Liebe Brüder und Schwestern,
das Vaterunser ist ein kurzes und kühnes Gebet. Wahrscheinlich würde niemand wagen, so zu Gott zu beten, wenn Jesus es uns nicht selbst gelehrt hätte. Die Siebenzahl der Bitten zeigt nach dem Verständnis der Bibel Fülle an. Der Herr lädt die Jünger ein, sich stets vertrauensvoll an Gott zu wenden, ohne Umschweife und besondere Anreden, sondern einfach mit dem Wort „Vater“, dem Ausdruck kindlichen Vertrauens.
Das Vaterunser ist in der konkreten Lebenswirklichkeit des Menschen verwurzelt, wie z.B. die Bitte um das tägliche Brot zeigt. Das Gebet setzt beim Leben selbst und seinen Fragen an. Denn der Glaube ist keine Dekoration, die mit dem eigentlichen Leben nichts zu tun hat. Jesus blendet im Gebet das Menschliche nicht aus; er will nicht, dass wir Bitten und Anliegen unterdrücken, sondern dass jedes Leid, jede Sorge sich zum Himmel erhebt und zum Dialog wird. Glauben bedeutet, um Hilfe zu rufen. Denken wir an den blinden Bartimäus, wie er gläubig den Herrn anfleht, ohne sich von den Umstehenden davon abhalten zu lassen; sein Vertrauen in den Herrn ist stärker. Gott ist Vater und möchte, dass seine Kinder ohne Angst ihm alles sagen können, auch das, was im Leben verdreht und unverständlich ist.
Herzlich heiße ich die Pilger deutscher Sprache willkommen. Besonders grüße ich die Delegation der Österreichischen Parlamentarier, die anlässlich des 200-Jahr-Jubiläums des Weihnachtsliedes „Stille Nacht“ gekommen sind. In seiner tiefen Schlichtheit lässt uns dieses Lied das Geschehen der Heiligen Nacht begreifen. Jesus, der Retter, der in Bethlehem geboren wurde, offenbart uns die Liebe Gottes des Vaters. Ihm wollen wir unser ganzes Leben anvertrauen. Gesegnete Adventszeit euch allen.