Gedanken von Giuseppe Nardi
(Krakau) Beim Weltjugendtag 2016 in Krakau wurde des Abbés Jacques Hamel gedacht. Der 86 Jahre alte französische Priester aus Rouen war am Dienstag in der Pfarrkirche Saint Etienne du Rouvray in der Normandie von Islamisten ermordet wurde. Während er am Altar das heilige Meßopfer darbrachte, wurde er selbst zum Opfer eines Ritualmordes. Um ihn „zu ehren“, ertönte in der alten polnischen Königsstadt die Marseillaise. Die Französische Nationalhymne, zuletzt wieder eingeführt nach 1945, ist auch die Hymne der Französischen Revolution, das heißt, sie ist auch die Hymne des Königsmordes und die Hymne des Grand Terreur, jenes jakobinischen Terrorregimes, mit dem der Terrorismus im modernen Sinn erst entstanden ist. Sie war die makabre musikalische Untermalung der Guillotine, des Prototyps aller Enthauptungen im Kampf der Ideologen.
Die Hymne des Grand Terreur
Zu den Klängen der Marseillaise und dem Ruf „Liberté“ wurden einst die Katholiken enthauptet, Priester, Ordensfrauen, Laien, genauso wie Abbé Hamel am 26. Juli 2016. Der Unterschied? Die Christen damals wurden im Namen einer angeblichen „Göttin der Vernunft“ enthauptet, von der fanatische Revolutionäre delirierten. Die Christen heute, so auch der Priester von Rouen, werden im Namen des Islams, einer angeblichen „Religion des Friedens“ enthauptet“, von der fanatische Muslime delirieren. Die einen wie die anderen wurden angetrieben vom selben Haß gegen die Kirche Jesu Christi. Daran ändern auch Taufscheinchristen nichts, die damals wie heute mit den Tätern direkt oder indirekt gemeinsame Sache machen.
Das von den Nationalsozialisten eingerichtete Konzentrationslager Dachau (1933–1945) gilt allgemein als das größte Gefängnis für Priester in der Weltgeschichte. Die von den Revolutionären 1791 aufgehobene Benediktinerabtei Mont Saint Michel in eben jener Normandie, in der nun Abbé Hamel die Kehle durchgeschnitten wurde, steht dem KZ Dachau nicht nach. Die Jakobiner machten aus der Gottesburg, auf der mehr als tausend Jahre Gott gepriesen wurde, eine Gefängnisinsel. Den Auftakt machten 300 standhafte Priester, die sich weigerten, den von der Zivilkonstitution des Klerus vorgeschriebenen Eid auf die von Rom getrennte und dem Staat unterworfene Nationalkirche zu leisten. Der zum Kerker umfunktionierte Mont Saint Michel wurde von Jakobinern in Mont libre umbenannt. Die Analogie zur NS-Parole über dem Eingang der Konzentrationslager „Arbeit macht frei“ ist frappierend.
Insgesamt 18.000 vorwiegend katholische „Regimegegner“ wurden auf der Insel gefangengehalten, darunter besonders viele Priester und Ordensleute. Und alles zu den Klängen der Marseillaise, in deren symbolischem Namen auch die Karmelitinnen von Compià¨gne guillotiniert wurden.
Symbole ernstnehmen statt Verwirrung
Die Marseillaise wurde als Hymne immer wieder abgeschafft und immer wieder eingeführt, zuletzt nach dem Zweiten Weltkrieg. Daher ist sie nun mal die Nationalhymne Frankreichs, das unter dem islamischen Terror in den vergangenen zwei Jahren schwer zu leiden hatte. Dennoch tut man gut daran, sich zu merken, wes Geistes Kind hinter welchen Symbolen steckt. Wenn Symbole eine Bedeutung haben, und das haben sie, dann sollte man diese auch ernstnehmen, um zu wissen, wo und ob es Gemeinsamkeiten gibt und auf welche Kräfte man wirklich bauen kann, bei der geistigen Verteidigung und Wiederaufrichtung Europas. Denn um diese geht es, und sie muß der militärischen voraus- und über diese hinausgehen.
„Wenn Ihr nicht beizeiten die Bedrohung erkennt, werdet Ihr Opfer des Feindes werden, den Ihr in Eurem Haus aufgenommen habt.“
Der Ritualmord an Abbé Jacques Hamel bestätigt die Warnung des Erzbischofs von Mossul, die dieser vor genau einem Jahr in einem Interview mit dem Corriere della Sera ausgesprochen hatte.
Veni Creator Spiritus statt Marseillaise
Das wirkliche Problem unserer Kultur und Gesellschaft ist die allgemeine Verwirrung. Letztlich auch die Verwirrung, die dazu führt, für den rituell abgeschlachteten Abbé Jacques Hamel, die Marseillaise zu spielen. In Krakau wurde 2016 zu Ehren eines Opfers das Lied der Henker gespielt, die vor mehr als 220 Jahren die Glaubensbrüder von Abbé Hamel abgeschlachtet haben. Die 16 Karmelitinnen von Compià¨gne sangen nicht die Marseillaise, sondern stellten dieser ihre Hymne entgegen. Sie sangen auf dem Weg zum Schafott den Hymnus Veni Creator Spiritus, den sie auch bei ihrer Ordensprofeß gesungen hatten. Sie erneuerten damit auf dem Weg in den Tod ihre Gelübde.
Der Weltjugendtag ist kein Staatsakt, sondern eine private Veranstaltung. Daher hätten die jungen Katholiken in Krakau von den Verantwortlichen aufgefordert werden sollen, im Gedenken an Abbé Jacques Hamel gemeinsam das Veni Creator Spiritus anzustimmen als kraftvolles Bekenntnis und als starke Antwort auf den Terror von damals und den Terror von heute, als Antwort auf die falschen Ideologien und menschenfeindlichen Trugbilder. Und um zu verdeutlichen und zu bekräftigen, wo allein Frieden herkommen kann, denn wahrer Frieden kommt allein von Gott.
Mit der Beliebigkeit des Relativismus läßt sich kein Krieg gewinnen, nicht einmal eine Schlacht
Die geistigen Grundlagen im Kampf um die eigene Identität und in der Abwehr der Feinde müssen stimmen. Mit der Beliebigkeit des Relativismus kann man keinen Krieg gewinnen, nicht einmal eine Schlacht. Das sollten sich jene vor Augen führen, die uns seit Jahren dieses „Goldene Kalb“ aufschwatzen.
Auch in der Kirche gibt es viele, die meinen, die existentiellen und komplexen Probleme unserer Zeit mit vorgefertigten Schlagwörtern und realitätsfremden Slogans abhandeln zu können. Diese Zeiten sind schlicht und einfach vorbei. Der 26. Juli 2016 stellt einen Wendepunkt dar, das dürfte allen Priestern gedämmert sein, die ihr sakramentales Priestertum ernstnehmen. Und er ist zur Ohrfeige für alle Leisetreter und Schönredner geworden, in der Politik, den Medien und auch in der Kirche.
Und um richtig verstanden zu werden, noch einmal: Der Islam stellt uns vor eine Herausforderung. Er fordert Europa wieder einmal heraus. Er fordert das Christentum wieder einmal heraus. Das liegt in seiner Natur. So war es bereits in der Vergangenheit seit seinem Entstehen. Das eigentliche Problem, dem wir uns gegenübersehen, und das eine Lösung verlangt, ist unsere Kultur, das ist der Zustand unserer Gesellschaft, die dahinsiecht und im Sterben liegt, kinderlos und perspektivlos, ohne Werte und Tugenden (bestenfalls sekundären und tertiären), den Fokus auf das neueste Smartphone, auf Pokemon, oder – enthemmt – auf den nächsten (perversen) Seitensprung fixiert. Eine Gesellschaft, die unfähig geworden ist, Antworten zu geben, die jenseits von Konsum und „Im Grunde ist alles gleich-gültig“ verortet sind. Eine Gesellschaft die, nach Jahrzehnten im Würgegriff falscher Kräfte, die alle tragenden Elemente unserer Kultur und unserer Gesellschaft lächerlich gemacht und demontiert, sorry, „dekonstruiert“ haben, nicht mehr imstande ist, die eigene Identität zu benennen und noch weniger zu begründen.
Keine falschen Rezepte
Indiz dieses Verfalls, der blind macht, ist die dümmste und gefährlichste aller nur denkbaren Antworten auf die aktuellen Bedrohungen, nämlich Religion generell zurückdrängen zu wollen. Das ist das alte Rezept der Freimaurerei seit dem 18. Jahrhundert. Bedrückendes Beispiel dieses „weltoffenen“ Denkens geistiger Provinzler und Brandstifter gegen das eigene Volk ist die „religionskritische“ Version des „Parsifal“, jener Wagner-Oper, die derzeit in Bayreuth in der Inszenierung von dem an Opernhäusern ebenso omnipräsenten wie entbehrlichen Regisseur Uwe Eric Laufenberg zu sehen ist. In der Tat ist das Regietheater ein bezeichnender Ausdruck der Degeneration unserer Kultur. Seine ersatzlose Entsorgung im Orkus des Kulturbetriebs wird dereinst das Signal für einen vielversprechenden Befreiungsschlag sein, der die Hoffnung weckt, daß gesunde Kräfte sich aufbäumen und Rettung vor der kulturellen Selbstvernichtung bringen, der sich die meinungsmachenden Eliten verschrieben haben.
Diese Eliten werden bis auf wenige Ausnahmen weder einsehen und noch viel weniger eingestehen, daß sie Land und Volk seit Jahren in eine verkehrte Richtung führen. Sie werden vielmehr jene mit Zähnen und Klauen bekämpfen, die ihnen den Spiegel der Wahrheit vorhalten und sie entlarven. Ohne ihren Austausch, und sei es durch einen Generationenwechsel, wird es wohl nicht gehen. Wahlen bieten in einer Demokratie starke Möglichkeiten. Leicht ist das nicht, denn die Eliten haben viel investiert, um Volkes Meinung zu kontrollieren, unmöglich ist es aber nicht.
Bedrohungen mögen von außen kommen. Die Frage der geistigen Aufrüstung zu deren Abwehr ist jedoch eine innere Frage. Sie wird nur durch die Umkehr zu Christus und der Rückbesinnung auf die christlichen Wurzeln und die tragenden christlichen Werte gelingen, die Europa groß gemacht haben. Das erklärt auch, warum die nicht selten zu hörende Antwort auf tönernen Füßen steht, man müsse alle Religionen beseitigen. Das ist das Rezept des Karl Marx, Sohn aus freimaurerischem Elternhaus. Wohin dessen Thesen an der Macht geführt haben, sollte noch ausreichend abschreckend bekannt sein. Hier irrt auch jene Rechte, die glaubt, ohne Christus und mit Sekundärwerten die Welt retten zu können. In Wirklichkeit betätigen sie sich als „Marxisten“.
Es liegt an uns, nicht an denen, die uns angreifen. Es liegt an uns, ob wir nach dem richtigen Rezept greifen und nicht vom Falschen ins Falsche taumeln. Es liegt an uns, ob in Paris, in Krakau, in München – und in Rom.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: pope2016/wikicommons
Absingen der Marseillaise zur Ehrung des ermordeten Priesters.
Das passt…
wie die Faust aufs Auge!
Sehr gut, Herr Nardi!