
von Roberto de Mattei*
Zu den Schlüsseln, um das Pontifikat von Papst Franziskus interpretieren zu können, gehört mit Sicherheit seine Liebe zur Widersprüchlichkeit. Diese Neigung geht eindeutig auch aus dem Apostolischen Schreiben Misericordia et misera hervor, das zum Abschluß des außerordentlichen Heiligen Jahres der Barmherzigkeit von ihm unterzeichnet wurde.
In diesem Schreiben legt Papst Bergoglio fest, daß jene, die von Priestern der Piusbruderschaft betreute Kirchen besuchen, gültig und erlaubt die sakramentale Lossprechung empfangen können. Der Papst heilt damit, was den Hauptfaktor der „Irregularität“ der von Msgr. Lefebvre gegründeten Priesterbruderschaft ausmachte. Es wäre ein Widerspruch, anzunehmen, daß mit der Anerkennung der Beichten als gültig und erlaubt, nicht auch die von der Bruderschaft zelebrierten Messen als gültig und erlaubt anzusehen sind. An diesem Punkt angelangt, versteht man allerdings nicht (mehr), welche Notwendigkeit es noch für eine Vereinbarung zwischen Rom und der von Msgr. Lefebvre gegründeten Bruderschaft gibt, da die Position dieser Priester de facto anerkannt wurde, und die Probleme über die Glaubenslehre, die noch am Tapet sind, den Papst bekanntlich wenig interessieren.
„Damit dem Wunsch nach Versöhnung und der Vergebung Gottes nichts im Wege stehe“, gewährte Papst Bergoglio im selben Schreiben „von nun an allen Priestern die Vollmacht, kraft ihres Amtes jene loszusprechen, welche die Sünde der Abtreibung begangen haben“. In Wirklichkeit hatten die Priester diese Vollmacht bereits, in der Beichte von der Sünde der Abtreibung loszusprechen. Allerdings gehört die Abtreibung, nach der jahrhundertealten Praxis der Kirche, zu den schweren Sünden, die automatisch zur Exkommunikation führen. „Wer eine Abtreibung vornimmt, zieht sich mit erfolgter Ausführung die Tatstrafe der Exkommunikation zu“, heißt es im Canon 1398 des Codex Iuris Canonici. Die Priester brauchten also die Erlaubnis des eigenen Bischofs, die Exkommunikation aufheben zu können, bevor sie von der Sünde der Abtreibung lossprechen konnten. Nun kann jeder Priester die Exkommunikation aufheben, ohne den Bischof um Erlaubnis zu fragen oder von ihm delegiert zu werden. Die Exkommunikation fällt damit de facto, und die Abtreibung verliert die Schwere, die ihr das Kirchenrecht zuschreibt.
In einem am 20. November von TV2000 ausgestrahlten Interview bekräftigte Papst Franziskus allerdings, daß „die Abtreibung eine schwere Sünde bleibt“, ein „schreckliches Verbrechen“, weil sie „einem unschuldigen Leben ein Ende setzt“. Kann der Papst denn übersehen, daß seine Entscheidung, die Straftat der Abtreibung von der Exkommunikation latae sententiae zu entkoppeln, dieses „schreckliche Verbrechen“ relativiert und den Massenmedien die Möglichkeit bietet, sie als eine Sünde darzustellen, die von der Kirche heute als weniger schwerwiegend angesehen wird als in der Vergangenheit, und von ihr leichter vergeben wird?
Der Papst sagt in seinem Schreiben, daß „es keine Sünde gibt, die durch die Barmherzigkeit Gottes nicht erreicht und vernichtet werden kann, wenn diese ein reuevolles Herz findet, das um Versöhnung mit dem Vater bittet.“ Wie aber aus seinen eigenen Worten offensichtlich wird, setzt die Barmherzigkeit ihrem Wesen nach die Existenz der Sünde voraus, und daher auch die Gerechtigkeit. Warum ist dann immer und nur vom guten und barmherzigen Gott die Rede und nie vom gerechten Gott, der je nach Verdienst und Schuld des Menschen belohnt oder bestraft? Die Heiligen, wie angemerkt wurde, haben nie aufgehört, die Barmherzigkeit Gottes zu loben, der unerschöpflich im Geben ist, aber zugleich Seine Gerechtigkeit zu fürchten, der streng im Fordern ist. Ein Gott, der nur imstande wäre zu lieben und das Gute zu belohnen, aber unfähig wäre, zurückzuweisen und das Böse zu bestrafen, wäre ein Widerspruch.
Außer man wäre der Meinung, daß das Göttliche Gesetz zwar existiert, aber abstrakt und unanwendbar ist, und daß das einzige, was zählt, das konkrete Leben des Menschen ist, der gar nicht sündigen könne. In dieser Perspektive ist nicht die Einhaltung des Gesetzes wichtig, sondern das blinde Vertrauen in Gottes Vergebung und Barmherzigkeit. Pecca fortiter, crede fortius.
Das allerdings ist die Lehre Luthers – und nicht der katholischen Kirche.
*Roberto de Mattei, Historiker, Vater von fünf Kindern, Professor für Neuere Geschichte und Geschichte des Christentums an der Europäischen Universität Rom, Vorsitzender der Stiftung Lepanto, Autor zahlreicher Bücher, zuletzt in deutscher Übersetzung: Das Zweite Vatikanische Konzil – eine bislang ungeschriebene Geschichte, Ruppichteroth 2011.
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana
Das Problem ist, daß sich Bergoglio mit dem Apostolischen Schreiben „Misericordia et Misera“ in die FORMALE Häresie verstrickt hat. Die Aufhebung der Exkommunikation als Tatstrafe, ist ein „actus haereticus“, da nach allen kanonistischen Kommentaren zu Art 1398 CIC/1983 die Abtreibung DE FIDE ein „peccatum irreparabile“ ist, die einer Fremden Seele unheilbaren Schaden zufügt, nämlich das Versagen der ewigen Schau Gottes, die nur den getauften Kindern vorbehalten ist. Daher ist die Abtreibung auch ein Akt der Apostasie, die nach CIC 1367 eben jene Strafe nach sich zieht, die auch die FORMALE Häresie bedeutet, das Anathema oder die Exkommunikation.
Es sollte offen gesagt werden, daß sich Bergoglio um das Papstamt bringt, wenn er sich nicht umgehend korrigiert und öffentlich den Weiterbestand des CIC 1398 bestätigt, sonst ist Sedisvakanz die unausweichliche Folge. Wir brauch Kardinäle und Bischöfe, die jetzt aufstehen und dem Papst wie weiland Paulus dem Petrus „offen im Angesicht“ widerstehen und zu einer Korrektur seiner Fehler oder zur Abdankung zwingen. Das „Heilige Jahr“ ist zum „Unseligen Jahr“ geworden.
ROMA ROMA CONVERTERE AD DOMINUM DEUM TUUM!
Widerspruechlichkeit ist eine vornehme Umschreibung des Begriffes der eigentlich dahingehoerte naemlich „Theologische Planlosigkeit“
Im Zusammenhang mit der Abtreibung (dem leiblichen Tod des ungeborenen Menschen) vermisse ich regelmäßig die schwere Schuld an der Seele und dem ewigen Leben des ungeborenen Menschen. Dieser ist nicht getauft! und noch mit der Erbsünde! belastet.
Gott, als der einzig Heilige wird in Seiner Barmherzigkeit sicher Wege finden, die mit der Erbsünde belasteten Ungeborenen nicht in der Hölle leiden zu lassen, aber in Sein ewiges Reich der Anschauung Gottes kann Er nur Menschen aufnehmen, die in der Heiligmachenden Gnade gestorben sind. Hier versündigen sich die Mörder (alle Beteiligten, wie Mutter, Vater, Verwandte, Freunde, Ärzte, Krankenschwestern etc.) nicht nur am leiblichen Leben, sondern auch am ewigen Leben.
Wir müssen uns immer wieder bewusst machen, dass die Ursünde Adams und Evas – das selbst entscheiden, was gut und böse ist – in den Augen Gottes ein so furchtbarer Mangel (der immer vererbt wird, denn was nicht mehr ist, die Heiligmachende Gnade – kann nicht vererbt werden) war, dass ohne den Sühnetod Seines Sohnes Jesus Christus kein Mensch zur ewigen Anschauung Gottes gelangen konnte.
Gottes Name ist auch Gerechtigkeit – und niemand predigt über die Schwere von Sünden und ihren ewigen Folgen.
„Der Papst sagt in seinem Schreiben, daß „es keine Sünde gibt, die durch die Barmherzigkeit Gottes nicht erreicht und vernichtet werden kann, wenn diese ein reuevolles Herz findet, das um Versöhnung mit dem Vater bittet.“
Ich widerspreche aus schärfste. Es gibt eine Sünde „Wider der Heiligen Geist“ die nicht vergeben wird. Das kommt davon wenn man den Konzilsgeist ständig mit dem Heiligen Geist verwechseln tut.
Per Mariam ad Christum.
Richtig.
Verbum non amplius addam. (Horaz)