„Die Zukunft Europas liegt nicht in Götzen, sondern in Christus“


Darstellung auf dem Altar der Heiligen Agnes in Sant'Agnese in agone an der Piazza Navona in Rom, der Titeldiakonie von Kardinal Gerhard Müller.
Darstellung auf dem Altar der Heiligen Agnes in Sant'Agnese in agone an der Piazza Navona in Rom, der Titeldiakonie von Kardinal Gerhard Müller.

Der Glau­be der Apo­stel Petrus und Pau­lus ist die Wur­zel der Kul­tur, die von Rom aus ganz Euro­pa erreich­te und ihm sei­ne christ­li­che Iden­ti­tät gege­ben hat. Nur im Chri­sten­tum gibt es eine Zukunft für Euro­pa, statt­des­sen wird das Neu­hei­den­tum zu sei­nem siche­ren Unter­gang füh­ren. Dies sag­te Kar­di­nal Ger­hard Mül­ler in aller Deut­lich­keit in sei­ner heu­ti­gen Pre­digt am 21. Janu­ar, dem Fest der Hei­li­gen Agnes, in der Basi­li­ka auf der Piaz­za Navo­na in Rom, deren Patro­nin sie ist. Die Pre­digt im Wortlaut:

Die Zukunft Europas liegt nicht in Götzen, sondern in Christus

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Pre­digt von Kar­di­nal Ger­hard Mül­ler
am 21. Janu­ar 2019, dem Gedenk­tag der Hei­li­gen Agnes,
in sei­ner Titel­dia­ko­nie Sant’Agnese in Ago­ne an der Piaz­za Navo­na, Rom

Was uns an den jun­gen Men­schen von heu­te fas­zi­niert, sind nicht nur ihr anmu­ti­ges Äuße­res, son­dern auch ihre sport­li­che oder schu­li­sche Lei­stung und ihre Offen­heit für die Zukunft. Eini­ge wer­den sogar Vor­bil­der für ihre Gene­ra­ti­on. Die 16-jäh­ri­ge Schwe­din Gre­ta Thun­berg ist zum Bei­spiel zu einer Iko­ne der glo­ba­len Umwelt­be­we­gung gewor­den. Las­sen Sie uns beten, daß der Medi­en­rum­mel, der um Sie her­um ent­stan­den ist, ihr letzt­lich nicht schadet.

Die zwölf­jäh­ri­ge Röme­rin Agnes hin­ge­gen ist kein ver­gäng­li­ches Idol ihrer Zeit, son­dern ein unver­gäng­li­ches Ide­al des christ­li­chen Glau­bens. Sie ist noch heu­te, 1700 Jah­re nach ihrem Tod, nicht ver­ges­sen. Katho­li­ken auf der gan­zen Welt bewun­dern die­ses Mäd­chen für ihr Hel­den­tum und ver­eh­ren sie als Hei­li­ge. In Bezug auf ihren Tod, den sie in Treue zu Gott erlit­ten hat, bekräf­tig­te der gro­ße Kir­chen­va­ter, der Hei­li­ge Ambro­si­us von Mailand: 

„So habt ihr in einem Opfer ein zwei­fa­ches Mar­ty­ri­um, das der Rein­heit und das der Got­tes­ver­eh­rung. Sie blieb Jung­frau und erlang­te die Mar­ty­ri­um“ (De Virg. II, 9).

Schon als Kind wuß­te Agnes klar, wie man zwi­schen dem einen, wah­ren Gott und den vie­len von Hei­den ver­ehr­ten fal­schen Göt­zen unter­schei­det. Die Welt wur­de für den Men­schen geschaf­fen, sie dient ihm als Zuhau­se und als Quel­le zur Nah­rungs­be­schaf­fung. Der Mensch exi­stiert um sei­ner selbst wil­len und ist natür­lich auf Gott hin geschaf­fen, in dem allein unser Herz zur Ruhe kommt. Die­je­ni­gen, die nach dem Abbild und Eben­bild Got­tes geschaf­fen sind, leben im Bewußt­sein ihrer Wür­de, Kin­der Got­tes zu sein, und des­halb fürch­ten wir weder die zer­stö­re­ri­schen Kräf­te der Natur noch die Lau­nen des Schick­sals oder den Zorn der Tyran­nen. Wir prak­ti­zie­ren kei­nen Per­so­nen­kult der Rei­chen, Schö­nen und Mäch­ti­gen. Der Ruhm der Welt ist ver­gäng­lich, und alle Men­schen sind sterblich. 

„Denn der Lohn der Sün­de ist der Tod, die Gabe Got­tes aber ist das ewi­ge Leben in Chri­stus Jesus, unse­rem Herrn“ (Röm 6,23).

In Rom hat­ten die ersten Chri­sten die Frei­heit des Glau­bens an den einen Gott erreicht, indem sie ihr Leben im Kampf gegen eine fast unbe­sieg­ba­re heid­ni­sche Über­macht opfer­ten, was im Kai­ser­kult, in der Hoch­kul­tur der Gelehr­ten und in der aber­gläu­bi­schen Men­ta­li­tät der gro­ßen Mas­sen zum Aus­druck kam. Indem wir nicht zu den alten For­men der Ver­eh­rung nich­ti­ger Göt­zen und ihrer Bil­der und Sta­tu­en aus Holz, Stein und Metall zurück­grei­fen, fol­gen wir ihrem Beispiel: 

„Zum Mach­werk unse­rer Hän­de wer­den wir nicht län­ger ‚Unser Gott‘ sagen“ (Hos 14,4).

Göt­zen­dienst ist kein auf­re­gen­des Ein­tau­chen in exo­ti­sche Kul­tu­ren und in ihre Frucht­bar­keits­ri­ten mit sexu­el­len Kon­no­ta­tio­nen. Der Glau­be an Göt­ter und Dämo­nen und die Anru­fung der Ele­men­te durch die Scha­ma­nen ver­dun­kelt näm­lich die Wahr­heit der Erlö­sung, das heißt, die Tat­sa­che, daß wir durch Jesus: „von der Skla­ve­rei und Ver­lo­ren­heit befreit wer­den zur Frei­heit und Herr­lich­keit der Kin­der Got­tes“ (Röm 8,21).

Unglück­li­cher­wei­se für sie haben vie­le Men­schen unse­rer Zeit ihre christ­li­chen Wur­zeln ver­ges­sen oder absicht­lich abge­schnit­ten. Indem sie einer neu­heid­ni­schen Ersatz­re­li­gi­on fol­gen, haben sie begon­nen, den Kos­mos, unse­ren Pla­ne­ten, die Evo­lu­ti­on, das World Wide Web und die Tech­no­lo­gie zu „ver­ab­so­lu­tie­ren“. Sie tun so, als könn­ten die­se ver­gäng­li­chen Wirk­lich­kei­ten dem Men­schen den letz­ten Sinn und den Halt geben, den er braucht. In ihrer heid­ni­schen Tor­heit beglück­wün­schen sie sich zu der angeb­li­chen „wis­sen­schaft­li­chen Erkennt­nis“, daß der Mensch nur ein Tier und der Tod das Ende von allem ist. Sie ver­spot­ten unse­ren Glau­ben an die unver­äu­ßer­li­che Wür­de des Men­schen und betrach­ten die Auf­er­ste­hung des Flei­sches als ein Kin­der­mär­chen, indem sie die Tat­sa­che über­se­hen, daß uns bereits unse­re Ver­nunft sagt, daß die Natur nichts unnö­tig pro­du­ziert. Oder sol­len wir glau­ben, daß der Schöp­fer der Natur den Men­schen ver­geb­lich geschaf­fen und ihn mit der stän­di­gen Suche nach Wahr­heit und der unstill­ba­ren Sehn­sucht nach Glück­se­lig­keit aus­ge­stat­tet hat, nur um sich über ihn lustig zu machen?

Mit dem Blut ihres jun­gen Lebens bezeug­te die Hei­li­ge Agnes Chri­stus, den Sohn Got­tes und ein­zi­gen Ret­ter der Welt. Und so ermu­tigt sie auch uns hier in Rom und in Euro­pa, unse­ren katho­li­schen Glau­ben öffent­lich und ohne Angst vor den Men­schen zu beken­nen. Der Glau­be der Apo­stel Petrus und Pau­lus ist die Wur­zel der Kul­tur, die von Rom und von Ita­li­en aus ganz Euro­pa erreicht und ihm sei­ne christ­li­che Iden­ti­tät ver­lie­hen hat. Nur im Chri­sten­tum gibt es eine Zukunft für Euro­pa, wäh­rend das Neu­hei­den­tum zu sei­nem siche­ren Unter­gang füh­ren wird. Jeder mög­li­che Dia­log mit dem hoch­be­tag­ten Scal­fa­ri ist umsonst, wenn der Athe­ist in sei­ner Ver­wir­rung dar­aus schluß­fol­gert, der Papst hät­te die Gott­heit Chri­sti geleug­net. In der Tat, aus wel­chem ​​ande­ren Grund ist der römi­sche Bischof der Papst der gesam­ten katho­li­schen Kir­che, wenn nicht des­halb, weil er Tag und Nacht mit dem hei­li­gen Petrus bekennt: „Du bist der Mes­si­as, der Sohn des leben­di­gen Got­tes!“ (Mt 16,16)?

Katho­li­ken tun gut dar­an, mit all jenen zusam­men­zu­ar­bei­ten, die gei­stig und mora­lisch in der Lage sind, Ver­ant­wor­tung für die wirt­schaft­li­che, poli­ti­sche, kul­tu­rel­le und reli­giö­se Zukunft Euro­pas zu über­neh­men. Die ein­zi­ge Quel­le, aus der sau­be­res Was­ser für die Wie­der­ge­burt der Ewi­gen Stadt und ganz Euro­pas fließt, ist das christ­li­che Men­schen­bild. Es ver­dient mehr Ver­trau­en ein Poli­ti­ker, der öffent­lich in einer sym­bo­li­schen Geste den Rosen­kranz hoch­hält, als einer, der das Kreuz Chri­sti mit einer kon­kre­ten Geste niederwirft.

Da das Neu­hei­den­tum das Ver­ständ­nis vom Men­schen als Abbild Got­tes leug­net, erweist es sich auch als lebens­feind­lich. Das Chri­sten­tum hin­ge­gen lehrt uns, daß jedes Men­schen­le­ben von der Emp­fäng­nis bis zum letz­ten Atem­zug hei­lig ist. Daher kann unse­re Ant­wort auf die Abtrei­bung und die Eutha­na­sie, auf den Geschlechts­wech­sel und die Zer­stö­rung von Ehe und Fami­lie nur ein kate­go­ri­sches Nein sein! Für einen Chri­sten gel­ten weder poli­ti­sche Ideo­lo­gien von links noch von recht; er läßt sich nicht von den neu­heid­ni­schen Reli­gio­nen der Natur ver­füh­ren oder vom neo­li­be­ra­len und neo­mar­xi­sti­schen Athe­is­mus blen­den. Einem rei­fen Katho­li­ken muß man nicht sagen, für wel­chen demo­kra­ti­schen Poli­ti­ker er stim­men soll oder nicht. Wer an Gott glaubt, kennt nur ein Gebot: die Lie­be Got­tes und des Nächsten.

Ita­li­en und Euro­pa wer­den nur dann eine Zukunft haben, wenn sie auf eine kul­tu­rel­le, mora­li­sche und reli­giö­se Erneue­rung im Glau­ben an Jesus Chri­stus, den Sohn des leben­di­gen Got­tes, set­zen. Durch sei­ne Auf­er­ste­hung von den Toten hat er Haß, Sün­de und Tod besiegt. Und im Zei­chen sei­nes Kreu­zes steht auch die Wie­der­ge­burt des katho­li­schen Ita­li­en. Hei­li­ge Agnes, bete zu Gott für dei­ne Römer, für das katho­li­sche Ita­li­en und für das christ­li­che Euro­pa. Amen.

Sant'Agnese in agone in Rom
San­t’A­gne­se in ago­ne in Rom, errich­tet an der Stel­le, wo die Hei­li­ge das Mar­ty­ri­um erlitt.

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Wiki­com­mons

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6 Kommentare

  1. Kar­di­nal Mül­ler stellt ein­deu­tig die Nütz­lich­keit der „Dia­lo­ge“ mit dem mili­tan­ten Athe­isten Scal­fa­ri und die Anbie­de­rung an „Kli­ma­ak­ti­vi­sten“ deut­lich in Fra­ge, er ver­wirft das. Auch rich­tet er sich mit kla­ren Wor­ten gegen die Ver­eh­rung von Göt­zen wie sie in den vati­ka­ni­schen Gär­ten und der Peters­kir­che statt­ge­fun­den haben, der Göt­zen­kult an hei­li­ger Stätte.
    Viel­leicht, und es sieht so aus, wen­det sich jetzt alles: die Jäger wer­den gejagt bzw. die fal­schen Händ­ler, und die­se müs­sen aus dem Tem­pel gescheucht werden.
    Die Chri­sten müß­ten sich m.Er. zusam­men­tun und unter­ein­an­der Netz­wer­ke bil­den, um so gemein­sam den über­mäch­ti­gen Wogen des Neu­hei­den­tums in der Welt gewach­sen zu sein. 

    Ob Rom oder Euro­pa sich kurz­fri­stig noch bekeh­ren, steht wohl soz. in den Ster­nen. Der geschicht­li­che Rück­blick in die ersten christ­li­chen Jahr­hun­der­te ist hilf­reich und damit die Erin­ne­rung an die zahl­rei­chen Mär­ty­rer beson­ders auch in Rom.
    Aber war es nicht letzt­lich so, daß erst die Inva­sio­nen ger­ma­ni­scher Völ­ker (410 und 476) die­sem zwar christ­lich gewor­de­nen, aber wohl doch noch dem anti­ken, heid­ni­sche Luft atmen­den, Rom den Gar­aus mach­ten und, völ­lig unbe­ab­sich­tigt, danach so dem (geläu­ter­ten) christ­li­chen Glau­ben zur dau­er­haf­ten Bekeh­rung Euro­pas den Weg ebne­ten? Gott hat­te das alles offen­kun­dig zuge­las­sen; aber den­noch ver­ständ­lich, daß der hl. Augu­sti­nus ange­sichts die­ser Zer­stö­run­gen so etwas wie das Welt­ende erblickt hat­te. Es ist nicht aus­ge­schlos­sen, daß es heu­te und in der nahen/​mittleren Zukunft ähn­li­cher­wei­se wie­der so kom­men wird.

  2. Kar­di­nal Mül­ler ist ein klas­si­scher Pseu­do Traditionalist.
    Er ver­tritt katho­li­sche Posi­tio­nen und ist irgend­wie Kon­ser­va­tiv, aber auch ein treu­er Die­ner des Kon­zils und der Neu­en Mes­se und ein
    erklär­ter Feind der ein­zi­gen Alter­na­ti­ve, der FSSPX.
    Wor­auf will er hinaus ?

    • @Jan, es gibt noch ande­re Alter­na­ti­ve als der FSSPX wenn man Kon­ser­va­tiv und Tra­di­tio­nell ist. Sie sind wahr­schein­lich dar­an verbunden?

      • Ich sehe nur die FSSPX.
        Die Petrus­bru­der­schaft und das Insti­tut Chri­stus König und ande­re Ver­ei­ni­gun­gen hän­gen an dem „Eccle­sia Dei“ Papier.
        Das bedeu­tet, das sie den NOM und das Kon­zil akzep­tiert haben und somit alle dadurch ent­stan­de­nen Häresien.
        NOM und Über­lie­fer­te Mes­se schlie­ßen ein­an­der aus (sie­he den Vor­trag von Dr. Hes­se „Man kann nicht zwei Her­ren dienen“)
        Die FSSPX hat das nicht, inso­fern ist man dort sicher vor zwei­fel­haf­ten Hand­lun­gen durch die Prie­ster dort.
        Bischof Leb­fe­v­re hat die Kir­che geret­tet, alle ande­ren sind Kom­pro­mis­se eingegangen.
        Die Wahr­heit (Jesus Chri­stus) kennt sol­che Kom­pro­mis­se nicht.
        Daher ist für mich die FSSPX das Ein­zi­ge wor­an man sich wen­den kann, bis Rom wie­der bekehrt ist.

    • Die Pius­brü­der sind für mich noch kei­ne Alter­na­ti­ve. Ich schät­ze Sie. Aber solan­ge unser Papst kei­ne dog­ma­ti­schen Ent­schei­dun­gen trifft, die der Leh­re ein­deu­tig wider­spre­chen, ich weiß er strebt der­ar­ti­ges an, und ich einen ver­nünf­ti­gen Pfar­rer habe, auch kei­ne Kir­chen­steu­er mehr zah­len muß, tre­te ich nicht aus.
      Schließ­lich könn­te ich auch am Sonn­tag um 14.00 in Birmingham/​Alabama in die Mes­se gehen.

    • Viel­leicht ist er ja doch kein so erklär­ter Feind der FSSPX.
      Gut mög­lich, dass er sie mit sei­nem Brief vor der Ein­ver­lei­bung durch Rom beschüt­zen wollte.
      Man wird sehen.

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