(Hanoi) Der Straßenverkehr in Vietnams Hauptstadt Hanoi wurde gestern durch eine neue Form des Protestes blockiert. Eintausend Katholiken der Stadt zogen nach einer Heiligen Messe anläßlich des 89. Geburtstags von Paul Joseph Kardinal Pham Dinh Tung, emeritierter Erzbischof von Hanoi, betend durch die Stadt. Ziel war das Gebäude, in dem vor der kommunistischen Machtübernahme die diplomatische Vertretung des Heiligen Stuhls untergebracht war. Es wurde von den roten Machthabern enteignet und wird nun als Nachtclub genützt. Der Garten wurde in privilegierte Parkplätze für Parteifunktionäre umgewandelt. Die Katholiken fordern die Rückgabe des Gebäudes und damit die Wiederherstellung rechtsstaatlicher Verhältnisse. Hinter dem unmittelbaren Anlaß verbirgt sich ein erstarktes Selbstbewußtsein der jahrzehntelang unterdrückten Kirche Vietnams, das vom Staat die freie Ausübung der Religion einfordert.
Die katholischen Proteste halten bereits seit einem Monat an und werden durch eine Unterschriftensammlung begleitet. Ausgelöst wurden sie am 15. Dezember 2007, als der Erzbischof von Hanoi, Joseph Ngo Quang Kiet, daß das Gebäude 1959 illegal beschlagnahmt worden sei und dessen Rückerstattung einforderte. Gleichzeitig forderte er die Gläubigen zum Gebet auf, damit Gerechtigkeit geschaffen werde. Seit dem 18. Dezember versammeln sich Katholiken der Stadt jeden Abend friedlich vor dem Sitz des Erzbischofs mit Blumen und Kerzen zum Gebet.
Am gestrigen 10. Januar versammelten sie sich zur Überraschung der Polizei, die in großem Aufgebot das abendliche Gebet beobachtet, bereits zu Mittag und zogen betend durch die Stadt. Für mehrere Stunden legten die Gläubigen mit ihrer Prozession den Straßenverkehr in jenem Stadtviertel lahm.
Bei den Protesten handelt es um die erste öffentliche Aktion von Katholiken in der Hauptstadt seit der kommunistischen Machtübernahme. Seit dem 23. Dezember werden sie durch eine Unterschriftensammlung flankiert. Am 30. Dezember kam es zu einem Treffen zwischen dem vietnamesischen Ministerpräsidenten Nguyen Tan Dung und Erzbischof Ngo Quang in dieser Angelegenheit. Der Staat hat bisher noch keine Entscheidung getroffen.
(asianews/RP)