Don Fortea: „Der Papst hat nie etwas Heterodoxes gesagt“


Die Ansichten in der Kirche vielfältig. Don Fortea brachte eine zu Papier, die hier dokumentiert wird.
Die Ansichten in der Kirche vielfältig. Don Fortea brachte eine zu Papier, die hier dokumentiert wird.

(Madrid) In der katho­li­schen Kir­che gibt es nicht nur unter­schied­li­che Strö­mun­gen, son­dern noch mehr Ansich­ten zur Lage der Kir­che und noch viel mehr unter­schied­li­che Schat­tie­run­gen, wie man mit der Kir­chen­kri­se umge­hen soll. Der „kon­ser­va­ti­ve“ spa­ni­sche Prie­ster und Exor­zist José Anto­nio For­tea lie­fert mit sei­nen jüng­sten Gedan­ken zu Amo­ris Lae­ti­tia, der Lage der Kir­che und der Amts­füh­rung von Papst Fran­zis­kus eine sol­che Schat­tie­rung. Man ver­steht die aktu­el­le Lage der Kir­che nur, wenn man nicht um die­se unter­schied­li­chen Posi­tio­nen weiß. Katho​li​sches​.info doku­men­tiert jene von Don Fortea.
Don For­tea führ­te am 20. Mai 2015 in der Kathe­dra­le von San Luis Potosà­ in Mexi­ko mit ande­ren Exor­zi­sten einen Exor­zis­mus durch, „um die Dämo­nen zu ver­trei­ben, die das Land heim­su­chen“. Don For­tea betont in sei­ner Dar­stel­lung, daß Papst Fran­zis­kus der „pro­gres­si­ven Strö­mung“ in der Kir­che ange­hö­re, aber „bis­her nichts hete­ro­do­xes“ gesagt habe. Auf die Fra­ge, was wäre, wenn er es doch täte, geht Don For­tea nicht ein.

Die Dogmen sind eine Festung

Anzei­ge

von Don José Anto­nio Fortea

Heu­te wer­de ich ein wenig mein Herz aus­schüt­ten und mei­nen Geist preis­ge­ben über das päpst­li­che Ver­hal­ten: Wenn ich Amo­ris Lae­ti­tia lese und dar­über nach­den­ke, nei­ge ich dazu, zor­nig zu wer­den.  Der Zorn steigt in mir auch bei eini­gen ande­ren päpst­li­chen Hand­lun­gen auf.

Es besteht kein Zwei­fel, daß es in der Kir­che zwei ortho­do­xe Strö­mun­gen gibt: eine tra­di­tio­nel­le und eine pro­gres­si­ve. Ich den­ke dabei gar nicht an die Grup­pen, die offen hete­ro­dox sind (wie zahl­rei­che Autoren, die das Lehr­amt ein­fach über­ge­hen), oder die mit der Ein­heit der Kir­che gebro­chen haben (wie die Lefebvrianer).

In der Katho­li­zi­tät exi­stie­ren zwei Rich­tun­gen, das ist unbe­streit­bar. Daß der amtie­ren­de Papst in Sachen Bischofs­er­nen­nun­gen und zu ande­ren The­men in Über­ein­stim­mung mit sei­ner pro­gres­si­ven Aus­rich­tung han­delt, steht eben­falls außer Diskussion.

Dar­an ist aber nichts Ver­werf­li­ches. Bene­dikt XVI. war tra­di­tio­nell und regier­te in Über­ein­stim­mung mit sei­nen per­sön­li­chen Aus­rich­tung. Jeder Papst han­delt nach sei­ner Aus­rich­tung, die manch­mal dia­me­tral ver­schie­den sein kön­nen. Es gibt kei­ne neu­tra­le und keim­freie Regie­rung. Ein Unter­neh­men zur Geträn­ke­her­stel­lung kann neu­tral geführt wer­den, aber nicht eine Pfar­rei. Das­sel­be gilt für die Lei­tung der Weltkirche.

Don Fortea
Don For­tea

Nun, das gilt natür­lich auch, was mei­ne inne­ren Wut­an­fäl­le betrifft, wenn ich mich über die­se oder jene Bischofs­er­nen­nung ärge­re, oder über die­se oder jene Aus­sa­ge des Pap­stes. Ich sage aber auch in aller Auf­rich­tig­keit, daß ich dar­über nach­den­ke, und die Ent­schei­dung und mei­nen Zorn ins Gebet tra­ge, und es ist dann, als wür­de Gott mir sagen, ich sol­le in der Ent­schei­dung und der Aus­sa­ge des Pap­stes, das Wah­re suchen.

Wir nei­gen dazu, in Schub­la­den zu den­ken. Der gefällt mir oder gefällt mir nicht. Der ist ortho­dox oder hete­ro­dox. Der will die Tra­di­ti­on der Kir­che zer­stö­ren oder ist ein Fels der Ortho­do­xie. Wir müs­sen dank­bar sein, wenn der Papst unse­re Vor­schlä­ge auf­greift, aber zugleich, wenn er ande­re Vor­schlä­ge macht, die­se gelas­sen anneh­men und als Her­aus­for­de­run­gen an uns sehen.

Der Papst hat nie etwas Hete­ro­do­xes gesagt, und er wird auch,an Alters­schwä­che ster­ben, ohne es getan zu haben. Wenn ich aber zor­nig bin, wenn ich der Ver­su­chung erlie­ge, zu den­ken, daß er ein pro­gres­si­ver Zer­stö­rer ist, soll­te ich mich auch fra­gen, ob er in sei­ner theo­lo­gi­schen Über­le­gung nicht das sagt, was auch vie­le ortho­do­xe Prie­ster in ihrem Beicht­stuhl tun und in per­sön­li­chen Gesprä­chen sagen? Ich sage damit mit­nich­ten, daß es legi­tim ist in der Pra­xis zu leug­nen, was das Lehr­amt in der Theo­rie bekräf­tigt. Nein, die Pra­xis muß der Leh­re entsprechen.

Was ich damit sagen will, ist, daß uns Gott viel­leicht etwas zu sagen ver­sucht, uns etwas Neu­es leh­ren will, ohne das Alte zu ver­leug­nen. Viel­leicht will er uns leh­ren, in der Tra­di­ti­on pro­gres­siv zu sein? Heißt das, daß der Papst voll­kom­men ist? Nein.

Als Kin­der müs­sen wir aber auf den Vater schau­en, auch auf das, was uns nicht zusagt, es als Her­aus­for­de­rung anneh­men, uns damit befas­sen, aus­ein­an­der­set­zen, um zu unter­schei­den. Wir müs­sen sei­ne Wor­te prü­fen, um zu erken­nen, was wir dadurch viel­leicht an Neu­em von Gott zu ent­decken haben. Wir soll­ten nicht nur das lesen, was kri­tik­wür­dig ist, denn dann wer­den wir nichts lernen.

Wir soll­ten in allem die Hand Got­tes sehen. Nun hat Gott eine neue Etap­pe begon­nen. Prei­sen wir Gott in allem. Wen­den wir uns nicht Per­so­nen zu, die sich für Ret­ter der Kir­che hal­ten. Hören wir, sehen wir, was an Wah­rem in dem ist, was der Papst sagt. Hören wir mit offe­nem Her­zen in der Art der Kin­der. Und ich sage, daß nichts gegen den Glau­ben in ihm ist.

Gott ist Gott, und nur Gott ist Gott. Der Papst ist fehl­bar (und auch ich den­ke, daß er ein Pro­gres­si­ver ist). Aber er ist der Vater, der die Fami­lie auf Erden lei­tet. Und ver­ges­sen wird nicht: Die Dog­men sind eine Festung, eine „siche­re Burg“.

Einleitung/​Übersetzung: Giu­sep­pe Nardi
Bild: For­tea Blog (Screen­shots)

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