„Im Humor ist Glaube“

Eine weitere "Autobiographie"


Das Bild steht in keinem direkten Zusammenhang mit dem Buch. Es stammt vom November 2013, als Franziskus ein frischvermähltes Paar auf dem Petersplatz segnete. Es soll sich um Ärzte gehandelt haben, die Kinder am Lebensende betreuen.
Das Bild steht in keinem direkten Zusammenhang mit dem Buch. Es stammt vom November 2013, als Franziskus ein frischvermähltes Paar auf dem Petersplatz segnete. Es soll sich um Ärzte gehandelt haben, die Kinder am Lebensende betreuen.

Seit meh­re­ren Tagen wird für die neue „Auto­bio­gra­phie“ von Papst Fran­zis­kus gewor­ben, die kurz nach Drei­kö­nig in den Buch­han­del kom­men wird. Die ita­lie­ni­sche Ori­gi­nal­aus­ga­be wie auch die Über­set­zun­gen tra­gen den Titel: „Hof­fe. Die Auto­bio­gra­fie“. Die deut­sche Aus­ga­be wird vom Kösel-Ver­lag her­aus­ge­ge­ben. Es ist nicht das erste Buch, das als „Auto­bio­gra­phie“ von Fran­zis­kus im Buch­han­del ange­bo­ten wird. Erst im ver­gan­ge­nen März war das Buch „Life. Mei­ne Geschich­te in der Geschich­te. Die Auto­bio­gra­phie von Papst Fran­zis­kus“ aus der Feder des Jour­na­li­sten Fabio Mar­che­se Rago­na erschie­nen. In der gest­ri­gen Sonn­tags­aus­ga­be ver­öf­fent­lich­te die New York Times in ihrer Sun­day Review einen Vor­ab­druck aus dem neu­en Buch, nach­dem der Cor­rie­re del­la Sera bereits am 17. Dezem­ber mit einem Vor­ab­druck an die Öffent­lich­keit gegan­gen war. Kurz­um, der Hin­weis auf eine angeb­li­che „Auto­bio­gra­phie“ ist mehr einer Mar­ke­tings­stra­te­gie geschul­det. Autor des neu­en Buches ist der ita­lie­ni­sche Ver­le­ger Car­lo Mus­so, Grün­der des Mime­sis Ver­la­ges in Mai­land, der auf Ver­öf­fent­li­chun­gen im Bereich Phi­lo­so­phie, Lite­ra­tur und Sozi­al­wis­sen­schaf­ten spe­zia­li­siert ist. Die New York Times ver­öf­fent­lich­te den Aus­zug unter der ange­paß­ten Über­schrift, frei über­setzt: „Im Humor ist Glau­be“ („The­re Is Faith in Humor“). Hier der voll­stän­di­ge Text:

„Das Leben hat unwei­ger­lich sei­ne Sor­gen, die zu jedem Weg der Hoff­nung und zu jedem Weg der Umkehr gehö­ren. Aber es ist wich­tig, um jeden Preis zu ver­mei­den, in Melan­cho­lie zu schwel­gen, um das Herz nicht zu verbittern.

Ein neu­es Buch vom Papst

Das sind Ver­su­chun­gen, vor denen auch Kle­ri­ker nicht gefeit sind. Und manch­mal begeg­net man lei­der auch Prie­stern, die ver­bit­tert sind, trau­rig, mehr auto­ri­tär als auto­ri­ta­tiv, mehr wie alte Jung­ge­sel­len als mit der Kir­che ver­hei­ra­tet, mehr wie Beam­te als Pfar­rer, mehr anma­ßend als fröh­lich, und das ist sicher nicht gut. Aber im gro­ßen und gan­zen nei­gen wir Prie­ster dazu, Humor zu haben und ver­fü­gen sogar über einen guten Vor­rat an Wit­zen und lusti­gen Geschich­ten, die wir oft recht gut erzäh­len kön­nen, und wir sind auch oft das Objekt von ihnen.

Das gilt auch für Päp­ste. Johan­nes XXIII., der für sei­nen Humor bekannt war, sag­te in einer Rede mehr oder weni­ger: ‚Es kommt oft vor, daß ich am Abend über eine Rei­he von ern­sten Pro­ble­men nach­zu­den­ken begin­ne. Dann fas­se ich den muti­gen und festen Ent­schluß, am Mor­gen zum Papst zu gehen und mit ihm zu spre­chen. Dann wache ich schweiß­ge­ba­det auf… und erin­ne­re mich, daß ich der Papst bin‘.

Wie gut kann ich das ver­ste­hen. Und bei Johan­nes Paul II. war es ähn­lich. In den Vor­be­rei­tungs­sit­zun­gen zu einem Kon­kla­ve, als er noch Kar­di­nal Woj­ty­ła war, kam ein ziem­lich stren­ger älte­rer Kar­di­nal, um ihn zurecht­zu­wei­sen, weil er Ski fah­ren, berg­stei­gen, rad­fah­ren und schwim­men ging. Die Geschich­te geht in etwa so: ‚Ich glau­be nicht, daß die­se Akti­vi­tä­ten für Ihre Rol­le geeig­net sind‘, mein­te der Kar­di­nal. Dar­auf­hin ant­wor­te­te der zukünf­ti­ge Papst: ‚Aber wis­sen Sie, daß in Polen min­de­stens 50 Pro­zent der Kar­di­nä­le die­se Akti­vi­tä­ten aus­üben?‘ In Polen gab es zu die­ser Zeit nur zwei Kardinäle.

Iro­nie ist eine Medi­zin, die nicht nur ande­re auf­mun­tert und erhei­tert, son­dern auch uns selbst, denn Selbst­kri­tik ist ein wirk­sa­mes Mit­tel, um die Ver­su­chung des Nar­ziß­mus zu über­win­den. Nar­ziß­ten schau­en stän­dig in den Spie­gel, malen sich selbst, betrach­ten sich selbst, aber der beste Rat vor einem Spie­gel ist, über sich selbst zu lachen. Das ist gut für uns. Es wird die Wahr­heit des alten Sprich­worts bewei­sen, daß es nur zwei Arten von per­fek­ten Men­schen gibt: die Toten und die Ungeborenen.

Wit­ze über und von Jesui­ten sind eine Klas­se für sich, ver­gleich­bar viel­leicht nur mit denen über Cara­bi­nie­ri in Ita­li­en oder über jüdi­sche Müt­ter im jid­di­schen Humor.

Was die Gefahr des Nar­ziß­mus angeht, die mit einer ange­mes­se­nen Dosis Selbst­iro­nie zu ver­mei­den ist, so erin­ne­re ich mich an den Witz über den ziem­lich eit­len Jesui­ten, der ein Herz­pro­blem hat­te und im Kran­ken­haus behan­delt wer­den muß­te. Bevor er in den Ope­ra­ti­ons­saal ging, frag­te er Gott: ‚Herr, ist mei­ne Zeit gekom­men?‘ ‚Nein, du wirst noch min­de­stens 40 Jah­re leben‘, ant­wor­te­te Gott.
Nach der Ope­ra­ti­on beschließt er, das Beste dar­aus zu machen, und läßt sich Haa­re trans­plan­tie­ren, das Gesicht lif­ten, Fett absau­gen, die Augen­brau­en und die Zäh­ne ver­än­dern, kurz­um, er kommt als neu­er Mensch her­aus. Kurz vor dem Kran­ken­haus wird er von einem Auto ange­fah­ren und stirbt. Als er vor Gott erscheint, pro­te­stiert er: ‚Herr, du hast mir doch gesagt, ich wür­de noch 40 Jah­re leben!‘ ‚Oh, tut mir leid‘, ant­wor­tet Gott. ‚Ich habe Sie nicht erkannt.‘

Und sie haben mir einen erzählt, der mich direkt betrifft, über Papst Fran­zis­kus in Ame­ri­ka. Der geht unge­fähr so:

Als Papst Fran­zis­kus auf dem New Yor­ker Flug­ha­fen zu sei­ner apo­sto­li­schen Rei­se in Ame­ri­ka ankommt, fin­det er eine rie­si­ge Limou­si­ne vor, die auf ihn war­tet. Er fühlt sich ein wenig ver­le­gen ange­sichts der Pracht, aber dann denkt er sich, daß es schon lan­ge her ist, daß er das letz­te Mal in einem ähn­li­chen Fahr­zeug gefah­ren ist, und daß er noch nie in einem sol­chen Fahr­zeug gefah­ren ist, und er denkt sich: OK, wann wer­de ich wie­der eine Chan­ce bekom­men? Er sieht sich die Limou­si­ne an und sagt zum Fah­rer: ‚Sie kön­nen mich das nicht aus­pro­bie­ren las­sen, oder?‘; ‚Es tut mir sehr leid, Eure Hei­lig­keit‘, ant­wor­tet der Fah­rer, ‚aber das geht wirk­lich nicht, Sie wis­sen ja, es gibt Regeln und Vor­schrif­ten.‘
Aber Sie wis­sen ja, wie man sagt, wie der Papst ist, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat… kurz gesagt, er beharrt und beharrt, bis der Fah­rer nach­gibt. Papst Fran­zis­kus setzt sich also auf einer der gro­ßen Auto­bah­nen hin­ter das Steu­er und beginnt, sich zu amü­sie­ren, drückt auf das Gas­pe­dal, erreicht 80 Stun­den­ki­lo­me­ter, 130 Stun­den­ki­lo­me­ter, 190 Stun­den­ki­lo­me­ter… bis er eine Sire­ne hört und ein Poli­zei­au­to neben ihm auf­taucht und ihn stoppt. Ein jun­ger Poli­zist nähert sich dem ver­dun­kel­ten Fen­ster. Etwas ner­vös senkt der Papst das Fen­ster und der Poli­zist wird blaß. ‚Ent­schul­di­gen Sie mich einen Moment‘, sagt er und geht zurück zu sei­nem Fahr­zeug, um die Zen­tra­le anzu­ru­fen. ‚Chef, ich glau­be, ich habe ein Pro­blem.‘
‚Was ist das Pro­blem?‘, fragt der Chef.
‚Nun, ich habe ein Auto ange­hal­ten, weil es zu schnell gefah­ren ist, aber da ist ein Typ drin, der wirk­lich wich­tig ist.‘
‚Wie wich­tig? Ist es der Bür­ger­mei­ster?‘
‚Nein, nein, Chef… Mehr als der Bür­ger­mei­ster.‘
‚Und wer ist noch wich­ti­ger als der Bür­ger­mei­ster? Der Gou­ver­neur?‘
‚Nein, nein, mehr…‘
‚Es wird ja nicht der Prä­si­dent sein?‘
‚Mehr, den­ke ich…‘
‚Und wer kann wich­ti­ger sein als der Prä­si­dent?‘
‚Hören Sie, Chef, ich weiß nicht genau, wer es ist, ich kann Ihnen nur sagen, daß der Papst sein Fah­rer ist.‘

Das Evan­ge­li­um, das uns auf­for­dert, zu unse­rem eige­nen Heil wie Kin­der zu wer­den (Mat­thä­us 18,3), erin­nert uns dar­an, die Fähig­keit zum Lächeln wiederzuerlangen.

Heu­te berei­tet mir nichts so viel Freu­de wie die Begeg­nung mit Kin­dern. Als Kind hat­te ich die­je­ni­gen, die mir das Lächeln bei­gebracht haben, aber jetzt, wo ich alt bin, sind Kin­der oft mei­ne Men­to­ren. Die Begeg­nun­gen mit ihnen sind es, die mich am mei­sten begei­stern, die mir ein bes­se­res Gefühl geben.
Und dann die Begeg­nun­gen mit älte­ren Men­schen: Die­se alten Men­schen, die das Leben seg­nen, die allen Groll bei­sei­te schie­ben, die den Wein genie­ßen, der im Lau­fe der Jah­re gut gewor­den ist, sie sind unwi­der­steh­lich. Sie haben die Gabe, zu lachen und zu wei­nen, wie Kin­der. Wenn ich bei den Audi­en­zen auf dem Peters­platz Kin­der in den Arm neh­me, lächeln die mei­sten von ihnen; ande­re aber, wenn sie mich ganz in Weiß geklei­det sehen, den­ken, ich sei der Arzt, der ihnen eine Sprit­ze geben will, und dann wei­nen sie.

Sie sind Bei­spie­le für Spon­ta­nei­tät, für Mensch­lich­keit, und sie erin­nern uns dar­an, daß die­je­ni­gen, die ihre eige­ne Mensch­lich­keit auf­ge­ben, alles auf­ge­ben, und daß es mit uns wirk­lich berg­ab geht, wenn es schwie­rig wird, ernst­haft zu wei­nen oder lei­den­schaft­lich zu lachen. Wir wer­den betäubt, und betäub­te Erwach­se­ne tun weder sich selbst, noch der Gesell­schaft, noch der Kir­che etwas Gutes.“

Einleitung/​Übersetzung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: MiL

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Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

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1 Kommentar

  1. Soll wit­zig und lie­bens­wür­dig wir­ken, ist in Wahr­heit ohne Tief­gang, ja Nut­zen. So selbst­ver­liebt, wie er es von den Nar­ziss­ten sagt.

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