Der überlieferte Ritus und die Furcht vor einer neuen Manipulation

Wen Papst Leo XIV. zur Tradition anhören sollte


Wenn der Papst authentische Vertreter der Tradition kennenlernen möchte, sollte er die Organisatoren der bedeutendsten Wallfahrten nach Chartres, Covadonga, Lujan und Rom einladen. Im Bild Kardinal Robert Sarah in Chartres.
Wenn der Papst authentische Vertreter der Tradition kennenlernen möchte, sollte er die Organisatoren der bedeutendsten Wallfahrten nach Chartres, Covadonga, Lujan und Rom einladen. Im Bild Kardinal Robert Sarah in Chartres.

Von Cami­nan­te Wanderer*

Anzei­ge

Die jüng­ste inter­na­tio­na­le Medi­en­be­richt­erstat­tung über die im Peters­dom zele­brier­te tra­di­tio­nel­le latei­ni­sche Mes­se hat erneut gezeigt, daß die triden­ti­ni­sche Lit­ur­gie sich bester Gesund­heit erfreut und wei­ter­hin für zahl­rei­che Gläu­bi­ge ein geist­li­cher Bezugs­punkt bleibt.

Wäh­rend des beweg­ten Pon­ti­fi­kats von Papst Fran­zis­kus wur­de die­ses The­ma in einer umstrit­te­nen Wei­se behan­delt, geprägt von Span­nun­gen und inter­es­sen­ge­lei­te­ten Aus­le­gun­gen. Heu­te wis­sen wir – dank des Buches „La lit­ur­gia non è uno spet­ta­co­lo“ (Fede & Cul­tu­ra, 2025) von Don Nico­la Bux und Save­r­io Gaeta –, daß die Ant­wor­ten der Bischö­fe auf den im Jah­re 2020 ver­sand­ten Fra­ge­bo­gen zum Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum zum gro­ßen Teil zugun­sten der von Bene­dikt XVI. fest­ge­leg­ten Ord­nung aus­fie­len. Die Mehr­heit der Bischö­fe wünsch­te kei­ne Rück­kehr zu einem neu­en Kon­flikt. Eini­ge der Begrün­dun­gen, die Tra­di­tio­nis cus­to­des beglei­te­ten, sei­en laut dem Buch nach­träg­lich kon­stru­iert wor­den. Selbst der Erz­bi­schof von Mai­land bemerk­te in sei­ner Ant­wort: „Jede expli­zi­te Inter­ven­ti­on könn­te mehr Scha­den als Nut­zen anrich­ten.“

Mit dem neu­en Pon­ti­fi­kat scheint das Kli­ma dem Dia­log gün­sti­ger zu sein. Gleich­wohl deu­tet sich auch die Gefahr eines erneu­ten Pro­zes­ses der „Steue­rung“ der tra­di­tio­nel­len Lit­ur­gie an – dies­mal weni­ger mit dem Zie­le, sie offen ein­zu­schrän­ken, als viel­mehr, ihr Pro­fil all­mäh­lich zu ver­wäs­sern. In sei­nem jüngst erschie­ne­nen Gesprächs­buch (Ciu­da­d­a­no del mun­do, misione­ro del sig­lo XXI, Pen­gu­in, Peru, 2025) bemerkt Papst Leo XIV.: „Ich hat­te bis­lang noch kei­ne Gele­gen­heit, mich mit einer Grup­pe von Men­schen zusam­men­zu­set­zen, die den triden­ti­ni­schen Ritus ver­tei­di­gen.“ Unwill­kür­lich drängt sich die Fra­ge auf: Durch wen wird er die­se Welt über­haupt kennenlernen?

An die­ser Stel­le tritt der Name Nico­las Diat in Erschei­nung – eine eigen­tüm­li­che, schwer ein­zu­ord­nen­de Per­sön­lich­keit. In sei­nen Anfän­gen stand er pro­gres­si­ven fran­zö­si­schen Krei­sen nahe, die mit Pierre Ber­gé ver­bun­den waren. Spä­ter beweg­te er sich in poli­ti­schen Milieus der repu­bli­ka­ni­schen Rech­ten und arbei­te­te wäh­rend der Sar­ko­zy-Ära mit hoch­ran­gi­gen Bera­tern zusam­men. Danach festig­te Diat sei­ne Stel­lung in der Ver­lags­welt als enger Mit­ar­bei­ter von Kar­di­nal Robert Sarah und als Autor meh­re­rer erfolg­rei­cher Bücher über das monasti­sche Leben und kirch­li­che Zeugnisse.

Sein Wer­de­gang wirft jedoch Fra­gen auf. Ist Diat ein wahr­haf­ti­ger Über­tritt zum tra­di­tio­nel­len Milieu gelun­gen – oder han­delt es sich um einen geschick­ten Akteur, der sich zwi­schen ver­schie­de­nen Strö­mun­gen zu bewe­gen weiß? Und vor allem: Ist er tat­säch­lich in der Lage, sich als Ver­mitt­ler zwi­schen dem Papst und den Anhän­gern der Tra­di­ti­on zu prä­sen­tie­ren? Sei­ne Ver­bin­dun­gen zum Staats­se­kre­ta­ri­at könn­ten ihm eine sol­che Rol­le erleich­tern, doch das bedeu­tet noch nicht, daß er jene wirk­lich reprä­sen­tiert, die ihren Glau­ben im Rhyth­mus des usus anti­qui­or leben möchten.

Vor die­sem Hin­ter­grun­de erscheint ein ein­fa­che­rer Vor­schlag weit­aus ver­nünf­ti­ger: Wenn der Papst wahr­haft reprä­sen­ta­ti­ve Gläu­bi­ge der mit der über­lie­fer­ten Lit­ur­gie ver­bun­de­nen Welt ken­nen­ler­nen möch­te, wür­de es genü­gen, die Orga­ni­sa­to­ren der gro­ßen Wall­fahr­ten zu emp­fan­gen, in denen sich die­se Fröm­mig­keit leben­dig und orga­nisch aus­drückt – etwa die Ver­ant­wort­li­chen der Wall­fahr­ten nach Char­tres, nach Cova­don­ga in Spa­ni­en, nach Luján in Argentinien…

Authen­ti­sche­re Stim­men wären wohl schwer zu fin­den, um die tie­fe­ren Grün­de die­ser Bin­dung zu erläu­tern: Die tra­di­tio­nel­le Mes­se ist kei­ne ideo­lo­gi­sche Fah­ne, son­dern ein Raum des Gebe­tes, der Iden­ti­tät und der geist­li­chen Kon­ti­nui­tät. Wenn der Dia­log echt sein soll, muß er bei jenen begin­nen, die die Lit­ur­gie leben – nicht bei denen, die sie aus Büros oder Ver­la­gen her­aus interpretieren.

*Cami­nan­te Wan­de­rer ist ein argen­ti­ni­scher Phi­lo­soph und Blogger.

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Cami­nan­te Wanderer

Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!

 




 

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*