(Asuncion/Rom) Am 25. September 2014 wurde Bischof Rogerio Ricardo Livieres Plano von Ciudad del Este, eine herausragende Ausnahmegestalt unter den Bischöfen Paraguays, von Papst Franziskus abgesetzt. Grund dafür war die „Gefährdung“ der Einheit unter den Bischöfen, weil Bischof Livieres sich nicht stillschweigend dem progressiven Kurs der Mehrheit unterordnete. Obwohl der Bischof von Ciudad del Este in dürrer Zeit geradezu grandiose Meriten vorzuweisen hatte, zögerte Papst Franziskus nicht, seinen argentinischen Landsmann für das „Ideal“ bischöflicher Einheit abzusetzen. Die Bischöfe der Kirchenprovinz Asuncion zollten lautstarken Beifall.
Nun distanzierte sich auch die Personalprälatur des Opus Dei, dem Bischof Livieres angehört. Grund ist eine Stellungnahme zur Bischofssynode, die der Bischof auf seinem Blog veröffentlichte. Ganz seiner Art entsprechend, findet Bischof Livieres darin klare Worte und nennt die Dinge beim Namen.
Bischof Livieres richtete einen Appell an die Bischofssynode, die kirchliche Lehre über die Familie zu verteidigen und rief die Gläubigen auf, dafür zu beten. Gleichzeitig griff er Kardinal Kasper an und bezichtigte diesen und die Jesuitenzeitschrift Civiltà Cattolica Verwirrung zu stiften: „Was bisher als schwerer Ungehorsam gegen das Gesetz Gottes verboten war, soll nun im Namen der Barmherzigkeit gesegnet werden.“ Kardinal Kasper und dessen Helfer „rechtfertigen das Nichtzurechtfertigende mit Hilfe subtiler Textinterpretationen. Wer sich in der Frage jedoch auskennt, weiß, daß es sich dabei nur um Spitzfindigkeiten handelt, die keinen Bestand haben vor dem Herrenwort: ‚Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen‘ (Mt 24,35).“
Die Wahrheit und das Volk Gottes gegen Spaltung und Verwirrung verteidigen
Es gehe darum, so der Bischof, die Wahrheit und das Volk Gottes gegen jene zu verteidigen, die es zu spalten und zu verwirren versuchen. „Zu segnen und zu akzeptieren, was die ganze Welt will, ist weder Barmherzigkeit noch pastorale Liebe“, so Bischof Livieres. „Die Lage ist sehr ernst: Wir stehen vor der Gefahr eines großen Schismas“. Es gebe jene, die nach dem „Konsens“ streben und mit Statistiken zu manipulieren versuchen. Die Kirche definiere sich aber nicht aus den Meinungen der Menschen und dem Wandel der Zeiten. Die Geschichte habe diesbezüglich bereits ein Lehrstück bereit, nämlich das Schisma der Kirche von England und das Zeugnis des Martyriums der heiligen John Fisher und Thomas Morus, das man sich in Erinnerung rufen und genau anschauen sollte.
„Kirchenvertreter, die reden wie die Welt es gerne hört, sind nicht von Gott“
Der Bischof schrieb weiter: „Laßt uns beten für den Papst, die Kardinäle und Bischöfe, daß alle bereit sind, für die Verteidigung und die Förderung der Familie gegen die Stürme der Täuschung und des Götzen der sexuellen Freiheit des Menschen notfalls auch ihr Blut zu vergießen. Laßt Euch nicht täuschen und vom Glauben und der Moralpraxis abbringen, die Jesus Christus uns gelehrt hat. Wir wissen, daß die Welt unseren Herrn haßt. Der Diener kann nicht größer sein als sein Herr. Die Welt wird uns verfolgen und dies betrügerisch sogar im Namen Gottes tun. Und den Kirchenvertretern, die reden, wie die Welt es gerne hört, denen wird applaudiert und sie werden geliebt, ‚weil sie von ihr sind‘ und nicht von Gott.“
Der Bischof gab damit eine pointierte Stellungnahme zu einer in der Kirche derzeit diskutierten Frage ab. Er kritisierte den Papst mit keinem Wort, sondern rief zum Gebet für ihn auf, kritisierte aber die Vertreter einer bestimmten Richtung. Dennoch sah sich das Opus Dei genötigt, sich von Bischof Livieres zu distanzieren. Es handle sich um eine „persönliche“ Stellungnahme des Bischofs, die „er allein zu verantworten“ habe.
Opus Dei geht auf Distanz als sei der Papst und nicht Kardinal Kasper kritisiert worden
Obwohl Bischof Livieres Kardinal Kasper namentlich kritisierte und nicht den Papst, heißt es in der am 11. Oktober in Rom veröffentlichten Presseerklärung des Opus Dei:
„Die Haltung der Prälatur des Opus Dei war immer und wird immer die völlige Einheit mit dem Heiligen Vater in der Gemeinschaft mit der ganzen Kirche sein“.
Handelt es sich um vorauseilenden Gehorsam oder weiß die Personalprälatur mehr als öffentlich bekannt ist? Sie scheint davon auszugehen, daß die Position von Kardinal Kasper auch jene von Papst Franziskus sei, weshalb die Kritik am Kardinal letztlich ein Angriff auf den Papst wäre. Vor allem stellt die Personalprälatur in Rechnung, daß Bischof Livieres bei Papst Franziskus nicht in hohem Ansehen steht, was hingegen für Kardinal Kasper sehr wohl gilt. Die Personalprälatur scheint nach der Absetzung von Bischof Livieres einem potentiellen Entzug der päpstlichen Gunst für das Opus Dei vorbeugen zu wollen.
Bischof Livieres‘ Wirken in der Diözese Ciudad del Este
Einige Angaben noch zum Wirken von Bischof Livieres in seiner Diözese Ciudad del Este in Paraguay, deren Leitung ihm 2004 übertragen worden war. Ein Wirken, das sich konkret auf der Grundlage der Förderung der eucharistischen Anbetung in der Förderung von Priester- und Ordensberufungen, dem Bibelstudium und der verstärkten Seelsorge unter den Gläubigen ausgedrückt hat.
2004 gab es keinen Ort der ewigen Anbetung in der Diözese. 2014 gibt es acht Anbetungsstätten und 5.836 Gläubige, die dort regelmäßig Anbetung halten.
2004 zählte die Diözese 14 Diözesanpriester, 2014 sind es 83.
Seit 2004 haben sich sechs neue Orden und drei Priestergemeinschaften mit Zustimmung des Bischofs in der Diözese niedergelassen oder wurden dort gegründet. Die meisten von ihnen sind altrituell oder birituell.
Gab es 2004 keine Ordensleute, beträgt deren Zahl inzwischen 124.
2004 fanden 9.543 Taufen statt, 2013 waren es 21.556.
Fanden 2004 1.257 kirchliche Eheschließungen statt, waren es 2013 6.277.
Gab es 2004 nur vereinzelt Bibelkreise, besuchen 2014 mehr als 1.000 Gläubige die Kurse des neugegründeten Bibelinstitutes, die an 20 Orten der Diözese gehalten werden, um in der Heiligen Schrift unterwiesen zu werden.
Priesterseminar ist nicht gleich Priesterseminar
Während des Zweiten Vatikanischen Konzils habe man in Paraguay die „Notwendigkeit verspürt“, die Priesterausbildung für die Priester „von morgen“ neu zu ordnen und gründete mit dem Seminario Mayor Nacional de la Asunción ein einheitliches interdiözesanes Priesterseminar für das ganze Land, das der Bischofskonferenz untersteht, wie es auf der Internetseite des „Nationalen Priesterseminars“ heißt. Das neue Seminar nahm im Herbst 1969 seinen Betrieb auf.
Wegen der progressiven und befreiungstheologischen Ausrichtung des einheitlichen Priesterseminars gründete Bischof Livieres mit dem Seminario Mayor San Jose in seiner Diözese ein eigenes Priesterseminar. Ein „Sonderweg“, der ihm von den anderen Bischöfen übelgenommen wurde. Erst recht, als sein Priesterseminar mit einer „traditionellen“ Priesterausbildung attraktiver wurde, und mehr Berufungen anzog, als das progressive Einheitsseminar.
Die Diözese Ciudad del Este zählt nur zehn Prozent aller Katholiken Paraguays. Dennoch studieren im von Bischof Livieres gegründeten Priesterseminar 223 Seminaristen, im inderdiözesanen Einheitsseminar nur 76 Seminaristen. Das Einheitsseminar wurde am 15. November 2013 von Kardinal Claudio Hummes besucht, der sich „sehr zufrieden“ darüber zeigte.
Entgegen verleumderischer Behauptungen, man werde eben „jeden genommen haben“, wurden im Durchschnitt 60 Prozent aller Anfragen abgelehnt. Die Zahl der Neueintritte im Herbst 2013 erreichte mit 60 Kandidaten ihren Höhepunkt und damit fast die Zahl des gesamten Einheitsseminars zusammen. Grund genug für die solchermaßen deklassierten übrigen Bischöfe des Landes, energisch auf die Handbremse zu treten.
Mit der Einsetzung eines der progressivsten Bischöfe als Apostolischen Adminstrator von Ciudad del Este wird mit einer „Normalisierung“ der Priesterausbildung gerechnet und schrittweise mit der Auflösung und Wiedereingliederung in das Einheitsseminar von Asuncion.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons