontifikat unter den besonderen Schutz Mariens, der Mutter der Kirche, gestellt hat, machte Leo XIV. auch in seiner Predigt am 25. Mai deutlich – während der feierlichen Messe in der Lateranbasilika, bei der er offiziell die römische Kathedra bestieg. Am darauffolgenden ersten Samstag – einem Marientag in der katholischen Tradition – besuchte er das Heiligtum der Mutter vom Guten Rate in Genazzano (nahe Rom), das von den Augustinern betreut wird. Auch Papst Leo XIII. verehrte diesen Ort; er führte 1883 das Fest „Maria, Königin des Rosenkranzes“, ein.
In Genazzano betete Leo XIV. das von Johannes Paul II. verfaßte Gebet zur Mutter vom Guten Rat und rief alle mit den Worten auf:
„Wie die Mutter ihre Kinder nie verläßt, so bleibt auch ihr der Mutter treu.“
Am selben Tag begab er sich zur Basilika Santa Maria Maggiore und betete vor der Statue der „Ave Regina Pacis“.
Der Marientitel „Mater Boni Consilii“ (Mutter vom Guten Rat) wird der Überlieferung nach auf Papst Markus zurückgeführt, der im 4. Jahrhundert Genazzano missionierte. Im 5. Jahrhundert ließ Papst Sixtus III. dort eine Kirche errichten, die er Maria, der Mutter vom Guten Rat, weihte – sie wurde den Augustiner-Eremiten anvertraut.
Übrigens stammt das Baumaterial für die Errichtung der Basilika Santa Maria Maggiore aus Genazzano. Der Überlieferung zufolge erschien Maria dem Papst Liberius im Traum und zeigte ihm den Ort für den Bau der Kirche – den Esquilin, den höchsten der sieben Hügel Roms durch ein Wunder: Am 5. August fiel Schnee, und der Papst zeichnete mit seinem Stab den Grundriß des Heiligtums in den Schnee. Die Basilika wurde noch im 4. Jahrhundert erbaut, um die göttliche Mutterschaft Mariens zu feiern – kurz nach ihrer offiziellen Anerkennung durch das Konzil von Ephesus im Jahr 431.
Am 25. April 1467, dem Fest des heiligen Markus, erschien in der Marienkirche von Genazzano ein Bildnis der Gottesmutter mit dem Jesuskind – wundersam schwebend auf einer hauchdünnen Putzschicht. Dieses Gnadenbild, unter dem Titel „Mutter vom Guten Rat“ verehrt, wurde rasch zum Ziel großer Volksfrömmigkeit. Der Überlieferung zufolge hatten Engel das Bild von der albanischen Stadt Shkodra (Skutari) nach Genazzano gebracht, um es vor der heranrückenden osmanischen Eroberung zu retten.
Seit dem 18. Jahrhundert verbreiteten die Augustiner das Bild und den Kult der Mutter vom Guten Rat in ganz Europa. Der heilige Aloisius von Gonzaga traf am 15. August 1583 – dem Fest Mariä Himmelfahrt – vor dem Gnadenbild im Jesuitenkolleg in Madrid die Entscheidung, in die Gesellschaft Jesu einzutreten.
Neben der „Madonna del Buon Consiglio“, eben der Mutter vom Guten Rat, pflegt Leo XIV., in marianischer Verbundenheit mit den Augustinern, auch eine besondere Verehrung der „Madonna della Consolazione“ (Mutter vom Trost). Ihr war eine Bruderschaft in der Kirche San Giacomo Maggiore in Bologna geweiht. Im Jahr 1575 vereinte der Augustinerbruder Simpliciano da Linara diese mit der „Società dei Cinturati“, der Gesellschaft der Gürtelträger – einer Gemeinschaft von Laien, die dem Orden verbunden waren. Am 16. Juni 1576 erhob Papst Gregor XIII. die Vereinigung zur Erzbruderschaft und gestattete dem Generalprior der Augustiner, weitere Bruderschaften daran anzuschließen.
Der Überlieferung nach ist das Augustinergewand mit seinem Ledergürtel marianischen Ursprungs. Die Tradition berichtet, daß sich die heilige Monika, Mutter des hl. Augustinus, nach dem Tod ihres Ehemannes Patrizius fragte, wie sich Maria nach dem Tod Josefs wohl gekleidet habe. Darauf erschien ihr die Jungfrau und trug ein schlichtes, dunkles Gewand, das bis zu den Füßen reichte, mit einem groben Ledergürtel, die sie Monika überreichte mit dem Auftrag, sie stets zu tragen und diese Praxis allen Gläubigen zu empfehlen, die sich ihrer besonderen Fürsprache anvertrauen wollten. Der erste, der dem folgte, war ihr Sohn Augustinus. (vgl. Don Giuseppe Riva, Manuale di Filotea, Mailand 1871).
In der christlichen Kunst wird die „Mutter vom Trost“ oft dargestellt, wie sie einen langen Gürtel an die heilige Monika und den heiligen Augustinus überreicht. Aus diesem ikonographischen Attribut leitet sich auch die Bezeichnung „Unsere Liebe Frau vom Gürtel“ ab. Die Augustiner feiern ihr Gedächtnis am ersten Sonntag nach dem Fest des heiligen Augustinus (28. August). In diesem Jahr werden diese liturgischen Tage für den ersten Papst der Geschichte aus dem Augustinerorden eine ganz besondere Bedeutung haben.
*Cristina Siccardi, Historikerin und Publizistin, zu ihren jüngsten Buchpublikationen gehören „L’inverno della Chiesa dopo il Concilio Vaticano II“ (Der Winter der Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Veränderungen und Ursachen, 2013); „San Pio X“ („Der heilige Pius X. Das Leben des Papstes, der die Kirche geordnet und erneuert hat“, 2014), „San Francesco“ („Heiliger Franziskus. Eine der am meisten verzerrten Gestalten der Geschichte“, 2019), „Quella messa così martoriata e perseguitata, eppur così viva!“ „Diese so geschlagene und verfolgte und dennoch so lebendige Messe“ zusammen mit P. Davide Pagliarani, 2021), „Santa Chiara senza filtri“ („Die heilige Klara ungefiltert. Ihre Worte, ihre Handlungen, ihr Blick“, 2024),
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana