
Wilmers Meistersatire
Der Bischof von Hildesheim, Heiner Wilmer*, zeigt sich offen für den Vorschlag des Landesbischofs der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover, Ralf Meister, „ökumenische Pfarreien“ aus Katholiken und Lutheranern zu bilden.
Der Meister-Wilmer-Vorschlag, wir wollen ihn einmal so nennen, wäre die „Ideallösung“ für alle Fetischisten von Strukturreformen. Weltliche Unternehmen machen es durch Rationalisierung oder bei Fusionen vor. Das nennt sich wahrscheinlich „Effizienzsteigerung“ und „verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen“. Um ein solches oder ähnliches Vokabular des ewigen Optimismus sind die hauptamtlichen Kirchenapparate ja nicht verlegen. Notfalls könnte man auch eine externe PR-Agentur engagieren.
Die Sache ist doch ganz „logisch“: Wenn seit Juli 2018 ohnehin die Protestanten die heilige Kommunion empfangen können, also ohne offizielle Verkündigung die Interkommunion praktiziert wird, warum soll man dann noch getrennte Pfarreien aufrechterhalten. Man denke nur an die Kosten, den Personalaufwand, die doppelte Anzahl an Ehrenamtlichen, Kirchenmusiker, Ministranten und und und. Und überhaupt: Warum sollten nur die protestantischen Ehegatten von Katholiken die heilige Kommunion empfangen dürfen. Müssen Protestanten jetzt einen Katholiken heiraten, damit sie auch dürfen? Das ist doch eine Zweiklassengesellschaft, die von der katholischen Kirche mitten in die Protestanten hineingetragen wird.
2018 ist in der Bundesrepublik Deutschland die Zahl der Protestanten um 395.000 und die der Katholiken um 309.000 gesunken. Neuere Zahlen liegen noch nicht vor. In Summe macht das für die beiden Kirchen ein Minus von 704.000 Menschen, das durch Austritte oder mehr Sterbefälle als Taufen verursacht wurde.
Ausgetreten wird aus der „steuerberechtigten Religionsgemeinschaft öffentlichen Rechts“, in dieser Form ein deutsches Spezifikum. Eine Online-Erhebung, an der sich mehr als 56.000 Personen beteiligten, ergab, dass nur 18 Prozent austreten, weil sie „nicht mehr an Gott glauben“ (16 Prozent) oder „jetzt an einen anderen Gott/andere Götter glauben“ (2 Prozent). 44 Prozent nennen als Austrittsgrund die Kirchensteuer, 34 Prozent Unzufriedenheit mit der Institution Kirche. Drei Prozent geben „andere Gründe“ an.
Die Zahl der Agnostiker/Atheisten/Konvertiten ist aufschlußreich, die den Austritt religiös motivieren und sich als Apostaten bekennen. Undurchsichtig bleiben die Motive der großen Masse der ca. 80 Prozent. Das ist ein großes, nicht ausdifferenziertes Spektrum, darunter auch Gläubige beider Seiten, die sich mit dem Kurs ihrer Kirchenvertreter sosehr nicht mehr identifizieren können, daß sie einen so drastischen Schritt setzen.
Während die Zahlen der Gläubigen sinken, sprudeln die Einnahmen der Kirchensteuer jedoch üppiger denn je. Wie in all den Jahren zuvor konnte auch 2018 ein Plus verzeichnet werden, diesmal von 2,7 Prozent.
Die evangelischen Landeskirchen kassierten 5,8 Milliarden Euro, die katholische Kirche sagenhafte 6,6 Milliarden. Die findigen „Fusionierer“ Wilmer und Meister könnten dank ihres Vorschlags mit einem Megahaushalt der echten Superlative auftrumpfen: Zusammen ergeben die Kirchensteuereinnahmen ganze 12,4 Milliarden Euro.
Die Pfarrzusammenlegung zu „ökumenischen Pfarreien“, vollzogen im Rahmen der x‑ten Strukturreform, könnte zum „Geniestreich“ werden: Halbierung der Ausgaben für die Pfarreien und noch mehr Geld für globale Projekte wie die Finanzierung der „Seenotrettung“ im Mittelmeer und des Neokolonialismus, sorry, natürlich des Antikolonialismus im Amazonas und anderswo auf „unserer Mutter Erde“, natürlich alles vegan, öko, bio und absolut CO2-neutral, zertifiziert von einer den Grünen nahestehenden Stiftung. Mindestens.
Dazu gäbe es, welche Freude, sogar noch viel mehr überflüssige Kirchen, die man großzügig verschenken könnte, beispielsweise an muslimische Einwanderer zur Umwandlung in Moscheen.
Und Wilmer und Meister bekommen mindestens das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse. Nein, das ist viel zu wenig: Sie werden für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen. Was sein muß, das muß sein.
Papst Franziskus ist mit seiner Förderung des Projekts Abrahamic Family House ohnehin schon einen Schritt weiter.
*Heiner Wilmer, zuvor Generaloberer der Dehonianer, wurde Ende 2018 von Papst Franziskus zum Bischof von Hildesheim ernannt.
Bild: InfoVaticana