von einer Katholikin
„Der Weingartener Blutritt setzt ab dem kommenden Jahr ein Zeichen für mehr Gleichberechtigung in der Kirche.“
Soweit aus der Presseinformation der Diözese Rottenburg-Stuttgart vom 25. November.
Seit über 900 Jahren wird in Weingarten die Heilig-Blut-Reliquie verehrt, die nach der Überlieferung einen Blutstropfen von Jesus Christus bewahrt. Diese Reliquie wird am Freitag nach Christi Himmelfahrt in einer Reiterprozession zur Segnung durch Stadt und Fluren getragen.
Bisher war die über 500jährige Tradition des Blutritts eine Männerwallfahrt. Die damit verbundene Beschränkung auf männliche Reiter war ein besonderes Charakteristikum der mit über 2 500 Reitern größten Reiterprozession Europas.
Heutige Trägerin der Wallfahrt ist die Kirchengemeinde Sankt Martin. Und dort fiel im Kirchengemeinderat „nach jahrelangem Diskussionsprozess“ eine Entscheidung. Ab dem Blutfreitag 2021 können nun die einzelnen teilnehmenden Blutreitergruppen bestimmen, ob in ihren Reihen bei der Reiterprozession auch Frauen mitreiten.
In einem Brief der Kirchengemeinde informierte der zuständige Pfarrer und Dekan die einzelnen Blutreitergruppen aus allen beteiligten Gemeinden der Umgebung, weil man coronabedingt die einzelnen Blutreitergruppen nicht vor der Veröffentlichung dieser Änderung persönlich habe treffen können.
Die Wallfahrt zum Kostbaren Blut Jesu und der Blutritt selbst sind von überregionaler Bedeutung. Die mediale und innerkirchliche Signalwirkung der künftigen Veränderung ist nicht zu unterschätzen und schließlich ist ja die Entscheidung für mehr „Gleichberechtigung“ vor Ort in den Kontext des aktuellen sog. synodalen Wegs der Kirche in Deutschland bewußt eingebettet.
Die Kirchengemeinde übernimmt in ihrem Brief eins zu eins den Reformdiskurs und betont:
„(…) mit dieser grundsätzlichen Öffnung des Blutritts für Frauen die Zeichen der Zeit, wie es das 2. Vatikanische Konzil nennt, zu erkennen und dadurch zu einem positiven Bild sowohl für Frauen in der Kirche wie für die Kirche in der öffentlichen Wahrnehmung beitragen zu können mit dem, was uns vor Ort möglich ist“.
Und aus der Diözese heißt es:
„Es kann künftig also zu einem Nebeneinander von rein männlichen und gemischtgeschlechtlichen Gruppen kommen – möglicherweise auch ein Modell für andere Reformen in der katholischen Kirche.“
Weingarten mit seinem Blutritt gewissermaßen als Vorreiter auf dem coronabedingt etwas verlangsamten synodalen Weg? Genau das ist die Absicht. Die Weingartner Botschaft soll sehr wohl über die Gemeinde- und Bistumsgrenzen hinausgehen.
„Vor Ort“ verändert man vorerst ‘nur‘ Traditionen im religiösen Brauchtum, für die grundsätzliche Abkehr von Tradition und Lehramt in der Kirche ist der synodale Weg zuständig.
In Weingarten meint man, eine „salomonische Lösung“ gefunden zu haben. Man hat die Öffnung ermöglicht und überläßt die eigentliche Entscheidung den Blutreitergruppen vor Ort, wobei man „unterschiedliche Antworten“ zuläßt. Und als wäre das nicht schon Übels genug, folgt noch der Hinweis auf „Jesu Geist der Weite, der Versöhnung und der Erlösung“, mit dem man unausgesprochen jedem Blutreiter nahelegt, sich doch der gewünschten Geschlechtergerechtigkeit nicht zu verschließen.
Ob vor diesem Hintergrund aus der selbstgelobten „salomonischen Lösung“ wirklich die gottgeschenkte Weisheit eines Königs Salomo spricht, sei damit dahingestellt.
Bild: Gemeinde St. Martin, Weingarten (Screenshot)