Frankreichs Senat verlangt „originalgetreuen“ Wiederaufbau von Notre Dame

Absage an Macrons "innovative" Pläne


Nach dem verheerenden Brand vom 15. April wurde die Kirchenruine von Notre-Dame de Paris gesichert, um Schäden am Mauerwerk zu verhindern. Wie aber soll der Wiederaufbau erfolgen? Was sagt die Kirche dazu?
Nach dem verheerenden Brand vom 15. April wurde die Kirchenruine von Notre-Dame de Paris gesichert, um Schäden am Mauerwerk zu verhindern. Wie aber soll der Wiederaufbau erfolgen? Was sagt die Kirche dazu?

(Paris) In Frank­reich ist eine wich­ti­ge Grund­satz­ent­schei­dung gefal­len. Die Kathe­dra­le Not­re-Dame de Paris ist ori­gi­nal­ge­treu wie­der­auf­zu­bau­en. Ein ent­spre­chen­der Beschluß wur­de am Mon­tag vom fran­zö­si­schen Senat gefaßt und soll den „Phan­ta­sien“ von Staats­prä­si­dent Emma­nu­el Macron Gren­zen setzen.

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Der Brand der berühm­ten Bischofs­kir­che von Paris am 15. April erschüt­ter­te die Welt. Die Brand­ur­sa­che ist noch nicht geklärt. Dabei wur­de von den Behör­den und den Medi­en bereits kurz nach Ein­tref­fen der Brand­mel­dung mit Nach­druck beteu­ert, daß es sich weder um Brand­stif­tung noch um ein Atten­tat hand­le. Die hell­se­he­ri­schen Qua­li­tä­ten euro­päi­scher Poli­ti­ker und Staats­an­wäl­te sind seit Jah­ren sprich­wört­lich, bei­spiels­wei­se im Zusam­men­hang mit isla­mi­schem Terrorismus.

Drei Stun­den nach der Brand­mel­dung ver­kün­de­te Frank­reichs Staats­prä­si­dent Emma­nu­el Macron vor der bren­nen­den Kathe­dra­le, der Wie­der­auf­bau wer­de inner­halb von fünf Jah­ren durchgeführt. 

In der Fol­ge kam es aller­dings zu Dis­kus­sio­nen über die Art des Wie­der­auf­baus. Die Idee eines inter­na­tio­na­len Archi­tek­ten­wett­be­wer­bes ließ besorg­te Stim­men auf­kom­men, die Kata­stro­phe könn­te für „moder­nen Pfusch“ genützt und die goti­sche Kathe­dra­le, das bedeu­tend­ste Kul­tur­sym­bol Frank­reichs, könn­te ent­stellt oder sogar ganz ande­ren Zwecken zuge­führt werden.

Das Gesetz zum Wiederaufbau

Am 11. Mai erteil­te die Fran­zö­si­schen Natio­nal­ver­samm­lung ein erstes grü­nes Licht für das Gesetz zum Wie­der­auf­bau von Not­re Dame. Das Gesetz regelt staat­li­che Zuwen­dun­gen und die Ver­wal­tung der Spen­den, die Arbei­ten, Zei­ten und eigens für die­ses Pro­jekt gedach­te Ände­run­gen von Bau­be­stim­mun­gen und Denk­mal­schutz­nor­men. Dar­über ent­brann­te eine hef­ti­ge Debat­te. Nach einem Par­la­ments­ma­ra­thon von 13 Stun­den erteil­te das Unter­haus sei­ne Zustimmung.

Am ver­gan­ge­nen Mon­tag, den 27. Mai faß­te der Senat, das Ober­haus des fran­zö­si­schen Par­la­ments, einen Grund­satz­be­schluß, der einer wich­ti­gen Vor­ent­schei­dung gleich­kommt. Die Sena­to­ren leg­ten fest, daß der Wie­der­auf­bau der Kathe­dra­le ori­gi­nal­ge­treu zu erfol­gen habe. „Ori­gi­nal­ge­treu“ wur­de defi­niert als: gemäß dem „sicht­ba­ren Zustand vor dem Brand“. 

Damit erteil­te das Ober­haus „Moder­ni­sie­rungs­phan­ta­sien“ der ver­gan­ge­nen Wochen eine Absa­ge. Sol­che waren nicht zuletzt Prä­si­dent Macron nach­ge­sagt wor­den, der offen­bar mit dem Gedan­ken lieb­äu­gelt, sich selbst ein Denk­mal zu set­zen, ver­gleich­bar der Lou­vre-Pyra­mi­de sei­nes sozia­li­sti­schen Amts­vor­gän­gers und Par­tei­ge­nos­sen Fran­çois Mit­ter­rand. Anlaß war Macrons Aus­sa­ge, er stre­be einen „inno­va­ti­ven Wie­der­auf­bau“ an.

Zur Erin­ne­rung: Macron war bis 2016 Par­tei­mit­glied des sozia­li­sti­schen Par­ti Socia­li­ste (PS) und Mini­ster einer sozia­li­sti­schen Regie­rung. Er ver­kör­pert den links­li­be­ra­len Main­stream. Es ver­wun­dert daher nicht, daß er nun im neu­ge­wähl­ten EU-Par­la­ment die Wahl des CSU-Ver­tre­ters Man­fred Weber zum EU-Kom­mis­si­ons­prä­si­den­ten durch eine Alli­anz aus Sozia­li­sten und Libe­ra­len zu ver­hin­dert versucht.

Unter den bereits ein­ge­gan­ge­nen Ideen für den Wie­der­auf­bau von Not­re Dame fin­den sich zum Bei­spiel ein „Gar­ten“ oder ein „Schwimm­bad“, die anstatt oder als Teil des ein­ge­stürz­ten Kathe­dra­len­da­ches errich­tet wer­den sollen.

Wäh­rend Macron die fran­zö­si­sche Natio­nal­ver­samm­lung kon­trol­liert, gibt es im Senat eine bür­ger­lich-kon­ser­va­ti­ve Mehr­heit. Die­se gab mit dem Beschluß von Mon­tag ein kräf­ti­ges Lebens­zei­chen von sich. Nicht alle Gefah­ren für Not­re Dame sind damit gebannt. Die Sena­to­ren haben jedoch Mark­stei­ne in den Boden gerammt und zu ver­ste­hen gege­ben, daß sie den Signa­len der Regie­rung ableh­nend gegen­über­ste­hen und ihr auf die Fin­ger schau­en. Dazu stri­chen die Sena­to­ren einen Para­gra­phen aus dem Gesetz für den Wie­der­auf­bau, mit dem der Regie­rung weit­rei­chen­de Zustän­dig­kei­ten über­tra­gen wer­den soll­ten, ein­schließ­lich der Mög­lich­keit die bestehen­den Geset­ze zur Aus­schrei­bung von Pro­jek­tie­rung und Bau­ar­bei­ten sowie Denk­mal­schutz und Umwelt­auf­la­gen über­ge­hen zu kön­nen. Dar­aus wird vor­erst nichts. Senat und Abge­ord­ne­ten­kam­mer müs­sen sich nun auf einen gemein­sa­men Geset­zes­text verständigen.

Pro­ble­ma­tisch in der gan­zen Ange­le­gen­heit von größ­ter sym­bo­li­scher Bedeu­tung für Frank­reich und Euro­pa ist das Schwei­gen der Kir­che. Hat sie zur Fra­ge des Wie­der­auf­baus nichts zu sagen?

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: MiL

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