(Rom) Auf Twitter meldete sich Kardinal Angelo Becciu, der Präfekt der römischen Heiligsprechungskongregation, zu Wort und übte deutliche Kritik an der italienischen Polizei. In den vergangenen Tagen sorgte der Fall Soncino für Aufsehen. In der lombardischen Kleinstadt verlangte die Polizei von dem am Altar zelebrierenden Priester, die Messe abzubrechen, weil sich 13 Personen in der Pfarrkirche aufhielten. Der Pfarrer weigerte sich. Es ist nicht der einzige Fall. Immer hörbarer wird die Kritik, die erkennen läßt, daß die anhaltenden Corona-Maßnahmen auch die Bischöfe nervös machen.
Als Reaktion darauf twitterte Kardinal Becciu:
„Keiner Behörde ist es erlaubt, die Messe zu unterbrechen.“
Die Stellungnahme des ranghohen Vatikanvertreters fand erhebliches Echo in den Medien. Der Klerus hatte entsetzt auf den Zwischenfall von Soncino reagiert. Die Botschaft des Kardinals richtete sich deshalb auch an die Priester, indem er berichtete, was er einem empörten Priester des Bistums Cremona sagte:
„Der Grundsatz, daß es keiner Behörde erlaubt ist, die Messe zu unterbrechen, muß verteidigt werden.“
Paragraph 405 des italienischen Strafgesetzbuches verbietet jede Störung und Unterbrechung der Messe. Die Regierung erließ keine Restriktion der Kultusfreiheit, weil die Bischöfe von sich aus mit 8. März alle religiösen Zelebrationen ausgesetzt hatten. Die polizeilichen Übergriffe werfen Fragen auf, die von den Gerichten zu klären sein werden.
In Paris, wo es in der Pfarrei Saint-André de l’Europe am vergangenen Sonntag ebenfalls zur Unterbrechung einer Messe gekommen war, stellte sich Erzbischof Michel Aupetit hinter seinen Priester Philippe de Maistre und verteidigte ihn. Bischof Antonio Napolioni von Cremona, zu dessen Diözese Soncino gehört, ließ seinen Priester, Pfarrer Lino Viola, hingegen im Regen stehen und distanzierte sich von ihm.
Erzbischof Aupetit nahm über Radio Notre-Dame Stellung und fand deutliche Worte. Er erinnerte den Staat und die Polizei an das „formelle Verbot“ mit Waffen eine Kirche zu betreten, das „auch in Corona-Zeiten“ gelte. Die Trennung von Kirche und Staat, in Frankreich die laizistische Staatsdoktrin schlechthin, müsse respektiert werden, so der Erzbischof:
„Sonst werden wir laut, sehr laut.“
Zuvor hatte bereits Kardinal Walter Brandmüller deutliche Worte der Kritik gefunden:
„Es gibt den Polizeistaat, der hart eingreift und die Schließung der Kirchen am Osterfest erzwingt. Könnte man nicht mehr erreichen, wenn man sich auf die Vernunft und Disziplin freier, reifer Bürger beruft, anstatt Gewalt anzuwenden?“
Erzbischof Carlo Maria Viganò, der ehemalige Apostolische Nuntius in den USA, bekräftigte, daß die Lateranverträge zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Staat Italien zweifelsfrei festschreiben, daß „allein die kirchlichen Autoritäten über Rechte“ über die Kultstätten und den Kultus verfügen. Die Lage ist in den meisten Staaten ähnlich.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Radio Notre-Dame/Twitter (Screenshots)