Byzantinischer Gesang als Immaterielles Kulturerbe der Menschheit anerkannt

UNESCO-Entscheidung


Der Byzantinische Gesang wurde von der UNESCO zum Immateriellen Kulturerbe der Menschheit erklärt.
Der Byzantinische Gesang wurde von der UNESCO zum Immateriellen Kulturerbe der Menschheit erklärt.

Der Byzan­ti­ni­sche Gesang, der als Gesang­s­tra­di­ti­on zen­tra­ler Bestand­teil der Byzan­ti­ni­schen Lit­ur­gie ist, wur­de von der UNESCO zum „imma­te­ri­el­len Kul­tur­er­be der Mensch­heit“ erklärt.

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Der Byzan­ti­ni­sche Gesang als tau­send­jäh­ri­ge lit­ur­gi­sche Musik­tra­di­ti­on der Ost­kir­che reicht bis in die Anfän­ge der Kir­che zurück. Die UNESCO erklär­te ihn vor weni­gen Tagen bei der XIV. Sit­zung des zustän­di­gen Aus­schus­ses in Bogo­ta zusam­men mit 42 wei­te­ren kul­tu­rel­len Tra­di­tio­nen, von denen 15 aus Asi­en stam­men, zum „imma­te­ri­el­len Kul­tur­er­be“. Die ost­kirch­li­che Gesang­s­tra­di­ti­on wur­de damit in die Repre­sen­ta­ti­ve List of the Intan­gi­ble Cul­tu­ral Heri­ta­ge of Huma­ni­ty aufgenommen.

Grund­la­ge dafür ist das UNESCO-Über­ein­kom­men zur Erhal­tung des Imma­te­ri­el­len Kul­tur­er­bes von 2003, das 2006 in Kraft getre­ten ist und von 178 Staa­ten rati­fi­ziert wur­de, aller­dings nicht von den USA, Ruß­land, Austra­li­en, Süd­afri­ka und eini­gen ande­ren Staaten.

In ihrer Begrün­dung erklär­te die UNESCO:

„Als leben­di­ge Kunst, die es seit über 2000 Jah­ren gibt, ist der Byzan­ti­ni­sche Gesang eine bedeu­ten­de kul­tu­rel­le Tra­di­ti­on und ein voll­stän­di­ges Musik­sy­stem, das Teil der gemein­sa­men Tra­di­tio­nen ist, die sich im Byzan­ti­ni­schen Reich ent­wickel­ten. Indem durch ihn die lit­ur­gi­schen Tex­te der grie­chisch-ortho­do­xen Kir­che musi­ka­lisch her­vor­ge­ho­ben und gewür­digt wer­den, ist er untrenn­bar mit dem geist­li­chen Leben und dem reli­giö­sen Kult verbunden.“ 

Der Byzan­ti­ni­sche Gesang ist ein ein­zig­ar­ti­ges Musik­gen­re. Es han­delt sich um eine Mono­die, das ist ein ein­stim­mi­ger Gesang ohne Instru­men­tal­be­glei­tung, und ent­spricht dar­in dem Gre­go­ria­ni­schen Gesang, der die Gesang­s­tra­di­ti­on der West­kir­che (der latei­ni­schen Kir­che) bildet. 

Das Ton­sy­stem des Byzan­ti­ni­schen Gesan­ges glie­dert sich in Oktoechos, in acht Ton­ar­ten, wie der Begriff zum Aus­druck bringt. Die­se „alten“ acht Kir­chen­ton­ar­ten bil­den die gemein­sa­me Tra­di­ti­on der Gesamt­kir­che, sowohl der Ost- als auch der West­kir­che und auch der Arme­ni­er. Der Byzan­ti­ni­sche Gesang unter­schei­det sich dar­in, daß er auf grie­chisch gesun­gen wird (in man­chen Gegen­den des Nahen Ostens auf ara­bisch). Er wird gesang­lich von einem ern­sten und lang anhal­ten­den Klang beglei­tet, der Ison oder Iso­cra­ti­ma genannt wird. Histo­risch gese­hen ist aus ihm vor mehr als 1400 Jah­ren der Gre­go­ria­ni­sche Gesang her­vor­ge­gan­gen. Spä­ter und in enge­rer Anleh­nung auch der sla­wi­sche Kirchengesang.

Der Byzan­ti­ni­sche Gesang ent­wickel­te sich vor allem zur Ver­herr­li­chung der bibli­schen Tex­te, deren Vor­trag er Fei­er­lich­keit ver­lei­hen soll. Beson­de­re Ent­fal­tung erleb­te er ab der Reichs­tei­lung im 4. Jahr­hun­dert. Als sein Höhe­punkt gilt die Zeit des 13.–15. Jahr­hun­derts, der mit der Erobe­rung Kon­stan­ti­no­pels durch die Tür­ken ein jähes Ende fand. Durch die schrift­li­che und münd­li­che Tra­di­ti­on in Kir­chen und Klö­stern über­leb­te er jedoch den Unter­gang des Byzan­ti­ni­schen Rei­ches und beein­flußt bis heu­te die Volks­mu­sik und die Pop­mu­sik auf dem Gebiet des ein­sti­gen ost­rö­mi­schen Rei­ches vom Bal­kan über die Tür­kei bis nach Syri­en und ins Hei­li­ge Land.

Im Westen herrscht ein weit­ver­brei­te­tes Miß­ver­ständ­nis, das alles aus dem Ori­ent sum­ma­risch dem Islam zuschreibt. Der weit­aus größ­te Teil stammt jedoch aus der christ­li­chen, aber ost­kirch­li­chen oder ori­en­ta­li­schen Kir­chen­tra­di­ti­on. Das gilt auch für die Musik.

Ein Hör­bei­spiel, dem Bil­der der Hagia Sophia unter­legt sind, der einst größ­ten und präch­tig­sten Kir­che des Byzan­ti­ni­schen Rei­ches, die nach der Erobe­rung Kon­stan­ti­no­pels durch die Tür­ken zur Moschee gemacht wur­de und heu­te ein Muse­um ist.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: MiL

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