Liebe Brüder und Schwestern,
auf die Bitte der Jünger hin „Herr, lehre uns beten“ vertraut Jesus ihnen das „Vater unser“ an. Bei Lukas beginnt das Herrengebet nur mit der einfachen Anrufung „Vater“. In dieser Anrede verdichtet sich alles christliche Beten: Wir dürfen Gott Vater nennen. Diese vertrauensvolle Beziehung zu Gott wie die eines Kindes zum Vater ist die große Revolution, die das Christentum in das religiöse Bewusstsein des Menschen bringt. Gegenüber dem Geheimnis Gottes, das uns fasziniert und zugleich klein erscheinen lässt, brauchen wir keine Angst zu haben.
Gott ist Vater, aber auf eine Art, die jede menschliche Weise übersteigt. So zeigt uns das Gleichnis vom verlorenen Sohn den barmherzigen Vater, der nur Liebe ist für seine Kinder. Dies mag ein Grund sein, dass auch der Apostel Paulus die von Jesus gebrauchte Anrede für den Vater „Abba“ wiedergibt, ohne diesen aramäischen Ausdruck zu übersetzen. Gott ist Vater, sogar dann, wenn wir meinen, ohne ihn auszukommen. Denn Gott selbst will nie ohne uns Menschen sein. Wie uns Jesus lehrt, können wir uns immer an den Vater wenden und ihn vertrauensvoll bitten. Er sorgt für uns und verlässt uns nicht. So ist die Vaterschaft Gottes Quell unserer Hoffnung.
Einen herzlichen Gruß richte ich an die Pilger aus den Ländern deutscher Sprache. Jesus hat uns das große Geschenk gemacht, dass wir Gott Vater nennen dürfen. Er ist ein Vater, der immer in Liebe auf uns schaut und für uns sorgt. Wir wollen aus dieser Gewissheit jeden Tag leben und diese Hoffnung zu unseren Brüdern und Schwestern bringen. Der Heilige Geist mache uns alle zu wahren Kindern Gottes.