
Am vergangenen Samstag, dem 6. September, fand eine jener „unmöglichen Audienzen“ durch Leo XIV. statt, die unter seinem „geliebten“ Vorgänger Franziskus, wie ihn Leo XIV. mehrfach nannte, undenkbar waren. Das neue Kirchenoberhaupt empfing Maria Montserrat „Montse“ Alvardo, die Geschäftsführerin des Nachrichtensektors des katholischen Mediennetzwerks EWTN.
Am 21. November wird die US-amerikanische National Catholic Youth Conference (NCYC) ein katholisches Jugendtreffen in Indianapolis abhalten. Papst Leo XIV. wird live aus dem Vatikan mit den Jugendlichen im Lucas Oil Stadium verbunden sein. EWTN hat die exklusive Medienpartnerschaft übernommen und wird die Veranstaltung weltweit übertragen.
Eine solche päpstliche Teilnahme bzw. Kooperation mit EWTN wäre unter Franziskus undenkbar gewesen. Die geringe Sympathie Bergoglios gegenüber dem katholischen Mediennetzwerk war allgemein bekannt. Franziskus selbst hatte es nicht versäumt, bei mehreren Gelegenheiten seine Abneigung kundzutun. Zur Begründung sagte er, EWTN habe schlecht über ihn berichtet.
Auf dem Flug von Rom nach Bagdad, am 5. März 2021, tadelte Franziskus, daß EWTN schlecht über ihn berichten würde. Er verwendete das harte italienische Verb „sparlare“, wie die bergoglianische US-Jesuitenzeitschrift America unter Berufung auf anonym bleibenden Ohrenzeugen berichtete. „Sparlare“ meint ein verleumderisches, abfälliges Sprechen über jemanden oder etwas.
Wenige Monate später, am 12. September 2021, bei seiner Begegnung mit slowakischen Jesuiten sagte Franziskus in der ihm typischen Art und in diesem Fall eindeutig dokumentiert:
„Es gibt einen großen katholischen Fernsehsender, der ständig ohne jegliche Konsequenzen schlecht über den Papst spricht. Vielleicht habe ich persönlich diese Angriffe und Beleidigungen verdient, weil ich ein Sünder bin, aber die Kirche verdient das nicht: Das ist ein Werk des Teufels. Das habe ich sogar einigen von ihnen gesagt.“
Tatsächlich hatte EWTN lediglich gewagt, bestimmte Aspekte des bergoglianischen Pontifikats zu kritisieren und Kritiker des Franziskus-Pontifikats zu Wort kommen zu lassen. Die Unverhältnismäßigkeit der Franziskus-Schelte wird noch deutlicher, wenn man bedenkt, daß der argentinische Papst selbst wiederholt betont hatte, seit etwa 1990 nicht mehr ferngesehen zu haben. Es waren also andere, die ihm die angeblich schlechtmachende Berichterstattung hinterbrachten.
Franziskus ließ im Medienbereich unmißverständlich wissen, wer seine Gunst hatte und wen er als Feind betrachtete.
Die Audienz für die EWTN-Geschäftsführerin Montse Alvarado ist in einem direkten Zusammenhang mit der Übertragung des Jugendtreffens im November zu sehen. Dafür spricht die Anwesenheit des Erzbischofs von Philadelphia Msgr. Nelson Jesus Perez, der Episcopal Advisor (bischöflicher Berater) der National Catholic Youth Conference ist.
Dennoch signalisiert die Audienz für Alvarado nicht nur eine Entspannung nach der spannungsgeladenen Bergoglio-Ära, sondern auch den Versuch einer Annäherung, die Leo XIV. vollzieht.
Maria Montserrat „Montse“ Alvarado wurde in Mexiko-Stadt geboren und erhielt 2008 die Staatsbürgerschaft der USA, wo sie bereits an der Florida International University und an der George Washington University Politikwissenschaften studiert hatte.
Ab 2009 arbeitete sie für den Becket Fund for Religious Liberty, der sich vor allem vor dem Obersten Gerichtshof der USA für Religionsfreiheit einsetzt. 2017 stieg sie zur Geschäftsführerin auf. Insgesamt war sie maßgeblich an zwölf Fällen beteilt, die vor dem Obersten Gerichtshof behandelt wurden, etwa für die Little Sisters of the Poor, als diese als Arbeitgeber unter Obama zur Abtreibungsfinanzierung gezwungen werden sollten.
2021 wechselte Alvarado zu EWTN und wurde im März 2023 zur Geschäftsführerin von EWTN News. Also solche leitet sie die globalen mehrsprachigen Nachrichtenplattformen des Senders in Englisch, Spanisch, Deutsch, Französisch, Portugiesisch, Arabisch und Italienisch, darunter die Catholic News Agency, den National Catholic Register, ACI und andere mehr.
2024 wurde Alvarado vom Religious Freedom Institute (RFI) mit dem Religious Freedom Impact Award für ihren „konsequenten, effektiven und innovativen Einsatz zur Förderung der Religionsfreiheit“ ausgezeichnet. Außerdem erhielt sie die erste Lumen Gentium Medal der benediktinischen University of Mary in Norddakota.
EWTN ist eine Gründung von Mutter Angelica Rizzo (1923–2016), einer Klarissin von der ewigen Anbetung, die als Medienapostolat auf das Jahr 1976 zurückgeht. Als Fernsehsender existiert EWTN seit 1981. Seit 1987 wird ein 24-Stunden-Programm gesendet. Der deutsche Ableger wurde 2000 ins Leben gerufen. Im selben Jahr wurde auch die Nachrichtenagentur CNA gegründet, 2010 das Medium National Catholic Register übernommen. Seit den 90er Jahren expandierte der Sender über die Grenzen der USA hinaus und ist heute in 140 Ländern aktiv.
EWTN gilt heute mit seiner Ablegern als größtes katholisches Mediennetzwerk der Welt.
Das Verhältnis mit der kirchlichen Hierarchie war nicht immer spannungsfrei. Mutter Angelica kritisierte mit ihren Medien den Zeitgeist und progressive Tendenzen in der Kirche. Deshalb, aber auch um eine mediale Kontrolle zu behalten, versuchte die US-Bischofskonferenz in den 80er Jahren EWTN einen eigenen Fernsehsender entgegenzusetzen. Ein Projekt, das viel Geld verschlang, aber kläglich scheiterte. Das Ereignis zeigte, daß die Gläubigen sich keinen Sender bürokratisch „von oben“ vorsetzen ließen, sondern die Authentizität einer aus dem Glauben entstandenen Medieninitiative wie EWTN höher schätzten. Ähnliches bestätigen europäische Medieninititiativen wie Radio Maria oder K‑TV.
Papst Benedikt XVI. ehrte Mutter Anglica 2009 mit dem Orden Pro Ecclesia et Pontifice.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: X (Screenshot)
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