
Im Zusammenhang mit den Papsttiteln grenzt sich Leo XIV. von seinem Vorgänger Franziskus ab und setzt damit seine Rückkehr in den Formen auf jene Hauptlinie zurück, von der das argentinische Kirchenoberhaupt deutlicher als dessen Vorgänger abgewichen war.
Leo XIV. überraschte am Montag bei einer Privataudienz für Kolumbusritter (Knights of Columbus) aus den USA mit einer Formulierung. In seiner Ansprache sagte der Papst zu den Anwesenden:
„Sie sind ein sichtbares Zeichen Ihrer fortwährenden Hingabe an den Stellvertreter Christi.“
Auf englisch dankte der Papst den Kolumbusrittern für ihre Großzügigkeit, mit der sie mehrere vatikanische Projekte des Heiligen Jahres möglich gemacht haben.
Die Verwendung des Papstitels Vicarius Christi war kein Zufall, denn Leo XIV. fügte auch hinzu:
„Im Verlauf ihrer Geschichte hat der Orden auf vielfältige Weise die karitative Arbeit des Römischen Papstes unterstützt – unter anderem durch den Vicarius-Christi-Fonds, der es ihm erlaubt, seine Solidarität mit den Armen und den Schwächsten weltweit zum Ausdruck zu bringen.“
Papst Franziskus hatte seit dem Jahre 2020 die meisten Titel des Papstes abgelegt und in eine Fußnote verbannt. Darunter befanden sich Titel wie Vicarius Iesu Christi (Stellvertreter Jesu Christi), Successor Principis Apostolorum (Nachfolger des Apostelfürsten), Summus Pontifex Ecclesiae Universalis (Oberster Pontifex der Weltkirche), Primas Italiae (Primas von Italien), Archiepiscopus et Metropolitanus Provinciae Romanae (Erzbischof und Metropolit der römischen Kirchenprovinz), Princeps sui iuris Status Civitatis Vaticanae (Souverän des Staates der Vatikanstadt) und Servus Servorum Dei (Diener der Diener Gottes). Alle diese Titel wurden seither im Päpstlichen Jahrbuch (Annuario Pontificio) nurmehr im Kapitel „Historischer Teil“ geführt.
Während seiner zwölfjährigen Amtszeit pflegte der argentinische Papst, sich selbst bevorzugt als Bischof von Rom zu bezeichnen – eine Vorgehensweise, die mit seinem wiederholt gezeigten Desinteresse an den Angelegenheiten der Diözese Rom jedoch in auffälligem Kontrast stand. Es handelte sich dabei also nicht um eine Geste gegenüber seiner Diözese, sondern vielmehr um ein Signal an die schismatischen Kirchen des Ostens und an die zahlreichen protestantischen Denominationen.
Im Annuario Pontificio des Jahres 2020 ließ sich Franziskus als „Universaler Hirte der Kirche“ bezeichnen. Auf der dem Papst gewidmeten Seite erschien unter dem Namen „Franziskus“ in der nächsten Zeile nurmehr der Titel Episcopus Romanus (Bischof von Rom).
Die Selbstbezeichnung als Stellvertreter Christi durch Leo XIV. im Zuge einer Privataudienz hat unmittelbar keine formalen Auswirkungen. Sie sorgte jedoch für Aufmerksamkeit und legt nahe, daß in der nächsten Ausgabe des Päpstlichen Jahrbuches zumindest dieser Papsttitel – der bedeutendste und weitreichendste – wieder in den allgemeinen Gebrauch zurückkehren wird.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va (Screenshot)
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