Die Madonna von Trevignano „constat de non supernaturalitate“

Ein Beispiel


Das Blaue Kreuz von Trevignano über dem Braccianosee
Das Blaue Kreuz von Trevignano über dem Braccianosee

(Rom) Nun ist es amt­lich. Der Bischof von Civi­ta Castel­la­na in der ita­lie­ni­schen Regi­on Lati­um erklär­te, daß die angeb­li­chen Erschei­nun­gen der „Madon­na von Tre­vigna­no“ nicht über­na­tür­li­chen Cha­rak­ter haben. Der Ver­such einer Dar­stel­lung der Ereig­nis­se als ein Bei­spiel für ver­gleich­ba­re Phänomene.

Anzei­ge

Die Ereig­nis­se fan­den vor einem Jahr erheb­li­ches inter­na­tio­na­les Inter­es­se. Selbst der Spie­gel, ein Blatt mit bekannt­lich sehr gerin­ger Affi­ni­tät zum Reli­giö­sen, berich­te­te. Die Schlag­zei­len im deut­schen Sprach­raum ähnel­ten daher a prio­ri einer Vor­ver­ur­tei­lung: „Ita­li­en: Das Geschäft von Sehe­rin Gisel­la Car­dia nahe Rom flo­riert“ (FAZ), „Mari­en­er­schei­nun­gen: Ech­tes Wun­der oder teuf­li­scher Betrug?“ (BR24). Die Medi­en berich­te­ten von Polen über Mexi­ko, Bra­si­li­en bis in die USA. Doch zunächst die Fakten. 

Vor acht Jah­ren, im März 2016, gab das Ehe­paar Gian­ni und Gisel­la Car­dia bekannt, eine in Med­jug­or­je erwor­be­ne, 20 Zen­ti­me­ter hohe Mari­en­sta­tue der „Köni­gin des Frie­dens“ habe nach ihrer Rück­kehr nach Hau­se Was­ser und Blut geweint, eben­so ein auf dem Peters­platz in Rom gekauf­tes Bild der Gött­li­chen Barm­her­zig­keit. Nach Med­jug­or­je war das Paar gepil­gert, um für ihre Lie­be zu dan­ken. Wäh­rend das Jesus-Bild spä­ter nicht mehr wein­te, setz­te sich das Phä­no­men an der Mari­en­sta­tue fort.

Gisel­la und Gian­ni Car­dia in ihrem Zuhau­se in Tre­vigna­no am Brac­cia­no­see. Im Hin­ter­grund die Mari­en­sta­tue aus Medjugorje

Kurz dar­auf folg­ten, immer 2016, Erschei­nun­gen, sowohl Mari­en- als auch Jesus- und Gott-Vater-Erschei­nun­gen mit Bot­schaf­ten und dem Auf­trag, die­se in der Welt zu ver­brei­ten. Die Erschei­nun­gen erfolg­ten immer zu Hau­se. Die Got­tes­mut­ter habe Gisel­la Car­dia geru­fen: „Mei­ne Toch­ter, mei­ne Toch­ter“, dabei habe sich ein star­ker Rosen­duft aus­ge­brei­tet. Die Erschei­nun­gen ereig­nen sich seit­her immer am 3. eines jeden Monats um 15 Uhr. 

Immer mehr Men­schen kamen zu die­sem Anlaß in das Pri­vat­haus der Car­di­as, „bis zu hun­dert Per­so­nen dräng­ten sich im Wohn­zim­mer“, so Gian­ni Car­dia. Da das Fas­sungs­ver­mö­gen zu klein war, such­ten die Car­di­as einen geeig­ne­te­ren Ort und fan­den ihn auf dem Berg über dem Brac­cia­no­see, an des­sen Nord­ufer Tre­vigna­no liegt. Um genau zu sein, so erzählt Gisel­la Car­dia, sah sie bei einem Spa­zier­gang die Got­tes­mut­ter vom Him­mel her­ab­kom­me und ihr den Ort zei­gen, wo sich heu­te in ein­sa­mer Gegend ein „Blau­es Kreuz“ befin­det. Adres­sa­tin des Phä­no­mens ist immer Frau Car­dia gewe­sen, die als Sehe­rin Gisel­la bekannt wird. 

Der Kern der Bot­schaf­ten ist die Auf­for­de­rung „zur Bekeh­rung und die Vor­be­rei­tung auf die Din­ge, die kom­men wer­den“. Kon­kret ist damit die Ankün­di­gung schwe­rer Kata­stro­phen gemeint, dar­un­ter auch „der Ent­zug der Freiheit“.

Die Auf­merk­sam­keit der Medi­en war gesi­chert, die mit einer Mischung aus Sen­sa­ti­ons­lust und Spott reagier­ten, zumal bekannt wur­de, daß Gisel­la Car­dia 2014, als sie noch auf Sizi­li­en leb­te und eine Töp­fe­rei hat­te, wegen betrü­ge­ri­scher Insol­venz zu zwei Jah­ren beding­ter Haft ver­ur­teilt wor­den war. Ihren Mann lern­te sie erst nach die­sem Ereig­nis ken­nen. Der Ver­dacht der „Geschäf­te­ma­che­rei“ war jedoch gleich zur Hand.

Medi­en prä­gen die öffent­li­che Mei­nung. Der offe­ne oder laten­te Spott, der dabei die Bericht­erstat­tung über reli­giö­se Din­ge beglei­tet, beein­flußt mas­siv den Blick. Ein Aspekt von nicht uner­heb­li­cher Bedeu­tung, der ver­zerrt, aber wenig zur objek­ti­ven Wahr­heits­fin­dung bei­trägt, und das ganz unab­hän­gig, ob ein Phä­no­men über­na­tür­lich ist oder nicht. 

Die Cara­bi­nie­ri und die Diö­ze­se Civi­ta Castel­la­na lei­te­ten Unter­su­chun­gen ein. Die­se kon­zen­trier­ten sich unter ande­rem auf das Blut, das die Sta­tue geweint haben soll. Im Som­mer 2018 sag­te Gisel­la Car­dia in ihrem ersten Fern­seh­in­ter­view, daß die Unter­su­chun­gen „bis­her kei­ne Ergeb­nis­se erbracht haben, aber wir sehen die Got­tes­mut­ter wei­ter­hin weinen“.

Die ört­li­che Diö­ze­san­ku­rie gab sich zurück­hal­tend und beton­te, daß man die Sache genau beob­ach­te, um die wei­te­re Ent­wick­lung beur­tei­len zu kön­nen. An den „Erschei­nun­gen“ waren neben zahl­rei­chen Gläu­bi­gen auch etli­che Prie­ster anwe­send, was nach außen bestä­tig­te, daß die Diö­ze­se in die­ser Zeit jeden­falls kei­ne Ver­bo­te erlas­sen hatte.

Die Inter­net­sei­te der Ver­ei­ni­gung La Madon­na di Tre­vigna­no Romano

Rund um das Ehe­paar bzw. die „Erschei­nun­gen“ ent­stand eine Bewe­gung, die zahl­rei­cher wur­de und sich 2019 nach dem Ver­eins­recht als Ver­ei­ni­gung La Madon­na di Tre­vigna­no Roma­no ONLUS kon­sti­tu­ier­te. ONLUS steht im ita­lie­ni­schen Recht für eine gemein­nüt­zi­ge Organisation.

Seit 2016 wur­de jeden Diens­tag mit Gisel­la in der Pfarr­kir­che von Tre­vigna­no Roma­no der Rosen­kranz gebe­tet, unter­stützt vom Orts­pfar­rer, was ab dem Früh­jahr 2020 wegen der Coro­na-Maß­nah­men mehr­fach eine Unter­bre­chung erleb­te. Am 3. Okto­ber 2020 wur­de die Mari­en­sta­tue auf dem Berg gekrönt.

Die Wende

Im Juli 2022 kam es dann zur ersten Wen­de. Tre­vigna­no Roma­no erhielt einen neu­en Pfar­rer, der den wöchent­li­chen Rosen­kranz in der Pfarr­kir­che nicht mehr dul­de­te. Ein Gespräch von Herrn Car­dia und der Ver­ei­ni­gung mit ihm brach­te kein Ergebnis.

Im Dezem­ber 2022 erfolg­te die zwei­te Wen­de. Papst Fran­zis­kus ernann­te einen neu­en Bischof für Civi­ta Castel­la­na. Der neue Bischof Mar­co Sal­vi wur­de im Janu­ar 2023 in das Amt ein­ge­führt. Im April ord­ne­te er eine neue Unter­su­chung des Phä­no­mens an und errich­te­te dazu eine Unter­su­chungs­kom­mis­si­on, die sich „aus meh­re­ren Exper­ten ver­schie­de­ner Berei­che (Syste­ma­ti­sche Theo­lo­gie, Kano­ni­sches Recht, Spi­ri­tua­li­tät, Psy­cho­lo­gie)“ zusam­men­setz­te. Die­se Kom­mis­si­on leg­te ihm „nach einer gründ­li­chen Unter­su­chung“, bereits am 30. Mai einen ersten Bericht vor, der aller­dings noch „kei­ne defi­ni­ti­ve Bewer­tung“ enthielt.

Der Bischof ersuch­te die zustän­di­ge Staats­an­walt­schaft, ihm die Ergeb­nis­se der sei­ner­zei­ti­gen Blut­un­ter­su­chung zu über­mit­teln, was vom lei­ten­den Staats­an­walt jedoch zwei Mal ver­wei­gert wur­de. Dabei ist es bis heu­te geblie­ben. Die Ergeb­nis­se wur­den nie bekannt­ge­ge­ben. Schlag­zei­len, es hand­le sich um „Schwei­ne­blut“, erwie­sen sich als frei erfunden.

Anfang April 2023 fiel das monat­li­che Gebets­tref­fen beim „Blau­en Kreuz“ aus. Die Medi­en über­schlu­gen sich in künst­li­cher Auf­re­gung mit nega­ti­ven Schlag­zei­len wie „Sehe­rin Gisel­la samt dem Geld ver­schwun­den“. Um wel­ches Geld es sich dabei han­deln soll­te, war noch nicht klar. In Wirk­lich­keit tra­ten die Car­di­as weni­ge Tage spä­ter vor die Öffent­lich­keit und die Gebets­tref­fen fan­den ab Mai wie­der regu­lär statt. Gisel­la Car­dia empör­te sich, daß sie „als Mon­ster dar­ge­stellt“ und „ver­folgt“ wer­de. Das Medi­en­in­ter­es­se zei­tigt vie­le Fol­gen: Das Ehe­paar erhält Mord­dro­hun­gen, die Rei­fen ihres Autos wer­den auf­ge­sto­chen. Es kon­sti­tu­iert sich ein Komi­tee „Nein Madon­na“. Die Car­di­as sehen dar­in eine „Blas­phe­mie“ und spre­chen von einem „Haß­kli­ma“, das von Medi­en gegen sie erzeugt wur­de. Das Gegen­ar­gu­ment lau­tet, es sei „Blas­phe­mie“, zu behaup­ten, Mari­en­er­schei­nun­gen zu haben, wor­auf Gisel­la Car­dia ant­wor­tet: „Was kön­ne sie dafür?!“

Bischof Sal­vi ließ dar­auf die Car­di­as am 21. April 2023 vor die diö­ze­sa­ne Unter­su­chungs­kom­mis­si­on vor­la­den. Dabei wur­de ver­ein­bart, daß sie sich einer ärzt­li­chen Unter­su­chung zu unter­zie­hen hät­ten. Gisel­la Car­dia zudem einer psych­ia­tri­schen Unter­su­chung durch eine fünf­köp­fi­ge Gut­ach­ter­grup­pe unter der Lei­tung von Prof. Fabri­zio Iecher. 

Meh­re­re Medi­en berich­te­ten wie­der­um in sehr nega­ti­vem Ton, daß das Ehe­paar nicht zur Arzt­vi­si­te und auch nicht zu einem Orts­ter­min mit Ver­tre­tern des Natur­parks erschie­nen sei. Auch die­se Mel­dun­gen erwei­sen sich als falsch, denn die Car­di­as wider­spra­chen und brin­gen den Nach­weis, sehr wohl und zwar am 28. April, wie ver­ein­bart, beim Arzt gewe­sen zu sein, der, mit jedem Ehe­gat­ten getrennt, jeweils zwei­ein­halb Stun­den gespro­chen habe. Anschlie­ßend erschien Frau Gisel­la Car­dia am 30. Okto­ber und 9. Novem­ber 2023 zu spe­zi­el­len Unter­su­chun­gen beim zuge­wie­se­nen Gut­ach­t­er­team. Auch dem Orts­ter­min auf dem Berg habe man sich nicht ent­zo­gen, son­dern ledig­lich im Ein­ver­neh­men einen ande­ren Ter­min ver­ein­bart. Die Situa­ti­on ist angespannt.

Der „Erschei­nungs­berg“ am Kra­ter­rand über Tre­vig­a­no, das 33 Kilo­me­ter nord­west­lich von Rom am Nord­ufer des Brac­cia­no­sees liegt

Die media­le Stim­mung hat­te sich jeden­falls gedreht. Die Car­di­as spre­chen von „aggres­si­vem“ Ver­hal­ten der Medi­en ihnen gegen­über. Die Tref­fen auf dem Berg sind nur mehr erreich­bar, indem die „Sehe­rin“ wie die Gläu­bi­gen meh­re­re Kon­troll­punk­te ver­schie­de­ner Poli­zei­ein­hei­ten pas­sie­ren müs­sen. Das Erschei­nungs­ge­än­de ist inzwi­schen ein­ge­zäunt. Außer­halb des Zau­nes demon­strie­ren Mit­glie­der des Komi­tees „Nein Madonna“. 

Die mehr­tä­gi­ge Abwe­sen­heit im Früh­jahr 2023, als selbst Medi­en im deut­schen Sprach­raum auf die Sache auf­merk­sam wur­den und gleich mit Müll über­schüt­te­ten, begrün­de­te Gisel­la Car­dia mit den Wund­ma­len Chri­sti, die sie wäh­rend der Fasten­zeit emp­fan­gen habe. Mit dem Oster­fest waren die Stig­ma­ta verschwunden.

Die Unter­su­chungs­kom­mis­si­on unter­zog unter­des­sen die „Bot­schaf­ten“ einer genau­en Prü­fung und befrag­te eine Rei­he von Per­so­nen, die auf irgend­ei­ne Wei­se mit dem Phä­no­men in Ver­bin­dung stan­den, dar­un­ter auch das Ehe­paar Cardia.

Im Okto­ber 2023 wur­de das Phä­no­men zum Gegen­stand der sati­risch-inve­sti­ga­ti­ven Sen­dung „Le Iene“ (Die Hyä­nen). Sie über­zeug­ten das Ehe­paar Car­dia, zwei Mari­en­sta­tu­en einer Com­pu­ter­to­mo­gra­phie zu unter­zie­hen. Die Unter­su­chung wur­de in der Sen­dung gezeigt. Bei­de Figu­ren wie­sen kei­ner­lei Mani­pu­la­ti­on oder Pum­pe oder irgend­ei­nen ande­ren Trick auf. Test bestan­den. Das Ehe­paar zeig­te dem Team der Iene auch eine Herz-Jesu-Dar­stel­lung, die aller­dings weder vom Jour­na­li­sten noch den Kame­ra­leu­ten gese­hen wur­de, wäh­rend die Car­di­as sie wie selbst­ver­ständ­lich im Detail beschrie­ben. Die Sich­tung von meh­re­ren Stun­den Film­a­te­ri­als zei­gen ins­ge­samt ein sym­pa­thi­sches, sehr ruhi­ges und vor allem natür­lich wir­ken­des, gläu­bi­ges Ehe­paar. Wobei das nun nichts über die Authen­ti­zi­tät der Phä­no­me­ne aus­sagt, aber zumin­dest soviel nahe­legt, daß kei­ne unter­stell­te betrü­ge­ri­sche Absicht gege­ben scheint.

Im Janu­ar 2024 schoß dann aber die Sen­dung „Sto­rie Ita­lia­ne“ von RAI 1 gegen das Phä­no­men. Im Mit­tel­punkt stand ein Inter­view, indem den Car­di­as finan­zi­el­le Unre­gel­mä­ßig­kei­ten vor­ge­wor­fen wur­den. Die Ver­ei­ni­gung Madon­na di Tre­vigna­no Roma­no kon­ter­te, daß die inter­view­te Per­son „Unwahr­hei­ten“ ver­brei­te und „Zwie­tracht“ säen wol­le, aber „nie Mit­glied der Ver­ei­ni­gung“ oder in sonst einem Zusam­men­hang mit den Ereig­nis­sen gestan­den habe. 

Am 1. Febru­ar leg­te der zweit­größ­te ita­lie­ni­sche Fern­seh­sen­der in ähn­li­chem Stil nach. Dem Ehe­paar Car­dia und der Ver­ei­ni­gung wur­de dies­mal von einer inter­view­ten Frau Unre­gel­mä­ßig­kei­ten in der Jah­res­bi­lanz der Ver­ei­ni­gung zur Last gelegt und auch behaup­tet, die Car­di­as hät­ten es auf ihr Ver­mö­gen abge­se­hen. Das Ehe­paar Car­dia und die Ver­ei­ni­gung spra­chen am 2. Febru­ar von „Ver­leum­dung“. Das ist die bis­her letz­te Pres­se­er­klä­rung der Ver­ei­ni­gung La Madon­na die Tre­vigna­no Roma­no.

Die „Iene“ inter­view­ten in ihrem mehr als drei­stün­di­gen Bericht sogar einen Mann, der 122.000 Euro gespen­det hat­te, drei Vier­tel der Ver­ei­ni­gung, ein Vier­tel den Car­di­as direkt, und kon­fron­tier­ten damit das Ehe­paar. Auch in die­sem Fall konn­te das Paar punk­ten. Das Geld war tat­säch­lich geflos­sen, um dem Erschei­nungs­berg sein heu­ti­ges Aus­se­hen zu geben (Ein­eb­nung, Umzäu­nung, Bän­ke usw.). Die Ankla­ge ist jedoch so pein­lich, daß sie im Inter­es­se die­ser offen­bar sehr wohl­ha­ben­den Per­son an die­ser Stel­le ver­schwie­gen wer­den soll. Das Bei­spiel zeigt jedoch einen ganz spe­zi­el­len Aspekt der Erschei­nungs­phä­no­me­ne auf: Sie zie­hen die unter­schied­lich­sten Per­so­nen an, auch sehr wan­kel­mü­ti­ge, emo­tio­nal insta­bi­le, die heu­te mit Feu­er und Flam­me etwas för­dern, aber mor­gen, aus oft uner­find­li­chen Grün­den, mit Feu­er und Flam­me das­sel­be bekämp­fen kön­nen – und dazu bereit­wil­lig auch in die Medi­en gehen. Die­se Gemü­tungs­schwan­kun­gen müs­sen in kei­nem Zusam­men­hang mit der Echt­heits­fra­ge eines Phä­no­mens ste­hen, wenn die­se Per­so­nen und die Medi­en dies auch glau­ben machen wollen.

2022 unter­sag­te der neue Pfar­rer den wöchent­li­chen Rosen­kranz in der Pfarrkirche

Was war der Hin­ter­grund die­ser jüng­sten Medi­en­auf­merk­sam­keit? Was die Öffent­lich­keit noch nicht wuß­te: Im Janu­ar 2024 hat­te die diö­ze­sa­ne Unter­su­chungs­kom­mis­si­on ihren Abschluß­be­richt vor­ge­legt. Hin­ter den Kulis­sen stand ein nega­ti­ves Urteil bereits fest. Den Medi­en wur­de ein Teil der Infor­ma­tio­nen zuge­steckt, sodaß die­se den Boden für das nega­ti­ve Ver­dikt berei­te­ten. Die Car­di­as äußer­ten bereits im Vor­jahr gegen­über dem Jour­na­li­sten der Iene einen schwer­wie­gen­den Ver­dacht. Gegen sie sei­en „star­ke Mäch­te“ im Ein­satz, die „Tre­vigna­no zer­stö­ren“ woll­ten. Der Auf­trag dazu käme direkt von Papst Franziskus. 

Das Dekret des Bischofs

Die­ses erging dann gestern durch Diö­ze­san­bi­schof Mar­co Salvi:

„Die Mari­en­er­schei­nun­gen von Tre­vigna­no sind nicht übernatürlich.“

Mit dem Dekret Nr. 01D/​2024 erklär­te der Bischof sein „cons­tat de non supernaturalitate“.

Sein Tätig­wer­den nach sei­ner Amts­ein­füh­rung begrün­det der Bischof dar­in mit dem gestei­ger­ten Medi­en­in­ter­es­se an dem Phä­no­men, das eine inter­na­tio­na­le Dimen­si­on ange­nom­men hatte.

Zur Begrün­dung sei­nes nega­ti­ven Urteils führt er in dem Dekret an:

  • Es gibt Aus­las­sun­gen in der Dar­stel­lung von Gisel­la Car­dia, die selbst „unter Eid vor Gott“ der Unter­su­chungs­kom­mis­si­on „Ele­men­te nicht mit­ge­teilt hat, die sie selbst in Fern­seh­in­ter­views bekannt gemacht hatte“.
  • Es gibt inne­re Wider­sprü­che im Zeug­nis von Gisel­la Car­dia, die dar­auf pocht, beim Emp­fang der „Bot­schaf­ten“ ein­fach auf­zu­schrei­ben, ohne zu inter­pre­tie­ren, die­se dann aber in eini­gen Fäl­len nach­träg­lich erklär­te, um objek­ti­ve Kri­tik und eine Nicht-Über­ein­stim­mung mit dem katho­li­schen Glau­ben zu überwinden.
  • Es gibt einen offe­nen Gegen­satz zwi­schen dem Zeug­nis von Gisel­la Car­dia, daß die klei­ne Mari­en­sta­tue in der Hand des eme­ri­tier­ten Bischofs Roma­no Ros­si geweint hat, und der Aus­sa­ge von Msgr Ros­si, der dies ent­schie­den bestreitet.
  • Es fehlt an Über­ein­stim­mung der Zeug­nis­se der Ehe­gat­ten Car­dia über die Ereig­nis­se mit den Wie­der­ga­ben Dritter.
  • Das Volk Got­tes wur­de, so der Bischof unter Beru­fung auf den Pfar­rer von Tre­vigna­no, durch das Phä­no­men gespal­ten. Da jene, die Gisel­la Car­dia unter­stüt­zen, sich als „klei­ner Rest“ sehen. So die Aus­sa­ge des Bischofs, die er nicht den Car­di­as selbst zum Vor­wurf macht. Das aber sei, so der Bischof, typisch für „sek­tie­re­ri­sche Phä­no­me­ne und nicht Frucht des Hei­li­gen Gei­stes, der zur Ein­heit drängt“.
  • Die Bot­schaf­ten der „Sehe­rin“ ent­hal­ten „zahl­rei­che theo­lo­gi­sche Irr­tü­mer“. Als Bei­spiel führt der Bischof an, daß in der Bot­schaft vom 10. März 2022 [rich­tig muß es wohl hei­ßen 3. März 2022] die Zusa­ge ent­hal­ten ist, daß jenen nichts gesche­hen wird, die sich auf den Berg zum Blau­en Kreuz bege­ben, da sie von den Engeln unsicht­bar gemacht wer­den und somit von den Dämo­nen nicht ange­grif­fen wer­den kön­nen. Gegen­über der Unter­su­chungs­kom­mis­si­on prä­zi­sier­te Gisel­la Car­dia, daß damit nicht die gesam­te Mensch­heit, son­dern die Men­schen der Umge­bung gemeint sei­en. Den­noch, so der Bischof, ist die­se Dar­stel­lung „nicht nur bizarr, son­dern gegen die sote­rio­lo­gi­sche Leh­re der katho­li­schen Kirche“.
  • Die auf der Inter­net­sei­te der Ver­ei­ni­gung ver­öf­fent­lich­ten Bot­schaf­ten wei­sen gegen­über den Ori­gi­na­len, die der Unter­su­chungs­kom­mis­si­on von den Car­di­as vor­ge­legt wur­den, Ände­run­gen auf.
  • Gisel­la Car­di­as Bot­schaf­ten sind nicht nur eine Inter­pre­ta­ti­on der Über­lie­fe­rung und beson­ders der Hei­li­gen Schrift, son­dern haben eine „krea­ti­ve Rol­le“ in bezug auf die Glau­bens­leh­re, wenn jene auch in der Regel ange­paßt wur­de und daher bei den Zuhö­rern kein grö­ße­res Unbe­ha­gen auslöste.
  • Die The­men der Bot­schaft sind zu sim­pli­zi­stisch, als daß sie wirk­lich die Gläu­bi­gen for­men könn­ten, und fern vom Reich­tum der Hei­li­gen Schrift und der noch umfas­sen­de­ren kirch­li­chen Über­lie­fe­rung. Die Art ihrer Bot­schaf­ten ori­en­tiert sich an der „Volks­pro­phe­tie, die die Geschich­te der West­kir­che seit dem Mit­tel­al­ter beglei­tet, und hat nichts mit der volks­tüm­li­chen Mystik zu tun, von der Papst Fran­zis­kus spricht“.
  • Die Bot­schaf­ten ent­hal­ten auch ein Urteil über die insti­tu­tio­nel­le katho­li­sche Kir­che, die dem­nach in einem Teil dem Bereich des Heils, in einem ande­ren Teil dem Reich des Bösen ange­hö­re. Der Bischof führt als Beleg an, daß Gisel­la Car­dia von einer „moder­ni­sti­schen Kir­che“ und „Ver­fäl­schung der Hei­li­gen Schrift“ gespro­chen hat. Eben­so einen Beleg sieht der Bischof dar­in, daß Gisel­la Car­dia den ersten Prie­ster, den ihr der eme­ri­tier­te Bischof als See­len­füh­rer zuge­wie­sen hat­te, ablehn­te mit dem Hin­weis, daß er nicht der von der Got­tes­mut­ter gewünsch­te sei, und statt­des­sen einen ande­ren auswählte.
  • Zu dem psych­ia­tri­schen Gut­ach­ten, das zu Gisel­la Car­dia erstellt wur­de, schreibt der Bischof nur, daß sich dar­aus ihre „Unglaub­wür­dig­keit“ ergibt, ohne das The­ma näher auszuführen.
Bischof Mar­co Sal­vi setz­te im April 2023 eine neue Unter­su­chungs­kom­mis­si­on ein und ver­kün­de­te gestern ein nega­ti­ves Urteil über das Phä­no­men von Trevignano

Kei­ne Erwäh­nung in dem Dekret fin­den die trä­nen­de Mari­en­sta­tue und das Jesus­bild. Daher auch nicht die Unter­su­chung des Blutes.

„Zum Wohl der Pfar­rei von Tre­vigna­no Roma­no und dem Volk Got­tes in der Diö­ze­se erklä­re ich mit dem vor­lie­gen­den Dekret in bezug auf die Erschei­nungs­phä­no­me­ne der Frau Gisel­la Car­dia und Herrn Gian­ni Car­dia zuge­schrie­be­nen Ent­hül­lun­gen: cons­tat de non supernaturalitate.

Und daher:

a) erle­ge ich den Prie­stern ein Ver­bot auf 1) die Sakra­men­te zu fei­ern oder Akte der Volks­fröm­mig­keit anzu­füh­ren, die auf direk­te oder indi­rek­te Wei­se mit den Ereig­nis­sen von Tre­vigna­no Roma­no in Ver­bin­dung gebracht wer­den könn­ten, sei es an Orten der Ver­ei­ni­gung Madon­na di Tre­vigna­no sei es an ande­ren pri­va­ten, öffent­li­chen oder kirch­li­chen Orten; 2) sich an den Erschei­nungs­ort zu bege­ben und dadurch in den Gläu­bi­gen die Vor­stel­lung zu näh­ren, daß es irgend­ei­ne Form der kirch­li­chen Aner­ken­nung gebe;

b) erle­ge ich Frau Gisel­la Car­dia, Herrn Gian­ni Car­dia und allen unter ver­schie­de­nem Titel in die Ereig­nis­se von Tre­vigna­no ver­wickel­ten Sub­jek­te die Beach­tung und Befol­gung der Ent­schei­dun­gen des Diö­ze­san­bi­schofs auf sowie die Bereit­schaft, einen Weg der Rei­ni­gung und der Unter­schei­dung zu voll­zie­hen, um die kirch­li­che Ein­heit zu för­dern und aufrechtzuerhalten;

c) stel­le ich klar, daß der Titel „Madon­na von Tre­vigna­no“ kei­nen kirch­li­chen Wert hat und auch im welt­li­chen Bereich nicht gebraucht wer­den darf, als hät­te er einen solchen;

d) wei­se ich die Gläu­bi­gen an in bezug auf die dis­zi­pli­na­ri­sche und geist­li­che Pflicht, die aus der kirch­li­chen Ver­laut­ba­rung folgt, sich der Orga­ni­sa­ti­on und/​oder Teil­nah­me an pri­va­ten und/​oder öffent­li­chen Zusam­men­künf­ten (sei­en es sol­che des Gebets und oder der Kate­che­se) zu ent­hal­ten, die die über­na­tür­li­che Wahr­heit der Ereig­nis­se von Tre­vigna­no als sicher und unzwei­fel­haft behaup­ten oder die Hand­lun­gen sind, um Druck auf den Diö­ze­san­bi­schof zur Ände­rung sei­ner recht­mä­ßi­gen Ent­schei­dun­gen über die Ereig­nis­se auszuüben.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: lare​gi​na​del​ro​sa​rio​.org/​W​i​k​i​c​o​m​m​ons (Screen­shots)

Print Friendly, PDF & Email
Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!